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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Falmouth an Bord gekommen und hatte die Herzen aller Männer an Bord gewonnen.
    Aber was war es dann? In seinem Innersten spürte er, daß sie etwas verband, das mehr als ein Geheimnis war und das er mit niemanden teilen würde. Doch warum sollte die Tragödie einer jungen Frau sie alle so tief bewegen? So etwas geschah eben. Frauen und Kinder starben auf dem Weg zu ihren Männern und Vätern unterwegs oft an Fieber. Die Marine hatte ebenso wie das Heer Stützpunkte in den entferntesten Winkeln der Erde. Selbst die karibischen Besitzungen wurden Inseln des Todes genannt. Hier starben mehr Soldaten am Fieber als an Kugeln oder durch Bajonette. Der Tod war überall. Vielleicht konnten sie den Verdacht, daß es ein Selbstmord gewesen war, nicht akzeptieren.
    Allday würde Genaueres wissen. Doch wenn es darum ging, anderen Geheimnisse mitzuteilen, war Allday stumm und verläßlich wie der Felsen von Gibraltar.
    Scarlett näherte sich wieder: »Der Admiral ist heute früh auf den Beinen, Sir!«
    Tyacke nickte. Er hätte Scarlett schütteln können. Er war ein guter Offizier, sehr gewissenhaft und bei der Mannschaft so beliebt, wie man es bei einem Ersten Offizier nur erwarten konnte.
    Sei nicht so zurückhaltend. Ich habe es dir doch gesagt. Ich kann früher fallen als du, und du übernimmst dann das Kommando. Denk daran, Mann. Red mit mir. Laß mich deine Gedanken kennen.
    »Das ist er immer, denke ich!« sagte Tyacke. Oder trieb auch Bolitho eine Vorwarnung aus der Koje?
    Es war etwas heller geworden. Blasses Licht strich um die Mastspitzen, die nun aussahen, als schwebten sie gänzlich getrennt über der dunklen Masse von Rigg und Rahen.
    Bolithos Flagge bewegte sich wie der Mann, für den sie da oben gesetzt war. Ein Gehilfe des Bootsmanns und eine Handvoll Männer prüften die Boote in ihren Stells, sahen sich Luken und ihre Befestigungen an und füllten neues Öl in die Kompaßlampen. Ein Schiff erwachte zu neuem Leben.
    Der Gehilfe des Masters meldete leise: »Der Admiral kommt an Deck, Sir!«
    »Danke, Mr. Brickwood.« Tyacke dachte an seine ersten Tage an Bord zurück, als alle Gesichter und Namen ihm noch fremd waren. Aus eigener Erfahrung und durch Beobachtung Bolithos wußte er, wie wichtig es war, jeden Mann beim Namen zu kennen und sich sein Gesicht zu merken. In der Navy gab es nicht mehr Möglichkeiten.
    Der Midshipman der Wache, ein Junge namens Deane, rief reichlich laut: »Halb fünf, Sir!«
    Bolitho trat zwischen sie. Sein gekräuseltes Hemd stach sehr hell gegen das Deck und die dunkle See hinter ihnen ab.
    »Guten Morgen, Sir Richard!«
    Bolitho schaute ihn an. »Das ist es in der Tat, Kapitän Tyacke.« Er nickte dem Ersten Offizier zu. »Wie sieht es bei Ihnen aus, Mr. Scarlett? Sind die Ausguckleute schon oben?«
    »Ja, Sir!« Das kam wieder zögernd. Man wußte wirklich nie, was Scarlett dachte.
    Bolitho rieb sich die Hände. »Es stinkt fürchterlich aus der Hutz der Kombüse. Wir müssen neue Verpflegung fassen, wenn wir wieder in English Harbour sind. Und wenn wir Glück haben, frisches Obst!«
    Tyacke verbarg ein Lächeln. Einen Augenblick lang erlaubte sich der Admiral, wieder Kapitän zu sein, der sich um jeden Mann und jeden Jungen an Bord kümmerte.
    »Lassen Sie uns zusammen auf und ab gehen, James!« Nebeneinander begannen sie, über das Deck zu gehen. Im Dämmerlicht hätte man sie für Brüder halten können.
    Bolitho fragte: »Was bedrückt den Mann?«
    Tyacke zuckte mit den Schultern: »Als Offizier hat er sehr viele Fähigkeiten, Sir, aber …«
    »Stimmt, James. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß die Probleme oft genug in diesem
Aber
bestehen.«
    Er schaute hoch. Das dünne Sonnenlicht tastete sich durch das geteerte Rigg und kroch die angebraßte Großrah entlang. Jetzt hatte auch die See Farbe gewonnen, ein tiefes Blau. Es ließ sie noch tiefer erscheinen als die tausend Fuß, die nach Karte unter dem Kiel der
Indomitable
lagen.
    Tyacke beobachtete Bolithos Profil. Ganz offensichtlich hatte er Freude daran, wieder einen Morgen zu erleben. Trotz seines schweren Dienstes konnte er seine Sorgen in diesen Augenblicken des aufsteigenden Tages beiseite lassen.
    Bolitho trat zur Seite, als die gewohnten Gestalten nach achtern liefen, um mit dem Ersten Offizier oder dem Kapitän zu sprechen. Nach dem Frühstück würde das Hauptdeck, auf dem die Unteroffiziere mit ihren kleinen Mannschaften übten, zum Marktplatz werden. Der Segelmacher und seine Gehilfen hatten ständig zu nähen.

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