Dem Winde versprochen
Teil einer Vergangenheit ist, die ich vergessen möchte.«
»Möchtest du vergessen, dass du sie umgebracht hast?«
»Du weißt nicht, was du da sagst!«
Melody presste das Gesicht in das Kissen und weinte. Blackraven setzte sich an den Bettrand.
»Ich hatte immer schon den Verdacht, dass du mir Dinge verschweigst. Und heute hat sich dieser Verdacht bestätigt. Ich habe dir mein Herz geöffnet, Roger. Aber deines ist mir verschlossen geblieben.«
»Du musstest das tun, Liebes. Du musstest dich von all dem Schmerz befreien und ihn mit mir teilen. Nur so kannst du ihn überwinden.«
»Und du etwa nicht? Bist du vielleicht allmächtig, dass du mich nicht brauchst?«
Er drehte sie unsanft um und drückte sie in die Kissen.
»Ich brauche dich wie die Luft zum Atmen«, sagte er, sein Gesicht ganz dicht an ihrem. »Du bist das Einzige, das ich zum Leben brauche, verstehst du? Ich weiß nicht, wie du es gemacht hast, aber du hast dich wie ein Pfeil in mein Herz gebohrt, und ich bin machtlos.«
»Es wäre mir lieber gewesen, wenn ich von dir all diese Dinge erfahren hätte. Es war demütigend, das von Doña Bela zu hören.«
»Es hat keinen Wert, über die Vergangenheit zu reden.«
»Aber ich will, dass du darüber sprichst! Ich will wissen, was mit Victoria war«, sagte sie trotzig.
»Warum, Isaura? Das macht dich doch nur unglücklich.«
»Hast du sie geliebt?«
»Nein.«
»Warum hast du sie dann geheiratet?«
»Weil sie schön war und zum Adel von Cornwall gehörte, wo meine Familie herstammt. Die Trewarthas haben mich, genau wie die anderen Familien, als Kind verachtet, weil ich ein Bastard war. Jahre später kehrte ich als reicher Mann zurück, und die Trewarthas waren zu dem Zeitpunkt verarmt. Ich habe aus Groll geheiratet und sie wegen des Geldes. Das konnte nicht gut gehen.«
»Doña Bela sagt, du hättest sie mit einem Liebhaber erwischt.«
»Ja, das stimmt.«
»Hat sie sich deswegen umgebracht?«
»Sie ist einfach gesprungen. Ich weiß nicht, warum.«
»Hast du gelitten?«
»Ja, vor allem wegen des Schuldgefühls. Sie war sehr jung und schön. Sie hätte ein besseres Leben verdient gehabt. Die Schuld an ihrem Tod trage ich den Rest meines Lebens mit mir herum.«
Melody stand auf. Ihr war schwindelig und sie fühlte sich verschwitzt und schmutzig. Sie würde Trinaghanta rufen, damit sie ihr ein Bad einließ. Sie wollte allein sein, nicht reden müssen.
»An was denkst du?«
»Warst du ein Sklavenhändler, Roger?« Blackraven schwieg und sah sie an. »Schwöre bei meinem Leben, dass du kein Sklavenhändler warst.«
»Doch, das war ich.«
Melody ließ sich kraftlos auf das Sofa fallen und schloss die Augen.
»Isaura, lass es mich dir erklären.«
Melody winkte ab.
»Lass mich allein. Ich muss jetzt allein sein.«
Am Tag der Revolte musste Sabas zwei Dinge erledigen: Er musste Papá Justicia aus dem Verkehr ziehen und sich selbst eine Entschuldigung verschaffen, warum er bei dem Angriff nicht dabei war. Also suchte er seine Mutter im Kloster der Töchter des Göttlichen Erlösers auf. Um diese Uhrzeit kehrte sie gerade vom Markt zurück.
»Wir werden nicht mehr lange hierbleiben, mein Junge. Señora Enda hilft uns zu fliehen.«
»Du wirst nicht fliehen, Mutter, dann bist du eine flüchtige Negerin. Mir fehlen nur noch wenige Reales, dann kann ich uns freikaufen. Irgendwoher werde ich sie beschaffen. Hast du dabei, worum ich dich gebeten habe?«
»Hier«, sagte sie und reichte ihm ein Stoffsäckchen. »Vorsicht, mein Junge. Nicht mehr als zwei Handvoll. Wenn du ihm mehr gibst, beförderst du ihn ins Jenseits. Hast du verstanden?«
»Ja, Mutter.«
»Und warum soll Papá Justicia schlafen?«
»Das ist eine lange Geschichte, Mutter, dazu ist jetzt keine Zeit. Ich erzähle sie dir später. Nur eines: Heute werde ich mich an unserem Herren rächen, wegen dem, was er dir angetan hat, und wegen der achtzig Peitschenhiebe, die er mir versetzt hat.«
»Sei aber vorsichtig, mein Junge.«
Tommy Maguire würde in seinem Zorn nicht mehr zu bremsen sein, wenn er ihm sagte, Blackraven habe sie bei Álzaga verpfiffen. Er ging in das Mondongo-Viertel und probte schon einmal, wie er Miss Melodys Bruder überzeugen würde, obwohl
er davon ausging, dass es leicht sein würde. Er klopfte bei Papá Justicia.
»Sabas! Was machst du denn hier?«
»Ich wollte Sie besuchen, Papá.«
»Komm herein. Warte einen Moment. Ich nehme schnell den Topf vom Feuer.«
Wie üblich stand der Kessel mit dem Wasser
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