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Dem Pharao versprochen

Dem Pharao versprochen

Titel: Dem Pharao versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliese Arold
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hatte er gehen können, ohne sich von mir zu verabschieden? Er hätte mir wenigstens eine Nachricht schicken können, einen ganz kurzen Brief …
    Ich konnte nur mühsam meine Tränen zurückhalten. Auch meine Stimme wollte ihren Dienst nicht tun.
    »Wohin … ist er gegangen? Hat er gesagt, wie lange er wegbleiben will? Was hat er vor?«
    Aber Selket konnte mir keine Auskunft geben, sie schüttelte nur den Kopf.
    »Ich weiß es nicht … Er hat versprochen, dass er schreiben wird, wenn er irgendwo angekommen ist.« Sie holte tief Luft und fügte hinzu. »Und er wird uns auch bei jedem Kind benachrichtigen.«
    Ich begriff nicht gleich. »Bei welchem Kind?«
    Selket lächelte verlegen. »Er meint, wenn er eine Familie gegründet hat. Er wird uns immer eine Nachricht schicken, wenn ihm ein Kind geboren wird.«
    Jetzt konnte ich mich nicht mehr beherrschen und brach in Tränen aus. Ich schlug die Hände vors Gesicht und weinte hemmungslos. Ich hatte das Gefühl, dass mein Leben plötzlich jeden Sinn verloren hatte. Duamutef war fort – und ich würde ihn nie wiedersehen. Ich hatte ihn verloren.
    Selket legte tröstend den Arm um mich. »Ich bin auch traurig. Aber es ist die beste Lösung für uns alle.«
    Ich sprang auf und begann zu schreien. »Die beste Lösung? Wer entscheidet das? Wer hat überhaupt das Recht zu bestimmen, wer wen lieben darf?« Dann brach ich zusammen, landete auf den Knien und weinte, wie ich noch nie geweint hatte.
    »Anchi! Steh auf! Denk doch an dein Kind! Bitte! Oh, ich hätte dir nichts sagen sollen …« Selket gelang es, mich hochzuzerren und zum Bett zu führen. Ich sank in die Kissen und war entschlossen, nie mehr aufzustehen.
    Das Treffen neulich im Palastgarten war ohne Folgen geblieben; anscheinend hatte der Beobachter uns nicht erkannt oder sich entschlossen zu schweigen. Der Riesenschreck, den ich bekommen hatte, hatte ungefähr zwei Tage angehalten. Ich gestehe, danach hatte ich wieder zu hoffen begonnen, dass ich Duamutef doch wiedersehen würde.
    Aber jetzt schwanden all meine Hoffnungen. Es verletzte mich zutiefst, dass sich Duamutef nicht einmal von mir verabschiedet hatte. Er war ohne ein einziges Wort gegangen – so, als wäre nie etwas zwischen uns gewesen.
    Das war mehr, als ich ertragen konnte.
    Ich starrte zum Baldachin meines Bettes, ohne zu sprechen. Selket redete auf mich ein, aber ich gab ihr keine Antwort. Innerlich fühlte ich mit wie tot. Meine ganze Kraft schien mir abhandengekommen zu sein.
    Selket begann zu weinen, sie rüttelte mich und schrie mich an. Ich reagierte nicht. Schließlich verließ sie mein Schlafgemach und knallte die Tür hinter sich zu. Ich war allein.
    Mein Kopf war wie leer, ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich beobachtete eine Fliege, die auf meinem Bettpfosten entlangkroch. Diese Fliege schien das Einzige zu sein, was in meiner Welt existierte.
    »Duamutef«, flüsterte ich. »Duamutef, Duamutef, Duamutef …«

7. Kapitel Der Verlust
    Es hieß, die Königin sei schwer krank. Sie aß kaum etwas, schlief tagsüber und lag in der Nacht wach. Anchesenamun duldete nur wenige Personen in ihrer Nähe, und selbst da hatte es den Anschein, als nähme sie sie kaum wahr.
    Der Arzt Sinuhe wurde gerufen. Er stand ratlos an ihrem Bett und betrachtete Anchesenamuns eingefallene Wangen und die dunklen Ringe unter den Augen. Er untersuchte sie und schüttelte den Kopf.
    »Körperlich fehlt Euch nichts, ehrwürdige Königin. Mir scheint, Eure Krankheit hat einen anderen Grund. Sie entspringt einer tiefen Traurigkeit, die euch jede Lebensfreude nimmt. Was ist es, was Euch so bedrückt? Wollt Ihr Euch mir nicht anvertrauen? Ich bin als Arzt zum Schweigen verpflichtet, Ihr könnt mir vertrauen. Ich verrate niemandem etwas von dem, was Ihr mir sagt.«
    Doch Anchesenamun schwieg. Sinuhe nahm ihren Arm und fühlte ihren Puls. Er seufzte.
    »Ich werde Euch einen Trank mischen, der Euer seelisches Gleichgewicht wieder herstellen soll. Ihr müsst jeden Morgen und jeden Abend einen Becher davon trinken. Versprecht Ihr mir das? Denkt auch an Euer Kind! Ihr müsst essen und trinken. Wenn Ihr es nicht tut, dann ist Eure Leibesfrucht ernsthaft gefährdet.«
    Die Königin nickte unmerklich. Ihr Blick verfolgte den Arzt, als dieser zur Tür ging.
    »Verständigt mich, wenn sich der Zustand der Königin verschlechtert«, sagte er zu Selket.
    »Das werde ich selbstverständlich tun«, antwortete diese und schloss die Tür hinter dem Arzt.
    Selket setzte sich

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