Dem Winde versprochen
Musselinnachthemd, durch das im Licht ihr noch junger, wohlgeformter Körper durchschien. Sie konnte den Blick nicht von Blackraven lassen, der für sie immer noch der unwiderstehlichste Mann war, den sie je kennengelernt hatte.
Nach einem hemmungslosen Liebesakt sank Bernabela auf Blackravens Brust. Sie ließ sich zur Seite gleiten, stützte den Kopf auf eine Hand und fuhr mit dem Zeigefinger über seine Brust, während sie über alltägliche Dinge plauderte.
Nach einer Pause fragte sie auf einmal: »Du wirst Miss Melody entlassen, nicht wahr?«
Blackraven ärgerte es, wenn die Frauen diesen Moment nach dem Liebesakt ausnutzten, um ihre Ziele zu erreichen.
»Komm Bela, du musst gehen«, sagte er bestimmt und versuchte aufzustehen, aber Bernabela hielt ihn zurück.
»Roger, sie hat meine Vögel freigelassen!«, jammerte sie wie ein kleines Mädchen. »Sie sind alle davongeflogen. Alle. Ich bin todtraurig. Sie sind doch von dir, mein Liebling. Entlasse sie, Roger!«
»Du hast mir keine Befehle zu geben, Bela!«, warnte sie Blackraven und entwand sich ihrem Griff.
»Ich verfluche den Tag, an dem wir in diesem Geschäft waren und sie kennenlernten! Von dem Moment an hat sich alles verändert. Ich bin nicht mehr länger die Herrin im Haus. Das ist jetzt sie! Ich weiß nicht, wie sie es anstellt, aber alles tanzt nach ihrer Pfeife. Die Sklaven folgen ihr blind. Und auch deine Cousine, diese Verräterin.«
Blackraven drehte sich um und in seinen Augen blitzte es.
»Vorsicht, Bela.«
Bela verzog das Gesicht und vergoss ein paar Tränen. Blackraven würde sich ihr niemals so zugehörig fühlen.
Er reichte ihr das Nachthemd und den Mantel. »Los, zieh dich an. Ich werde Somar bitten, dich nach Hause zu begleiten.«
»Gehst du am Sonntag zum Stierkampf? Ich werde hingehen, als Begleiterin der Vizekönigin.«
»Vielleicht, ich weiß noch nicht.«
»Wann werde ich dich wiedersehen, wenn du nach El Retiro gehst?«
»Ich werde oft genug hierherkommen.«
Als er jetzt den Blick über seinen Besitz schweifen ließ, wünschte er, eine ganze Zeit fern von Buenos Aires verbringen zu können, ohne Sorgen und Verpflichtungen. Denn dazu wurde Bela allmählich.
Somar rief ihn bei seinem Namen und sprach mit ihm so vertraut, wie er es immer tat, wenn sie allein waren. Er war zehn Jahre älter als Blackraven, strahlte aber immer noch diese Stärke aus, die in seiner Jugend für ihn so charakteristisch war. Seine eigenwillige Kleidung, die Tätowierungen auf den Wangen und die beiden Krummsäbel, die er trug, ließen ihn furchterregend aussehen. Selbst die extremsten Situationen hatten seinem eher gedrungenen, stämmigen Körper nichts anhaben können.
Seit fünfzehn Jahren teilten sie dasselbe Schicksal: ein turbulentes Leben, das sie auf alle fünf Kontinente geführt hatte. Von
so unterschiedlicher Herkunft und Erziehung, waren sie dennoch einander wie Brüder verbunden, weil sie sich in zwei Punkten ähnelten: in der Leidenschaft für Risiko und Abenteuer und darin, dass ihnen Kameradschaft über alles ging.
Es gab nur wenige Menschen, die Blackraven so sehr liebte und respektierte wie Somar. Er war sein bester Freund, der all seine Geheimnisse kannte, der sein Wesen am besten verstand. Somar hingegen verdankte ihm sein Leben, und das war für einen Orientalen eine Schuld, die nie abgegolten werden konnte. Durch seine Loyalität und Ergebenheit wollte er sich erkenntlich zeigen, dass Blackraven ihn ins Leben zurückgeholt hatte.
»Warum stehst du hier, Roger?«
»Ich genieße die Aussicht«, erklärte dieser, ohne sich umzudrehen. »Von hier aus hat man einen unvergleichlichen Blick über meinen Besitz.«
Somar wusste, dass sein Herr unruhig war. Er streichelte den Kopf des Neufundländers und kletterte wieder auf den Kutschbock, wo er geduldig warten würde, bis sein Freund ihm das Zeichen zum Aufbruch gab. Es war nur noch ein kurzes Stück bis zum Landsitz.
Blackraven wollte schon in die Kutsche einsteigen, als er in der Ferne eine Gestalt sah. Es war ein Reiter, der sich Richtung Norden über Wiesen und Felder bewegte. Er galoppierte in rasendem Tempo, und es sah so aus, als ob ein dringendes Anliegen ihn antrieb, dem Pferd die Sporen zu geben und querfeldein abzukürzen. Er trug einen langen Umhang, der über dem Pferderücken wehte, und hatte eine Kapuze über den Kopf gezogen.
Blackraven blieb stehen und bewunderte die Geschicklichkeit des Reiters, der über den Widerrist des Fuchses gebeugt diesen mit
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