Dem Winde versprochen
sich zu den Hufen.
»Lass mal sehen, Fuoco. Hast du dich verletzt, als wir über die Hecke gesprungen sind, mein Liebling? Ich kann es nicht richtig sehen. Babá« – Melody rief Servando bei seinem Wolof-Namen –, »mach die Stalltür ein wenig auf, ja? Ich kann nicht erkennen, ob er Schrammen hat.«
»Miss Melody, überlassen Sie das doch mir. Sie sollten ins Haus gehen und sich fertigmachen. In Kürze werden alle wach sein.«
Melody nahm dem Pferd den Sattel ab und strich ihm mit der Hand über den Rücken. Sie konnte keine Scheuerwunden entdecken, und so legte sie eine Flanelldecke auf, damit es nicht zu rasch auskühlte. Fuoco trank derweil laut schmatzend aus dem Eimer, den Servando ihm hingestellt hatte.
»Wenn er fertiggetrunken hat, wartest du einen Moment, und wenn du siehst, dass er zur Ruhe gekommen ist, gibst du ihm bitte die doppelte Ration Hafer.«
»Ja, Miss Melody. Mache ich. Sagen Sie mir doch, was passiert ist! Ich bin vor Angst fast gestorben, weil die Sonne schon aufging und Sie immer noch nicht zurück waren.«
Melody löste den Riemen vom Sattel. Die Satteltasche fiel mit einem leichten Scheppern zu Boden.
»Da hast du die verdammten Brenneisen.« Sie meinte die, mit denen die Sklaven gekennzeichnet wurden. »Wirf sie in den Graben, soll das Wasser sie mitnehmen.«
»Ich werde auf die Mauer klettern und sie in den Fluss werfen«, schlug Servando vor, und Melody nickte.
»Nun sagen Sie doch, was ist passiert? Waren der junge Tomás und Pablo bei Ihnen?«
»Ja, natürlich«, erwiderte Melody nachdenklich. »Die Wache hat uns bemerkt oder vielleicht hatte sie auch jemand vorgewarnt. Sie haben uns erwischt, Babá, und dann war alles ein einziges Durcheinander. Wie durch ein Wunder sind wir entkommen. Ich konnte fliehen, weil Fuoco so schnell ist.«
»Ach Miss Melody!«, klagte Servando, die Hände am Kopf. »Machen Sie Schluss damit! Schluss! Was nutzt es? Sie werden neue Brenneisen herstellen, und Sie haben ihr Leben umsonst riskiert.«
»Du sprichst schon wie einer von hier«, sagte Melody wütend. »Sag jetzt nichts mehr, Babá.«
Sie legte einen Umhang um, damit man die Hose nicht sah, und ging in den Hof hinaus. In der Küche warf Siloé ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, den Melody jedoch ignorierte.
»Mach mir bitte Wasser heiß, Siloé, damit ich ein Bad nehmen kann. Mir tun sämtliche Knochen weh.«
Entgegen Blackravens Erwartung herrschte in Retiro bereits reges Treiben: Die Gärtner kümmerten sich um den Gemüsegarten, die Feldarbeiter säten und beackerten das Land, die Schöpfeimer des Ziehbrunnens tauchten auf und ab, und an der Ölmühle und den Bäckereien sah man die Sklaven ein- und ausgehen.
Bustillo und seine Frau Robustiana warteten wie aus dem Ei gepellt wenige Meter von der Kutsche entfernt. Als die für die Hausarbeit zuständigen Sklaven ihn in Begleitung seines Hundes
und des Fremden mit dem Turban sahen, drängten sie sich an die Barackentür.
Der vierte Hof, der mit den Ställen, der normalerweise verdreckt war und erbärmlich stank, war in tadellosem Zustand. Blackraven ließ den Blick über die gekalkten Wände und den frisch geschrubbten rauen Ziegelboden, die ordentlich aufgereihten Werkzeuge und die aufgestapelten Maissäcke schweifen und war mehr als zufrieden.
Der Geruch von frisch gebackenem Brot stieg ihm in die Nase und machte ihn hungrig. Manchmal vergaß er bei seinem turbulenten Leben den Wert von so einfachen Dingen wie den Geschmack von einem Stück warmem Brot.
»Don Blackraven!«, rief Bustillo. »Willkommen, Patrón!« Dann befahl er den Sklaven, Blackravens Gepäck abzuladen.
Béatrice stand in der Küchentür, rieb die Hände an der Schürze und lächelte ihm zu. Hinter ihr war die kleine, dicke schwarze Siloé mit ihrem roten Kopftuch zu erkennen.
»Roger, mein Lieber! Wie schön, dich wieder bei uns zu haben! Wir haben erst in ein paar Wochen mit dir gerechnet. Willkommen! Guten Tag, Somar.«
»Mademoiselle Béatrice«, sagte der Lakai und verneigte sich.
»Was hast du da im Gesicht? Mehl?«, fragte Blackraven seine Cousine.
»Oh ja, kann sein«, erwiderte sie und ließ es von Blackraven von der Stirn wischen. »Siloé zeigt mir, wie man Brot backt. Riechst du es nicht?«
»Du backst Brot? Das musst du nicht, das weißt du.«
»Ich amüsiere mich hier glänzend«, sagte sie mit diesem melancholischen Ausdruck, den er nur allzu gut kannte. »Meine Tage sind nicht so lang und fade. Warum bist du durch den Hintereingang
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