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Dem siebten Himmel so nah

Dem siebten Himmel so nah

Titel: Dem siebten Himmel so nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Hunter
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den Beinen wischte und sich zu erinnern versuchte, wie sie sich in Gegenwart dieses Mannes verhalten sollte. Cool, ruhig und gefasst, ach ja.
    Keine leichte Übung.
    Doch er machte unverfänglichen Smalltalk über die Insel und seine Charterpassagiere und lehnte sich dann an das Boot, um die Zeitungen durchzublättern, die er mitgebracht hatte. Die eine war die Times , die andere der Australian.
    „Ich habe hier vorhin einen interessanten Job für dich gesehen“, sagte er und nahm noch ein Stück Kuchen. „Sie suchen eine Auslandskorrespondentin. Allerdings in Jerusalem.“
    „Jerusalem klingt gut.“
    „Sprichst du Hebräisch?“
    „Muss ich das denn?“
    „Keine Ahnung.“ Er reichte ihr den Stellenmarkt. „Behalt ihn.“
    Sie watete die wenigen Schritte zum Ufer, stellte den Farbtopf ab, stemmte ihn in den nassen Sand, damit er nicht umfiel, setzte sich daneben und schlug die Zeitung auf.
    „Hier ist auch etwas für dich“, sagte sie nach einigen Minuten des Schweigens. „Hast du Lust, Klimaforscher in Grönland herumzufliegen?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Weil ich dort frieren würde. Hier ist noch eine.“ Er hatte im Australian geblättert. „Die Wilderness Society sucht eine Fotografin. In Tasmanien.“
    „Denkst du, ich tauge zur Umweltschützerin?“
    „Serena, du willst mich nach Grönland schicken.“
    Da war etwas dran. „Tasmanien ist nicht weit genug weg von zu Hause“, meinte sie. „Weiter weg wäre besser.“ Pete sah sie kopfschüttelnd an. Sie kannte diesen Blick. Normalerweise folgte ihm eine Predigt darüber, dass sie sich realistische Ziele setzen sollte, und vor allem welche, die näher an zu Hause waren. „Was ist? Findest du es falsch, dass ich meine Freiheit will?“
    „Ich finde nur, du solltest deinen zukünftigen Job nach dem Berufsbild auswählen und danach, ob die Arbeit dich erfüllt, nicht danach, wie weit er von deiner Familie entfernt ist.“
    Auch da war etwas dran.
    „Du wirst sie vermissen, weißt du.“ Er sah nicht sie an. Wenn sie sich nicht täuschte, sah er Sam an. „Du weißt gar nicht, was für ein Glück du hast, eine Familie zu haben, die sich um dich sorgt. Menschen, auf die du dich verlassen kannst, weil sie dich lieben.“
    „Er hat mit dir geredet, nicht wahr?“
    Pete sah sie an, doch er schwieg.
    „Sam. Er hat mit dir geredet. Über seine Mutter.“
    „Nein.“
    „Dann über Chloe? Und darüber, dass er nicht hierher gehört.“
    „Nein.“ Und als er ihren ungläubigen Blick sah: „Was ist?“
    Also ehrlich, Männer! Sie hatten keine Ahnung, wie man kommunizierte. „Na, worüber habt ihr dann geredet?“
    „Über Geld, und Kram.“
    Serena seufzte laut und schüttelte den Kopf. „Nächstes Mal rede mit ihm. Versuche ihn dazu zu bringen, sich dir zu öffnen.“
    „Das wird nicht geschehen, Serena.“
    „Warum nicht?“
    „Darum.“ Wieder blickte er zu Sam. „Er kommt schon klar.“
    Serena folgte seinem Blick dorthin, wo Sam und Nico das Netz flickten. Sie kniff die Augen zusammen und wählte automatisch schon den Bildausschnitt, während sie ins Wasser watete und die Kamera holte, die sie ins Boot gelegt hatte. Das Muster der Netze kontrastierte mit den Wellen des Sandes darunter, doch viel mehr interessierte sie, wie vertieft sowohl Nico als auch Sam in ihre Arbeit waren. Die wortlose Verbindung zwischen einem Jungen und dem Mann, an dem er sich orientierte. Nicos anerkennendes Nicken, Sams Freude und stiller Stolz … Sie fing jede dieser herzzerreißenden Nuancen ein und wusste instinktiv, dass eines der Bilder, die sie gerade geschossen hatte, den Abschluss ihrer Postkartenserie bilden würde, und dass dieses Bild vielleicht das beste war, das sie je gemacht hatte.
    „Hier, nimm einen Pinsel und lass uns das zu Ende bringen“, sagte sie zu Pete und reichte ihm den Farbtopf. „Und dann gehen wir.“
    „Wir gehen?“ Er nahm den Farbtopf mit dem Pinsel und ging um das Boot herum, um ihre Arbeit zu begutachten. „Ich bin doch gerade erst gekommen.“
    „Was hältst du davon, den Rest des Tages an Postkartenfotos zu arbeiten?“
    „Habe ich eine Wahl?“
    „Nein. Es wird dir gefallen. Vertrau mir.“
    „Hat es mit einer Dunkelkammer zu tun?“ Er lächelte ein Piratenlächeln. „Ich liebe Dunkelkammern.“
    „Hervorragend“, sagte sie. „Dann fang an zu malen.“
    „Hast du nicht gesagt, du hättest eine Dunkelkammer?“, beschwerte sich Pete eine halbe Stunde später. Sie befanden sich im Häuschen ihrer

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