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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hinwies, daß die Einladung des Prinzregenten ins Carlton House nicht aus Neugier oder Eitelkeit ausgesprochen worden war. Bolitho nahm an, daß Sillitoe den Auftrag bekommen hatte, um sicherzustellen, daß beide der Einladung folgten.
    An diesem Tage hatte Bolitho einen weiteren Arzt aufgesucht, den der berühmte Sir Piers Blachford vom College der Chirurgen persönlich empfohlen hatte. Catherine hatte ihn begleitet, weil sie nicht in Chelsea warten wollte.
    Als er zur Kutsche zurückkehrte, wußte sie, daß alles vergebens gewesen war – trotz seines Lächelns und seines fröhlichen Grußes an den jungen Matthew.
    Sie hielt jetzt unter ihrem Mantel seine Hand und fühlte seine Besorgnis, die er wohl nie abschütteln würde. Es schien, als könne man nichts für ihn tun, bis man eine neue Operationstechnik entwickelt hatte. Der Arzt sprach von einer Verletzung der Netzhaut und warnte vor weiteren Untersuchungen, die das Auge gänzlich zerstören könnten.
    Der Zustand seines Auges würde sich langsam verschlechtern, aber es würde sicher noch viel Zeit vergehen, bis dieser Umstand irgend jemandem auffiel.
    An diesem Abend hatte er nun endlich den ersehnten Augenblick erlebt. Sie war in ihrem grünseidenen Kleid die Treppe hinabgeschritten, und er hatte sie bei jedem Schritt bewundert. Es gab so viele Erinnerungen. Damals hatten sich ihre Hände kurz berührt, als Bolitho in dem Haus oberhalb von British Harbour fast hingefallen wäre.
    Ihr Haar trug sie hochgesteckt, aufgegeit, wie Allday es einmal genannt hatte. So konnte jedermann die filigranen Ohrringe aus Gold bewundern, die Bolitho ihr geschenkt hatte. Als damals ihr Mann, Lord Somervell, gemeinsam mit Belinda Bolitho versuchte hatte, Catherine unter falschen Anschuldigungen in den Schuldturm werfen zu lassen, hatte sie den Schmuck in ihren verschmutzten Kleidern verstecken können.
    Um den Hals trug sie sein jüngstes Geschenk, das er als Überraschung für sie nach seiner Rückkehr von See hatte anfertigen lassen: einen Diamantanhänger in Form eines offenen Fächers, der einem früheren Mitbringsel aus Madeira glich.
    Sie hatte seine bewundernden Blicke wohl bemerkt und spürte sie wie warme Sonnenstrahlen. Der Diamantanhänger wirkte zwischen ihren Brüsten fast provozierend. Ruhig stellte er fest: »Du wirst heute die schönste Lady sein!« Das hatte sie sehr berührt. Lady, das wußte sie, bedeutete Richard weitaus mehr als das Wort Dame.
    Ein paar Passanten erkannten das Wappen an der Kutschentür. Aber hier im Herzen Londons war Ruhm nichts Besonderes, eher nebensächlich.
    Bolitho schien ihre Gedanken zu lesen. »Ich freue mich, wieder nach Hause zurückzukehren, Kate.« Ihre Hände umklammerten sich unter dem Mantel. »Ich weiß nicht, warum wir noch hier sind.« Er sah ihr gerade in die Augen. »Aber ich freue mich, dich vorzeigen zu können. Das tue ich immer. Ist das kindisch?«
    Sie streichelte seine Hand. »Ich mag dich, wie du bist, und ich bin stolz, an deiner Seite zu sein.«
    Selbst wenn Sillitoe sich geirrt hatte und die Einladung nur aus Neugierde geschehen war, so wollte sie doch Würde zeigen.
    Der Himmel über London war noch ungewöhnlich hell, doch die Fenster im Carlton House waren bereits erleuchtet. Diener und Pagen in glänzenden Livrees öffneten geschäftig Kutschentüren und klappten die Tritte herunter. Neben dem Gewieher der Pferde und den Rufen neugieriger Zuschauer hörten sie Musik – Geigen und eine Harfe. Bolitho spürte ihre Hand auf seinem Arm: »Wie im Lustgarten von Vauxhall. Ich werde dich dort wieder hinführen!«
    Er nickte, weil er sich freute, daß sie immer noch an diese Nacht zurückdachte, in der sie ihm ihr London gezeigt hatte.
    Lakaien mit Perücken nahmen ihnen die Mäntel ab und Bolithos Dreispitz. Er sah, daß sie in einem Vorzimmer deponiert wurden. Er merkte sich das für den Fall, daß es zu einem eiligen Rückzug kommen sollte. Sie spürte seine Unsicherheit und lächelte ihn an. Ihre Augen blitzten im Schein von tausend Kerzen.
    Die meisten Männer in seiner Position würden die Bewunderung der Leute hier stolz genießen, dachte sie. Hier stand ein Held aus Fleisch und Blut, geliebt, gefürchtet, bewundert, beneidet. Doch sie kannte ihn so gut. Sie spürte seine Wachheit, seine Entschlossenheit, sie vor jedem zu beschützen, der ihr etwas antun würde.
    Sie wurden in einen großen Saal mit Deckengemälden geführt. Sie zeigten Nymphen und phantastische Seerösser. Hier spielte auch das Orchester.

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