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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wandte er sich an Hudson: »Sie sind jetzt Kriegsgefangener. Darüber müssen Sie sich nicht grämen. Sie hatten überhaupt keine Chance!« Er sah zu, wie Adam auf einem Gräting davongetragen wurde. »Sie haben wie die Tiger gekämpft, genau wie ich erwartet hatte.« Er unterbrach sich kurz. »Wie der Vater, so der Sohn!«
    Das Deck neigte sich plötzlich stark und jemand rief: »Gehen Sie besser von Bord, Sir. Das war eben eine Explosion!«
    Das Enterkommando trieb eilig die Gefangenen zusammen und schleppte ein paar Verwundete an die Reling.
    Starr, der Bootssteuerer des Kapitäns, ging vorbei. Er hob die Hand an den Hut und grüßte Commodore Beer. Hudson sah er nur einen Augenblick lang an.
    »Sie werden ihm das Schiff jetzt bestimmt nicht wegnehmen, Sir!«
    Jetzt neigte sich das Deck noch stärker. Starr hatte wahrscheinlich auf eigene Verantwortung die Explosionen auf der
Anemone
vorbereitet. Sie würde niemals unter fremder Flagge segeln und kämpfen.
    Und ich werde nie unter meiner kämpfen.
    Als die Dämmerung über die dunstige Kimm fiel, lag die
Unity
immer noch beigedreht, um Notreparaturen auszuführen. Die
Anemone
trieb langsam davon und sank über das Heck. Die schöne Galionsfigur blieb am längsten sichtbar. Wie sehr hatte er sich dieses Schiff gewünscht. Er erinnerte sich an Nathan Beers leise Bemerkung, die er nicht verstanden hatte.
    Wie der Vater, so der Sohn.
    Er schaute auf seine Hände. Sie zitterten. Er hatte sie nicht mehr unter Kontrolle.
    Er lebte. Und schämte sich.
    Jeder Augenblick brachte neue Schmerzen, die selbst den Wunsch zu atmen und zu denken überlagerten. Er hörte Geräusche, die anschwollen und abebbten. Trotz seiner Qualen wußte Adam Bolitho, wie gefährlich es war, wenn er das Bewußtsein verlor. Er würde mit ihm auch das Leben verlieren.
    Er war an Bord des Schiffes, das ihn besiegt hatte. Zu beiden Seiten hörte er Weinen und Schluchzen und Schreie. Irgendwie wußte er, daß diese Schmerzenslaute von anderswo herkamen, wie durch eine Tür drangen, die sich vor dem Schlund der Hölle befand.
    Noch immer roch es scharf nach Rauch. Staub hing in der Luft. Fremde gebückte Gestalten huschten an ihm vorbei, einige so nahe, daß sie seine ausgebreiteten Arme berührten. Wieder versuchte er, sich zu bewegen, doch der Schmerz hielt ihn eisern fest. Er hörte eine weitere Stimme schreien und wußte, es war seine eigene.
    Und dann merkte er, daß er nackt war, aber wie war es dazu gekommen? Hudson hatte ihn in seinen Armen gehalten, als um sie herum die Schlacht tobte. Ganz undeutlich erinnerte er sich, daß Starr, sein Bootssteuerer, nicht in seiner Nähe gewesen war.
    Mühsam öffnete er die Augen und versuchte, einen Gedanken zu fassen. Der Fockmast war über die Seite gegangen, hatte Rigg und Rahen mitgenommen, das Schiff wie einen großen See-Anker herumgezogen, bis die mörderischen Breitseiten in seine Flanke schlugen.
    Das Schiff. Was war mit
Anemone
geschehen?
    Sein Hören kam langsam zurück. Hatte es ihn verlassen? Ferne, geduldige Geräusche. Männer hämmerten. Taljen quietschten und Blöcke, dort, wo die See noch blau und die Luft rauchleer und frei war vom Gestank des versengten Riggs.
    Er hob seine rechte Hand, doch er war zu kraftlos, um sie über seine Blöße zu halten. Seine Haut fühlte sich kalt und feucht an wie die eines Leichnams. Jemand schrie hinter dieser entsetzlichen Tür:
Nicht mein Arm!
Dann noch ein Schrei, der abrupt endete. Für den hatte sich die Tür zur Hölle geschlossen.
    Ein Verband, naß und schwer von Blut. Eine Hand packte sein Handgelenk. Adam war zu schwach, um zu protestieren.
    »Halten Sie sich ruhig!« Eine erschöpfte, scharfe Stimme.
    Adam versuchte, flach liegenzubleiben, um das rasende Feuer in seiner Seite in Grenzen zu halten.
    »Er kommt.« Und dann eine dritte Stimme: »Was soll's?«
    Die trockene, erstickende Luft bewegte sich leicht, und eine dritte Person trat an den Tisch – der Schiffsarzt. Als er sprach, hörte Adam einen fremden Akzent. Franzose!
    Der Mann sagte: »Ich kann Ihren Gedanken nicht folgen, Commodore. Er ist der Feind, er hat viele Männer Ihrer Mannschaft getötet. Warum also dieser Aufwand?«
    Wie von ganz weit her erkannte Adam die starke Stimme wieder, die Beer gehören mußte. Nathan Beer.
    »Welche Aussichten hat er, Philippe? Aber ich möchte keine Vorlesung hören, jedenfalls nicht jetzt!«
    Der Chirurg seufzte. »Ein Eisensplitter so groß wie Ihr Daumen. Wenn ich versuche, den Splitter zu

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