Dem Sieger eine Handvoll Erde
in das Garagentor eingelassen war, öffnete sich, und es erschienen vier Männer. Trotz des mehr als schummrigen Lichts, das die Straßenlaternen der Rue Gérard verbreiteten, hatte Harlow keine Schwierigkeiten, Jacobson, Neubauer und Tracchia zu erkennen. Den vierten Mann hatte er nie zuvor gesehen. Wahrscheinlich war es einer der neuen Mechaniker. Jacobson überließ es den anderen, die Tür abzuschließen, und ging mit schnellen Schritten zur Villa. An den kleinen, schwarzen Wagen verschwendete er nicht einmal einen Blick. Auf den Straßen von Marseille gibt es Tausende von kleinen schwarzen Renaults.
Die drei Männer stiegen in den Citroën und fuhren davon. Harlow ließ den Motor an und folgte ihnen. Die Scheinwerfer ließ er ausgeschaltet. Es war keinesfalls eine dramatische Verfolgungsjagd. Die beiden Wagen fuhren gemächlich durch die Vororte der Stadt, wobei der zweite Wagen dem ersten in wechselndem, aber stets diskreten Abstand folgte. Nur einmal, als er ein Polizeiauto kommen sah, blieb Harlow weiter zurück und schaltete das Standlicht ein. Aber er hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, den Abstand zum Citroën wieder zu verringern.
Schließlich kamen die beiden Wagen in eine ziemlich breite Allee, in der offensichtlich die wohlhabenderen Bürger der Stadt wohnten. Links und rechts der Straße lagen hinter außergewöhnlich hohen Ziegelmauern große Parks mit entsprechend großen Villen. Der Citroën fuhr um eine rechtwinklige Kurve. Fünfzehn Sekunden später tat Harlow das gleiche und schaltete augenblicklich das Standlicht ein. Ungefähr hundertfünfzig Meter vor ihm war der Citroën in eine Einfahrt eingebogen, und Tracchia war bereits ausgestiegen und ging mit einem Schlüssel in der Hand auf das Parktor zu. Harlow zog zur Straßenmitte heraus, um den parkenden Wagen zu überholen, und sah, daß die beiden Flügel des Tores aufschwangen. Die anderen beiden Insassen des Citroën beachteten den Renault nicht.
Harlow bog in die nächste Seitenstraße ein und fuhr an den Randstein. Er stieg aus dem Wagen, schlüpfte in Luigis dunklen Mantel und schlug den Kragen hoch. Er ging zur Allee zurück, die laut Straßenschild an der Ecke ›Rue Georges Sand‹ hieß, und folgte ihr, bis er zu dem Tor kam, durch das der Citroën gefahren war. Das Haus hieß ›Die Einsiedelei‹, angesichts der Umstände ein höchst unpassender Name, dachte Harlow. Die Mauer war auf beiden Seiten des Tores mindestens drei Meter hoch, und oben waren Glasscherben in den Beton eingebettet. Die Torflügel waren ebenso hoch und hatten oben sehr scharfe Spitzen. Zwanzig Meter hinter dem Tor lag die Villa, ein weiträumiges, altmodisches Gebäude mit geradezu unglaublich vielen Balkons. In beiden Stockwerken drang Licht durch die Vorhänge.
Vorsichtig untersuchte Harlow das Tor. Es war verschlossen. Er schaute in beiden Richtungen die Straße entlang, um sich zu vergewissern, daß ihn niemand beobachtete, und zog schließlich einen Bund ziemlich großer Schlüssel aus der Tasche. Er musterte das Schloß, schaute die Schlüssel an, entschied sich schließlich für einen und schob ihn in das Schlüsselloch. Er paßte. Zufrieden steckte er den Schlüsselbund wieder ein und ging davon.
Fünfzehn Minuten später parkte Harlow den Wagen in einer kleinen Seitenstraße, stieg ein paar Stufen hinauf und klopfte an eine Haustür, an der es nicht einmal eine Klingel oder einen Türklopfer gab. Die Tür öffnete sich, und ein älterer dicker Mann mit grauen Haaren in einem chinesischen Kimono bat ihn herein. Das Zimmer, in das er Harlow führte, sah aus wie eine Mischung aus einem Elektroniklabor und einer Dunkelkammer. Es war geradezu vollgestopft mit eindrucksvoll wissenschaftlich aussehenden Apparaturen, die alle hypermodern zu sein schienen. Aber der Raum enthielt auch zwei bequeme Sessel, und in einen dieser beiden wollte der alte Mann ihn nötigen.
»Alexis Dunnet hat mich ja gewarnt, aber Sie kommen wirklich ungelegen, John Harlow«, sagte er. »Bitte nehmen Sie Platz.«
»Ich komme wegen einer höchst unangenehmen Sache, Giancarlo, und ich habe keine Zeit, mich zu setzen.« Er brachte die Filmkassette zum Vorschein und gab sie dem Mann. »Wie lange brauchen Sie, um den Film zu entwickeln und mir von jeder Aufnahme eine Vergrößerung zu machen?«
»Wie viele sind es?«
»Bilder meinen Sie?« Giancarlo nickte. »Sechzig.«
»Na, das ist ja nicht der Rede wert.« Giancarlos Stimme triefte vor Sarkasmus. »Heute
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