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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Feind auch hier seine Spuren hinterlassen hatte. In einem Kriegsschiff gab es oberhalb der Wasserlinie keinen sicheren Ort. Doch Beers Lieblingsbild, das seine Frau und seine Töchter zeigte, hing wieder an seinem Platz, und ein frisches Hemd lag da für den nächsten Morgen.
    Beer schaute auf, seine Augen glänzten hart im Laternenlicht.
    »Nun?«
    Der Arzt hob die Schultern. »Er lebt. Mehr kann ich nicht sagen.« Er nahm ein Glas Cognac, das Beer ihm mit seiner gewaltigen Hand anbot. Er schlürfte und spitzte die Lippen. »Sehr gut!«
    Beer lächelte. Seine Augen versanken fast in Krähenfüßen – ein Indiz für viele Jahre auf See.
    »Der Cognac, Philippe? Oder die Tatsache, daß Sie das Leben eines Feindes gerettet haben?«
    Wieder hob Avice die Schultern. »Ich habe mich gerade an etwas erinnert. Selbst im Krieg sollte man es nicht vergessen.«
    Nach einigem Schweigen sagte Beer: »Sein Onkel wäre stolz auf ihn gewesen!«
    Der Arzt hob eine Augenbraue. »Sind Sie dem berühmten
amiral
einmal begegnet? Riskiert der seinen Ruf wirklich so wie sein Leben?«
    Beer schüttelte den Kopf. Für dieses Geschäft werde ich langsam zu alt.
    Er blickte auf die eine Kanone, die in der Kajüte stand, seit die Trommeln Klar-Schiff-zum-Gefecht gerasselt hatten. Sie stand da ohne Abdeckung, Rauchflecken auf Lauf und Lafette.
    »Nein, bisher nicht. Aber eines Tages werde ich ihn ganz bestimmt treffen!«
    Er nickte erschöpft. Leise schlüpfte der Arzt durch die Tür davon.
    Beer hing seinen Gedanken nach. Er dachte an den jungen Kommandanten der Fregatte und das unbekannte Mädchen namens Zenoria. In seinem nächsten Brief würde er seiner Frau von beiden berichten.
    Es gab immer noch genug zu tun. Schäden mußten festgestellt, die Männer ermutigt werden. Denn wie immer hatte das Schiff Vorrang vor allem anderen.
    Kapitän Adam Bolitho hatte von der Kriegserklärung zwischen den Vereinigten Staaten und England nichts gewußt. Nur aus Instinkt und jugendlichem Tatendrang hatte er so entschlossen gekämpft, daß es auch anders hätte ausgehen können – trotz
Unitys
überlegener Kanonen.
    Er hob den Handschuh gegen das Licht. Wie winzig er war. Vielleicht nur eine unbedeutende Geste, die der Frau nicht viel abverlangt hatte. Aber ihr Verlust hatte Bolitho dazu veranlaßt, alle Vorsicht über Bord zu werfen und bis zum bitteren Ende zu kämpfen.
    Beer sah die schöne nacktbrüstige Galionsfigur noch immer vor sich, als die
Anemone
endlich den Kampf aufgegeben hatte.
    Ihr Kapitän hatte nichts mehr, für das zu leben sich lohnte.

Zeuge
    Leutnant George Avery blieb zögernd vor der Tür zur Kajüte stehen. Er wußte, daß der Seesoldat ihn unbewegt anstarrte. Über sich hörte er gedämpft Befehle, Männer eilten auf ihre Stationen. Zum letzten Mal vor dem Einlaufen in English Harbour wurde gewendet.
    Er hatte sich gefragt, was sie hier wohl erwarten würde. Neue Befehle, sicherlich neue Einschätzungen der amerikanischen Absichten. Die Hoffnung auf frisches Obst und die Gelegenheit, an Land die Beine ausstrecken zu können, machten ihn froh.
    So seine Hoffnungen, ehe sie auf den Konvoi gestoßen waren und alles über die
Anemone
erfahren hatten.
    Entgegen ihren Befehlen war die kleine Brigg
Woodpecker
im Schutz der Dunkelheit zum Ort des Gefechts zurückgekehrt und hatte nichts gefunden. Der Kommandant der Brigg, Nicholas Eames, war sofort an Bord der
Indomitable
gekommen, um Meldung zu machen.
    Avery wußte, daß sich Bolitho wegen der Geschehnisse fast zermarterte.
    Eames hatte berichtet: »Die
Anemone
ging durch den Wind und begann das Gefecht, Sir. Kein Zögern, nichts – Sie wären stolz auf ihn gewesen!«
    »Ich bin es.« Mehr sagte der Admiral nicht.
    Aus dem, was der Kommandant der Brigg berichtete, konnte man entnehmen, daß es einen Hauptgegner gegeben hatte, vielleicht in Begleitung von zahlreichen anderen Schiffen.
    »Anfangs war der Kanonendonner so gewaltig, Sir Richard, daß ich annehmen mußte, der Gegner sei ein Linienschiff.« Er sah ihnen ins Gesicht – Tyacke, Scarlett und seinem Admiral – und sagte bedrückt: »Aber die
Anemone
hätte ihn zum Tanz auffordern können. Also wußte ich, der Gegner ist eine dieser neuen Yankee-Fregatten.«
    Keine Wrackteile auf dem Wasser. Wenn es sie überhaupt gegeben hatte, waren sie in der Strömung davongetrieben. Und dann hatte Eames das kleine Wunder beschrieben. Einer hatte überlebt, ein Schiffsjunge. Mehr tot als lebendig hatte die
Woodpecker
ihn an Bord

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