Dem Pharao versprochen
dem Wagen stehen. Das Volk soll sehen, dass wir uns nicht von einem
Dämonenmal
bezwingen lassen.« Seine Stimme war lauter als üblich, er hatte dem Wein schon sehr zugesprochen. »Und, bei Amun, wenn ich herausfinde, wer die Sache mit dem
Dämonenmal
herumgetratscht hat, den werde ich köpfen lassen!«
»Ihr wolltet mich sprechen?« Sinuhe verneigte sich vor dem Pharao. Der Atem des Königs roch nach Wein.
»Ja, ich habe Euch rufen lassen, weil ich noch einmal über dieses … Kind reden wollte.«
»Ich verstehe.«
Der Pharao machte keine Anstalten, dem Arzt einen Platz anzubieten, obwohl es eine längere Unterredung zu werden schien.
»Ihr habt die Große Königliche Gemahlin während meiner Abwesenheit betreut?«
»Ja.«
»Ist Euch etwas Besonderes aufgefallen?«
»Nein. Die Schwangerschaft hat ihren üblichen Verlauf genommen. Anfangs litt die Königin unter Erbrechen, aber das ist nicht ungewöhnlich. Und im dritten Monat hatte sie Blutungen, die zum Glück gestillt werden konnten. Die Königin hat sich an all meine Anweisungen gehalten, sie war eine vorbildliche Patientin.«
»Hat sie genügend gegessen?«
»Ich denke schon, mir ist nichts Gegenteiliges aufgefallen.«
»Und wie kommt es nun zu diesem …
Mal eines Dämons
? Ist es ein Fluch, eine Hexerei? Oder hat sie etwas verzehrt, was diese … Missbildung auslösen kann? Ihr seid Arzt, Ihr kennt Euch mit diesen Dingen aus. Also redet!«
Sinuhe wand sich. »Ich bin nicht allwissend, Herr. Das
Mal eines Dämons
kommt hin und wieder vor. Eure Gemahlin ist nicht die Einzige, die ein solches Kind zur Welt gebracht hat. Wie ich Euch bereits geschrieben habe, ist jede ärztliche Hilfe vergebens. Das Kind ist dem Tode geweiht.«
»Hm. Ich mache Euch deswegen ja auch keine Vorwürfe. Mir ist klar, dass die medizinische Kunst manchmal an ihre Grenzen stößt. Aber warum gibt es dieses
Dämonenmal
? Welche Kinder bekommen es? Weiß man darüber nichts?«
»Es ist schwer, eine Ursache dafür zu finden«, antwortete Sinuhe. »In bestimmten Fällen treten allerdings manchmal Häufungen auf …«
»Und was sind das für Fälle?«, fragte der Pharao ungeduldig.
»Wenn die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Mann und Frau eng sind, treten häufiger als sonst Missbildungen auf. Und Anchesenamun ist Eure Halbschwester. Ihr, ehrwürdiger Pharao, und sie, Ihr habt denselben Vater.«
»Und sonst fällt Euch keine Erklärung ein?« Zornesröte färbte Tuts Gesicht. »Es ist seit Generationen üblich, dass Bruder und Schwester heiraten – und bisher hat sich nie jemand erdreistet, etwas Negatives über diesen Brauch zu sagen. Wollt Ihr die Traditionen anzweifeln? Ihr erregt meinen Zorn, Sinuhe, und ich kann Euch nur raten, Eure Zunge zu hüten, wenn Ihr nicht im Gefängnis landen wollt.«
»Ich bitte untertänigst um Vergebung.« Sinuhe verneigte sich demütig. »Ich wollte Euren Unmut nicht auf mich ziehen. Aber es ist eine Beobachtung, die ich selbst gemacht habe. Ich hatte in meiner Jugend Katzen, sie waren sehr fruchtbar und vermehrten sich innerhalb der Familie. Manche Jungen waren sehr schwächlich und anfällig für Krankheiten. Außerdem unterschieden sie sich im Aussehen von ihren Geschwistern. Sie hatten einen ungewöhnlich buschigen Schwanz und ein struppiges Fell.«
Tutanchamun schüttelte den Kopf. »Das kann nicht Euer Ernst sein, Sinuhe! Ihr vergleicht Katzen mit Menschen?«
»Verzeiht mir, aber viele wissenschaftliche Erkenntnisse sind dadurch gemacht worden, indem man die Natur genau beobachtet und dann Rückschlüsse zieht«, erwiderte Sinuhe.
»Trotzdem kann ich Euch in keiner Weise zustimmen, Sinuhe«, sagte der Pharao. »Ich halte das für einen ausgesprochenen Unsinn. Ja, es ist eigentlich sogar verwerflich, wenn man die tierische Natur mit der göttlichen vergleicht, in der das Pharaonentum seinen Ursprung hat.«
Sinuhe verneigte sich erneut. »Möglich, dass Ihr recht habt, ehrwürdiger Pharao. Verzeiht mir meine Vermessenheit. Doch Ihr habt Fragen gestellt, und ich habe versucht, darauf Antworten zu geben.«
»Ich verbiete Euch, dass Ihr Eure Meinung weiter verbreitet«, sagte der Pharao. »Das könnte Anlass zu Mutmaßungen und üblen Nachreden geben, und das will ich nicht.«
»Sehr wohl, Herr!«
»Wenn mir zu Ohren kommt, dass Ihr Euch nicht an mein Verbot gehalten habt, dann habt Ihr Euer Leben verwirkt.«
»Das ist mir bewusst.« Sinuhe sah demütig auf den Boden. »Erlaubt Ihr, dass ich mich entferne? Ich
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