Dem Sieger eine Handvoll Erde
nachmittag.«
»Ist Jean-Claude in der Stadt?« fragte Harlow.
»Ts, ts, ts! Ist ein Code im Spiel?« Harlow nickte. »Ja, er ist da. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Harlow ging. Auf dem Rückweg zur Villa dachte er über Jacobson nach. Es war so gut wie sicher, daß Jacobson nach seiner Rückkehr als erstes in Harlows Zimmer geschaut hatte. Die Tatsache, daß er Harlow nicht vorfand, hatte ihn sicherlich nicht überrascht, denn kein verantwortungsbewußter Mörder würde seinen Arbeitgeber dadurch belasten, daß er in dem Zimmer, das neben dem seines Chefs lag, eine Leiche liegen ließ. In und um Marseille gab es Unmengen von Wasser, und für Ortskundige war es nicht schwer, notfalls auch Bleigewichte aufzutreiben. Und Luigi der Leichtfinger hatte ganz entschieden den Eindruck gemacht, als wisse er genau, wo er sie suchen müsse.
Jacobson würde auf jeden Fall eine leichte Krise durchmachen – ob er Harlow nun sofort oder erst beim verabredeten Treffen um sechs Uhr morgens sehen würde. Aber wenn er Harlow erst um sechs Uhr früh sah, würde er sich fragen, was Harlow die ganze Nacht getrieben hatte. Es war auf jeden Fall besser, Jacobson jetzt gleich gegenüberzutreten.
Und wie die Dinge lagen, hatte er sowieso keine andere Wahl. Er betrat die Villa nämlich gerade in dem Augenblick, als Jacobson sie verlassen wollte. Zwei Dinge erregten Harlows besonderes Interesse: ein Schlüsselbund in Jacobsons Hand – zweifellos war er auf dem Weg in die Garage, um auf irgendeine Weise seine Freunde und Kollegen hereinzulegen – und sein konsternierter Gesichtsausdruck, der deutlich zeigte, daß er für einen Moment glaubte, Harlows Geist sei zurückgekommen, um sich an ihm zu rächen. Aber Jacobson war hart im Nehmen und erholte sich in bemerkenswert kurzer Zeit.
»Es ist vier Uhr morgens!« Der Schock, den Jacobson erlitten hatte, äußerte sich in seiner verkrampften und überlauten Stimme. »Wo zum Teufel bist du gewesen?«
»Du bist nicht mein Aufpasser, Jacobson.«
»Das bin ich allerdings. Hier bin nämlich ich der Boß. Ich habe dich seit einer Stunde gesucht. Ich wollte gerade zur Polizei gehen.«
»Na, das wäre vielleicht ein Spaß gewesen. Da komme ich nämlich gerade her.«
»Du – was willst du damit sagen?«
»Ich habe justament einen Strolch bei der Polizei abgeliefert. Der Knabe hatte mir mitten in der Nacht einen Besuch abgestattet, aber unfreundlicherweise hatte er eine Pistole und ein Messer mitgebracht. Daher glaube ich nicht, daß er mir eine Gute-Nacht-Geschichte erzählen wollte. Aber was er auch vorgehabt hat, er hat sich ziemlich dämlich angestellt. Inzwischen dürfte er wohl in einem Krankenhaus liegen – und zwar unter Polizeibewachung.«
»Komm rein«, sagte Jacobson. »Die Geschichte interessiert mich.«
Sie gingen ins Haus, und Harlow erzählte Jacobson soviel von seinen nächtlichen Erlebnissen, wie er für klug hielt. Schließlich sagte er: »Ich bin jetzt müde. In einer Minute werde ich fest schlafen.«
Harlow kehrte in sein spartanisches Quartier zurück und bezog wieder Posten am Fenster. Nach weniger als drei Minuten trat Jacobson auf die Straße und ging, den Schlüsselbund immer noch in der Hand, in Richtung auf die Rue Gérard davon. Wahrscheinlich war er auf dem Weg zur Coronado-Garage. Harlow hatte keine Ahnung, was er vorhatte, aber im Moment interessierte es ihn auch nicht im geringsten.
Harlow verließ das Haus und fuhr mit dem Renault los – genau entgegengesetzt zu der Richtung, die Jacobson eingeschlagen hatte. Etwa vier Blocks weiter bog er in eine schmale Gasse ein, stellte den Motor ab, vergewisserte sich, daß die Türen und Fenster von innen verschlossen waren, stellte die Weckerklingel seiner Armbanduhr auf fünf Uhr fünfundvierzig und rollte sich zu einer sehr kurzen Schlafpause zusammen. Nach dem eindrucksvollen nächtlichen Erlebnis hatte er gegen die Coronado-Villa als Schlafplatz eine gewisse Abneigung entwickelt.
IX
Kurz vor Tagesanbruch betraten Harlow und die Zwillinge die Garage. Jacobson und ein unbekannter Mechaniker waren bereits da. Sie sahen genauso erschöpft aus, wie er sich fühlte, stellte Harlow fest.
»Du hast mir doch gesagt, du hättest zwei neue Mechaniker«, sagte Harlow.
»Einer von ihnen ist nicht aufgetaucht«, sagte Jacobson mit grimmigem Gesicht. »Damit ist er rausgeflogen. Komm, wir wollen den Transporter leermachen und aufladen.«
Die frühe Morgensonne, die für den späteren Tag Regen verhieß, stand
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