Dem Winde versprochen
Schwestern und ihrer Tante. Sie kannten das Haus noch nicht, obwohl sie von den aufwendigen Renovierungen gehört hatten, die es zu einem der schönsten Anwesen von Buenos Aires machten. Melody fiel sofort auf, dass Elisea die ganze Zeit traurig zu Boden schaute, während die anderen begeistert das Haus in Augenschein nahmen.
Nach dem Tee schlug Béatrice vor, eine Partie Bakkarat zu spielen. Melody ging zu Gilberta, die das Geschirr abräumte, und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Dann setzte sie sich neben Elisea und ließ ein paar Minuten verstreichen, bevor sie sie fragte: »Begleitest du mich in die Bibliothek? Seine Exzellenz besitzt eine Inkunabel, die ich dir gern zeigen würde.«
Servando wartete schon. Elisea blieb im Türrahmen stehen, bis Melody ihr einen kleinen Schubs gab.
»Ich lasse euch allein. Ich warte hier draußen und passe auf.«
Servando traute sich nicht, Elisea zu berühren. Ihre Haltung war abweisend, und es fiel ihm schwer, zu glauben, dass sie sich vor ein paar Wochen noch leidenschaftlich im Glockenturm geliebt hatten.
»Wie fühlst du dich?«
»Gut.«
»Setz dich doch. Es ist nicht gut, wenn du stehst. Du bist immer noch schwach. Ist es wegen der Trauer um deinen Vater?«
Elisea nickte. »Deine Schwestern sind besser damit fertiggeworden als du. Sie scheinen sich damit abgefunden zu haben.« Elisea zuckte die Achseln. »Vermisst du deine Mutter?«
»Manchmal.«
Servando wollte ihr über die Wange streichen, doch Elisea sprang sofort auf. »Nein. Rühr mich nie wieder an!«
»Elisea, was ist mit dir? Liebst du mich nicht mehr?«
»Nein.«
Servando war sichtlich verwirrt.
»Bist du böse auf mich wegen des Kindes? Gibst du mir die Schuld daran, dass du unser Baby verloren hast?«
»Nein!«, schrie sie, und einen Moment lang sah es so aus, als ob sie ihn berühren wollte.
»Dann sag mir, was mit dir los ist! Du versinkst in Traurigkeit und Schmerz, und ich bin verrückt vor Angst um dich. Ich weiß nicht, was ich tun soll, um dir zu helfen.«
»Das hast du schon. Ich bin nicht gestorben, und das habe ich nur dir zu verdanken. Dich jeden Tag zu sehen, auch wenn ich weiß, dass ich dich nicht haben kann, hat mir meinen Lebensmut zurückgegeben.«
»Aber ich werde immer für dich da sein.«
»Nein, wir werden nie wieder zusammen sein. Ich möchte dich nicht mehr sehen, Servando. Deine Gesellschaft tut mir weh.«
Sie ließ ihn in der Bibliothek stehen. Servando verstand die Welt nicht mehr.
Remigio klopfte an die Tür und wartete auf Erlaubnis, das Büro seines Herrn betreten zu dürfen.
»Was willst du?«, fragte Álzaga.
»Sabas ist da, Herr. Er hat gesagt, er habe etwas für Sie.«
»Sag ihm, er soll draußen warten.«
Er schlug das Heft zu, legte die Dokumente in die Schublade und stapelte die Bücher übereinander. Dann holte er die vierhundert
Pesos aus dem Tresor, und als er die kühlen Münzen in der Hand spürte, war er mit einem Schlag schlechter Laune. Es demütigte ihn, dass dieser Sklave ihn in der Hand hatte. Seine Leute hatten nicht herausfinden können, wer dieser Komplize war, der die Geschichte mit seiner Geliebten breittreten würde, falls ihm etwas zustieße. Sie hatten als erstes an Sabas Mutter Cunegunda gedacht, doch das hatte sich schnell erledigt, als sie hörten, dass sie als Teil der Stiftung gemeinsam mit ihrer Herrin in das Kloster der Töchter des Göttlichen Erlösers eingetreten war. Es war nicht bekannt, dass Sabas Freunde hatte. Unter den Sklaven war er unbeliebt. Álzaga hegte den Verdacht, dass dieser Komplize gar nicht existierte. Aber ein solches Risiko konnte er nicht eingehen, und so würde er ihm notgedrungen die vereinbarte Summe zahlen müssen. Er ließ den Sklaven rufen.
»Hast du die Information?«
»Ja, Euer Gnaden.«
»Dann sprich.«
»Sie werden am Montag nach Palmsonntag angreifen, bei Sonnenuntergang. Sie werden Sie hier in Ihrem Geschäft überfallen, über den Hintereingang zum Lager, Señor Sarratea in der Real Compañía de Filipinas und Señor Basavilbaso in seinem Lager in der Calle Santo Cristo, Ecke Santo Domingo. Sie werden bewaffnet sein.«
»Welche Art von Waffen?«
»Feuerwaffen.«
Álzaga ließ sich seine Überraschung und seinen Verdruss nicht anmerken. Er war davon ausgegangen, dass es sich um eine Gruppe armer Irrer mit Stöcken und Peitschen handelte.
»Wie sind sie organisiert?«
»Zu drei Gruppen mit je fünfzehn Männern.«
»Wer sind die Anführer dieser Verschwörung?«
»Es sind mehrere.
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