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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Catherine vermutete, daß noch ein zweites in den entfernteren Räumen dieses außergewöhnlichen Hauses aufspielen würde. Alles schien hier renoviert zu sein, um den Geschmack und den Charakter des neuen Prinzregenten widerzuspiegeln. Man nannte ihn Spieler, Trinker und Wüstling. Sein eigener Vater hatte ihn offen »König der Verdammten« betitelt. Seine öffentlichen Affären mit Mrs. Fitzherbert und den zahllosen anderen Geliebten nach ihr machten jedermann deutlich, wie wenig er seinen Vater und die Gesellschaft achtete.
    Schon sah er einige Damen. Viele sahen unbedarft aus und fühlten sich hier offensichtlich gar nicht wohl. Sie hatten nichts zu erzählen im Gegensatz zu ihren Ehemännern, die laut redeten und fürchterlich schwitzten, als der Saal immer voller wurde. Andere Damen ließen sich von der Umgebung nicht einschüchtern. Einige benahmen sich reichlich keck. Sie trugen Abendkleider, die so tief ausgeschnitten waren, daß man sich wunderte, wie sie überhaupt hielten. Es war fast eine Erlösung, Sir Paul Sillitoe zu treffen, der einen Lakaien auf sie aufmerksam machte. Sir Paul trat zu ihnen.
    »Ich gratuliere, Sir Richard! Nach Ihnen drehen sich heute viele um!« Doch seine Augen ruhten auf Catherine, als er ihre Hand an seine Lippen hob. »Jedesmal, wenn wir Sie sehen, Lady Somervell, scheint es mir wie das erste Mal. Sie sehen bezaubernd aus.«
    Sie lächelte. »Sie sind ein Schmeichler, Sir Paul!«
    Sillitoe kam schnell zur Sache. »Das hier ist heute eine kleine Veranstaltung im Vergleich zu den sonstigen Soirées des Prinzchens. Der große Bankettsaal ist nicht offen. Wir müssen das hier heute als sehr intime Veranstaltung würdigen. Die Abneigung des Prinzen dem Premierminister gegenüber ist größer geworden, wie man sagt. Er wird heute nicht hier sein.«
    Bolitho nahm einen großen, schön geformten Glaskelch vom Tablett eines Dieners und sah, wie die Augen des Mannes zwischen ihnen beiden hin- und herglitten. Ob Sillitoe all sein Wissen von Männern wie diesem hier bezog? Es schien ziemlich umfassend. Und die Macht, die solches Wissen verlieh, war gefährlich.
    Sillitoe schaute sich um. »Wir sind heute nur etwa vierzig Gäste!«
    Bolitho sah Catherine an. Sillitoe kannte natürlich die exakte Zahl der Erschienenen und ganz sicherlich ihren Wert und wahrscheinlich auch die Geheimnisse jedes einzelnen.
    Seine Aufmerksamkeit wandte sich jetzt wieder Catherine zu, doch seine schattigen Augen verrieten nichts.
    »Bei Tisch wird es heute viele Weine geben …«
    Sie berührte den diamantenen Fächer auf ihrer Brust.
    »Ich nehme Ihre Warnung ernst, Sir Paul. Unser Gastgeber hat offenbar Spaß und Freude an Gästen, die den Getränken zu eifrig zusprechen, habe ich recht?«
    Sillitoe verbeugte sich. »Sie sehen das völlig richtig, wie immer, Lady Catherine. Ich hätte es Ihnen nicht extra zu sagen brauchen.«
    Immer wieder sah Bolitho Gesichter sich schnell abwenden, wenn sein Blick sie traf. Man hatte ihn also angestarrt.
Laß sie glotzen, verdammt noch mal.
Er merkte, wie einige der Herren sich wie Narren gebärdeten und manche Dame sich durchaus gern von anderen einfangen ließ. Ähnliches hatte er oft genug in Kasernen des Heeres beobachten können. Sie nahmen Catherine sehr aufmerksam zur Kenntnis. Doch war die öffentliche Verachtung üblicher Konventionen für diese Männer eine Bedrohung oder eine Herausforderung?
    Er dachte daran, wie sie während der letzten Tage in dem sonnendurchglühten Boot ihre Hoffnung lebendig zu halten versuchte. Jedem anderen schien klar, daß Rettung unmöglich und der sichere Tod ihr aller Ende sein würde. Noch immer waren die Narben vom Sonnenbrand auf ihren Schultern sichtbar. Dabei war es schon so lange her, daß die
Golden Plover
auf das Riff gerannt war. Plötzlich wollte er sie in die Arme schließen und sie so lange festhalten, bis die schrecklichen Bilder aus seinem Kopf verschwunden waren.
    Statt dessen fragte er: »Wenn ich wieder auf See bin…« Er sah, wie sie versteinerte und wie Sillitoe versuchte wegzuhören. »Ich wünsche mir nichts lieber als ein Porträt von dir.«
    Sie hob ihr Kinn leicht, und er sah den Pulsschlag an ihrem Hals. »Ich will dir den Wunsch gern erfüllen, Richard«, sagte sie und griff nach seiner Hand, als wären sie hier gänzlich allein. »Deine Gedanken drehen sich immer nur um mich, nie um dich selbst…«
    Sie drehte sich um, als plötzlich die Türen aufsprangen und ein Stallmeister laut rief: »Bitte erheben

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