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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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genommen. Es war wirklich ein Wunder, daß er noch lebte.
    Avery sah den Posten.
    Der Soldat ließ den Kolben auf das Deck knallen und meldete: »Der Flaggleutnant, Sir!«
    Der Überlebende war sofort auf das Flaggschiff gebracht worden. Eames hatte gemeldet, daß seine Brigg für einen Schiffsarzt keinen Platz an Bord habe.
    Der Arzt der
Indomitable,
Philip Beauclerk, hatte darauf bestanden, daß sich der Junge erst einmal von dem hinter ihm liegenden Alptraum erholen sollte.
    »Herein!«
    Avery trat in die große Kajüte und bemerkte auf einen Blick, daß das Frühstück des Admirals fast unberührt auf dem Tablett stand. Auf dem Tisch lag ein halbfertiger Brief. Daneben sah er ein leeres Glas.
    »Kapitän Tyacke läßt melden, Sir, daß wir in zwei Stunden in English Harbour einlaufen werden.«
    »Ich verstehe. War das
alles

    Dann erhob sich Bolitho abrupt. »Entschuldigen Sie bitte. Man darf niemanden anfauchen, der sich nicht wehren kann.«
    Avery bewegte die Herzlichkeit seiner Worte.
    Bolitho sagte: »Zwei Stunden noch? Sehr schön. Ich muß mit dem Jungen reden. Schicken Sie Allday, der kann mit solchen Burschen gut umgehen, habe ich gemerkt.« Er rieb sich das glattrasierte Kinn. »Ich habe keine Veranlassung, ihn schlecht zu behandeln. Er ist einer der besten, ein wahrer Freund.«
    Ozzard trat mit frisch gebrühtem Kaffee ein und sagte: »Ich werde es ihm ausrichten, Sir Richard!«
    Bolitho ließ sich wieder fallen und zupfte an seinem Hemd, als würde es ihn beengen.
    »Meine kleine Mannschaft. Wo wäre ich ohne sie?«
    Er versuchte, seine Uniformjacke auszuziehen, aber Avery hielt ihn davon ab: »Nein, Sir, wenn Sie erlauben. Das könnte für den Jungen wichtig sein. Ihr Rang wird ihn nicht einschüchtern, nach allem, was er erlebt hat.«
    »Sie überraschen mich immer wieder, George«, sagte Bolitho. »Hab ich Sie damals ausgesucht oder Sie mich?«
    Avery schaute ihn an. Er spürte, wie sehr Bolitho Hilfe brauchte, und konnte sie ihm doch nicht geben. »Ich glaube, Lady Catherine hat das für uns beide entschieden, Sir!«
    Er sah, wie Bolitho schnell auf den unvollendeten Brief blickte. Also hatte er ihr von all dem noch nichts schreiben können.
    Vor der Tür blickten Allday und der rundschultrige Sekretär Yovell auf den Jungen hinunter, den man aus der See gefischt hatte – aus dem Rachen des Todes. Er trug jetzt ein neues kariertes Hemd und weiße Hosen – das kleinste, das der Zahlmeister in seiner Kiste gefunden hatte.
    Der Junge war dünn und hatte ängstliche braune Augen. Die Holzsplitterverwundungen im Gesicht hatte man auf der Krankenstation behandelt.
    Allday sprach ernst auf ihn ein: »Hör mal her, mein Junge. Ich werde es nicht zweimal sagen. Du tust dir gerade ein bißchen leid, und das überrascht niemanden.«
    Der Junge sah ihn an wie das Kaninchen die Schlange. »Was wollen die von mir, Sir?«
    »In der Kabine da ist der beste Admiral, den England je gehabt hat. Das sagen leider noch viel zu wenige. Er will von dir erfahren, was geschehen ist. Erzähl ihm alles, als ob er dein Vater wäre.«
    Er hörte Yovell seufzen, als der Junge fast weinte.
    »Mein Vater ist ertrunken, Sir!«
    Allday stierte Yovell an. »Das war nicht so gut, was?« Yovell legte dem Jungen die Hand auf die Schulter.
    »Komm mit!« Er klang streng, was man bei ihm kaum kannte.
    »Antworte auf alle Fragen«, sagte Allday. »Erzähl genau, wie es war. Für ihn ist alles wichtig, klar?«
    Ozzard betrachtete die kleine Gestalt ohne Mitgefühl und meinte zu Yovell: »Du hättest Lehrer werden sollen.«
    Wohlwollend grinste Yovell zurück: »Ich war's – und noch manches andere.«
    Avery ließ sie alle gehen und flüsterte Allday zu: »Gut gemacht.« Zu dem Jungen sagte er freundlich: »Setz dich hierhin!«
    Bolitho bemühte sich, so ruhig wie möglich zu wirken. Der Junge saß ihm am Tisch gegenüber. Er schien überaus ängstlich und konnte nur noch auf die goldenen Schulterstücke starren. Er war – nach der Enge der Zwischendecks auf Fregatten – offensichtlich überwältigt von der Größe der Kajüte des Admirals.
    »Wie heißt du?«
    »Whitmarsh, Sir.« Er machte eine Pause. »John Whitmarsh!«
    »Und wie alt bist du, John?«
    Der Junge sah ihn fassungslos an. Doch seine Hände zitterten nicht mehr. Die Augen waren jetzt so groß wie Untertassen. Der Admiral sprach mit ihm ganz allein.
    »Zwölf, glaube ich, Sir.« Über sein Gesicht kletterten Falten, als er versuchte, sich zu konzentrieren. »Auf

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