Dem Pharao versprochen
Triumphzugs anziehen kannst.« Sie zog Anchesenamun auf, und gemeinsam begutachteten sie den Inhalt der Truhe.
Anchesenamun entspannte sich etwas. Selket brachte sie durch lustige Bemerkungen immer wieder zum Lachen. Nachdem die beiden alles durchgesehen und über jedes Gewand diskutiert hatten, waren sie so müde, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnten.
Anchesenamun lud Selket ein, bei ihr zu übernachten. Selket zögerte nicht lange. Wenig später lagen die beiden nebeneinander – und es war fast wie früher, als sie oft im selben Bett geschlafen hatten.
»Gute Nacht, Anchi«, flüsterte Selket. »Alles wird gut, du wirst sehen.«
»Wenn du meinst«, antwortete Anchesenamun nur, dann war sie eingeschlafen.
Tut ging erst in den Morgenstunden zu Bett, aber selbst da fand er keinen Schlaf. Vieles, was er mit Eje besprochen hatte, geisterte durch seine Gedanken. Es verdross ihn, dass er sich jetzt um so zahlreiche Dinge kümmern musste, und er kam sich vor wie ein Buchhalter, nicht wie ein Pharao. Listen, Aufstellungen, die Verteilung des staatlichen Vermögens – davon bekam er Kopfschmerzen. Einige Gebäude mussten repariert werden, bei anderen waren Anbauten nötig. Tutanchamun hatte das Gefühl, dass er seit seiner Rückkehr nichts anderes getan hatte, als mit gebeugtem Rücken Schriftstücke zu studieren. Das entsprach nicht seiner Natur. Er dachte an die endlose Wüste und daran, wie schön es jetzt wäre, mit dem Wagen, vor den feurige Pferde gespannt waren, durch den Sand zu brausen, den Fahrtwind zu spüren und sich frei zu fühlen. Aber stattdessen fraßen ihn die Pflichten auf, seit er nach Waset gekommen war.
Anchesenamun hatte ihn so enttäuscht angesehen. Ihm war bewusst, dass er sie schlecht behandelt hatte, aber er hatte nicht anders gekonnt. Er konnte nicht einfach so tun, als sei nichts passiert. Er gab ihr die Schuld an dem
Dämonenmal
, denn schließlich war das Kind in ihrem Leib gewachsen – und vielleicht hatte sie etwas getan, was tatsächlich den Zorn eines Dämons auf sich gezogen hatte.
Tut stand von seinem Lager auf und wanderte ruhelos hin und her. Er dachte an das Gespräch mit Sinuhe und fühlte erneut, wie heißer Zorn in ihm aufstieg. Was für eine absonderliche Theorie der Arzt aufgestellt hatte! Warum sollte es Krankheiten und Missbildungen fördern, wenn man im engen Verwandtenkreis heiratete und Kinder bekam? Es bedeutete doch eher Reinheit des Blutes und dass die königlich-göttliche Linie erhalten blieb.
Tut schüttelte den Kopf, als ihm Sinuhes Vergleich mit den Katzen einfiel. Einfach nur absurd!
Sein Bein schmerzte erneut, er blieb stehen und rieb sich die Wade. Dabei fiel sein Blick auf das fehlende Glied seiner Zehe, und er verzog grimmig das Gesicht. Sinuhe hatte großes Glück gehabt! Hätte er nur eine einzige Bemerkung über Tuts missgebildeten Fuß und das fehlende Zehenglied gemacht, dann hätte er ihn töten lassen!
Er hatte sich gerade erst wieder ins Bett gelegt, als es zaghaft an der Tür klopfte.
»Ich bin es, Eje, ehrwürdiger Pharao«, flüsterte eine Stimme. »Bist du schon wach? Ich muss dringend mit dir reden.«
Tutanchamun stand auf, ging zur Tür und schob den Riegel zurück.
»Bringst du noch mehr Listen?«, fragte er seufzend. »Jetzt, am frühen Morgen?«
»Nein, ich komme aus einem anderen Grund«, erwiderte Eje. »Ich wollte sicher sein, dass wir ungestört sind. Die Sache ist … ein wenig heikel.«
»Tritt ein«, sagte Tutanchamun.
Eje betrat den Raum und schloss sorgfältig hinter sich die Tür.
»Ich wollte dich fragen, ob du den Brief bekommen hast, den ich dir geschrieben habe. Du hast nie darauf geantwortet.«
»Ich habe viele Briefe bekommen und meistens geantwortet. Von dir waren auch ein paar dabei.« Tutanchamun sah Eje an. »Worauf spielst du an?«
»Es geht um deine Gemahlin«, sagte Eje mit gedämpfter Stimme. »Es ist schon einige Monate her, seit Tij beobachtet hat, wie sich Anchesenamun im Palastgarten heimlich mit einem fremden Mann getroffen hat.«
Tut runzelte die Stirn. »Wer war es?«
»Das hat Tij leider nicht herausfinden können. Aber die Situation war sehr … eindeutig.«
Tut sog die Luft ein, seine Nasenflügel bebten vor unterdrücktem Zorn. »Willst du damit sagen, dass meine Gemahlin mich betrogen hat?«
Eje senkte sein Haupt. »Es sieht leider ganz so aus, ehrwürdiger Pharao. Deswegen habe ich dir auch einen Brief geschrieben, der dich aber nicht erreicht hat, wie es den
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