Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
glaub ich, daß diese Grünhöker-Kapitäne ein Vergnügen daran haben, Befehle von uns einfach zu übersehen!« Hudson sah, wie ein Fisch aus dem Wasser schnellte und in die nächste Woge fiel. Diese Reise hatte es mit sich gebracht, daß er selbst die kleinsten Bemerkungen auf irgendwelche geheimen Bedeutungen hin abklopfte.
    Kapitän Bolitho war mit seinen Strafen niemals grausam. Er hätte sonst bestimmt ernsthafte Probleme bekommen, denn nur die alte Brigg
Woodpecker
segelte in seiner Begleitung. Hudson hatte einige der Deserteure, die sie aufgegriffen hatten, selber ausgefragt. Viele hatten erklärt, sie seien nur deswegen desertiert, weil man sie unfair behandelt und oft wegen geringster Vergehen grausam ausgepeitscht habe. Nachdem sie jetzt im gleichen Krieg auf britische Schiffe zurückgeholt worden waren, würde sich ihre weitere Behandlung nach ihrem Verhalten an Bord richten.
    Hudson sah die Männer, die an Deck arbeiteten. Einige versuchten, im Schatten der gerefften Toppsegel zu bleiben. Andere beobachteten lediglich den Marinesoldaten, der schwitzend, mit aufgepflanztem Bajonett, das Wasserfäßchen bewachte.
    Wenn sie doch bloß diese Handelsschiffe mit ihrem Kriechgang hinter sich lassen könnten! Das einzige, was sich jeden Tag änderte, war der Wind, und das auch nur geringfügig.
    Hudson fragte: »Sie glauben auch, daß dies die reinste Zeitverschwendung ist, Philip?«
    »Ja, in der Tat. Dies ist eine geisttötende Aufgabe. Sollen sie doch für sich selber kämpfen, sag ich immer. Wenn wir auch nur ein paar von ihren guten Seeleuten übernehmen, um unsere Reihen aufzufüllen, blöken sie und wenden sich an die da oben. Aber wenn sie dann selber in Gefahr sind, blöken sie noch lauter.«
    Hudson fiel ein Vers ein, den er vor langer Zeit mal irgendwo gehört hatte: »Wir lieben die Marine und Gott – doch erst in allerhöchster Not!« Daran hatte sich offenbar inzwischen nichts geändert.
    Die
Anemone
war ziemlich hart rangenommen worden. Sie mußte jetzt dringend überholt werden. Er wagte es nicht, sich dabei zuviel zu wünschen. Eines der Schiffe, das auf den Bermudas ihre Ankunft erwartete, war viel kürzer hier draußen gewesen und würde als weitere Verstärkung des Geleitschutzes mit nach England segeln. Nach England, nach Hause! Er knirschte fast mit den Zähnen. Dann hob er sein Teleskop und stellte es scharf ein auf die fernsten Segel. Weiter in Lee stand die Brigg
Woodpecker
in der gleißenden Hitze. Ihre weißen Segel hingen wie ein paar Federn vor dem erbarmungslos harten Himmel.
    »Warum verschwinden Sie nicht nach unten in die Messe?« fragte er. »Da ist es wenigstens ein bißchen kühler.« Er setzte das Glas ab und wartete ab.
Gleich geht es los.
    Vicary meinte: »Wir sind immer gut miteinander klargekommen. Ich kann mit niemandem sonst reden. Sie wissen doch, wie man einem jedes Wort falsch auslegen kann.«
    »Verdrehen, meinen Sie!« Vicary war vierundzwanzig Jahre alt, stammte aus Sussex und hatte blondes Haar und blaue Augen. Sicherlich hatte seine Mutter gemeint, er habe ein typisch englisches Gesicht. Hudson lächelte freundlich und antwortete: »Sie wissen, darüber kann ich nicht reden.« Selbst das kam ihm wie Verrat vor.
    »Ich honoriere das.« Vicary zupfte an seinem klebenden Hemd. »Ich möchte nur wissen, warum das Ganze? Was hat ihn denn bloß so verändert? Wir haben ein Recht darauf, es zu erfahren, oder?«
    Hudson spielte mit dem Gedanken, ihm zu befehlen, nach unten zu verschwinden. Doch statt dessen sagte er: »Vielleicht war es etwas sehr Persönliches. Sicher kein Todesfall, von dem hätten wir gehört. Seine Zukunft ist gesichert, vorausgesetzt, er bleibt am Leben, und damit meine ich nicht nur kommende Schlachten.«
    Vicary nickte zufrieden, vielleicht weil ihre Freundschaft nicht gefährdet war. »Ich hörte Gerüchte über ein Duell irgendwo. Jeder weiß, es gibt Duelle, obwohl sie verboten sind!«
    Hudson erinnerte sich an den Onkel des Kommandanten, der an Bord gekommen war, um die Offiziere kennenzulernen. Adam war ihm so ähnlich, und Bolitho mußte in seinem Alter genauso ausgesehen haben: ein Held, ein Mann, dem man ohne zu zögern, ja sogar mit einer gewissen Leidenschaft in den Kampf folgte – wie einst Nelson. Und doch hatte Hudson gespürt, daß dieser Mann im Gegensatz zu anderen hochrangigen erfolgreichen Offizieren, den Helden der Nation, ein Mann ohne Fehl und Tadel war. Sir Richard Bolitho kümmerte sich um die Männer, die er begeisterte.

Weitere Kostenlose Bücher