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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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sollte.
    Plötzlich sagte Fouché: »Zeigen Sie mir die Nachricht.«
    In der chiffrierten Nachricht versicherte Le Libertin, einer der verschlagensten und erfolgreichsten Agenten des Regimes, er habe die echte Tochter von Ludwig XVI . gefunden, sagte aber nichts über die Umstände. Fouché verzog das Gesicht. Plötzlich schoss ihm ein weiterer Gedanke durch den Kopf: Und wenn Le Libertin der Schwarze Skorpion war und für die Engländer wie für die Franzosen spionierte? Der letzte Kontakt mit der Kobra lag schon Wochen zurück, und noch immer gab es keine Nachrichten. Langsam wurde er ungeduldig.
    Es klopfte an der Tür. Der Agent eilte hin und öffnete. Es war Rigleau, ein Informant und Spion mit verlässlichen Kontakten in den Vorstädten von Paris. Er war es auch, der das Treffen zwischen der Kobra und Fouché arrangiert hatte. Rigleau hinkte,
hatte nur ein Auge und eine Fistelstimme. Als Fouché ihn sah, war er plötzlich hellwach. Er stand auf und fragte: »Hast du mit der Kobra gesprochen?«
    »Nicht mit der Kobra. Mit seiner Botin, wie immer.«
    »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«, wollte der Polizeiminister wissen.
    Rigleau fasste an den frisch genähten Schnitt an seiner linken Wange. Der Barbier hatte ihm gesagt, es werde eine Narbe zurückbleiben.
    »Das war die Botin, als ich versucht habe, ihr zu folgen, wie Sie es mir befohlen haben.«
    »Dann weißt du also nicht, wo sie sich versteckt halten?«
    »Nein, sie hat mir den Messerstich versetzt und ist in der Dunkelheit verschwunden.«
    Fouché fluchte leise.
    »Sag mir, was dir die Botin gesagt hat. Wo hat sie dich hinbestellt?«
    »In eine Gasse im Viertel Saint-Honoré. Es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können«, sagte Rigleau schnell.»Außerdem trug sie eine von diesen Karnevalsmasken unter der Kapuze.«
    »Und was hat sie gesagt? Haben sie schon etwas über den Schwarzen Skorpion herausgefunden?«
    »Nichts Entscheidendes. Die Kobra hat drei Namen von der Liste gestrichen: Lord Ridley, Simon Miles und Victor Pensomby.«
    Fouché frohlockte. Er selbst hatte die drei schon vor einiger Zeit ausgeschlossen. Dass die Kobra das jetzt bestätigte, schmeichelte seinem Ego.
    »Die Kobra«, berichtete Rigleau weiter, »wird Paris in wenigen Tagen verlassen. Seine Botin wollte mir nicht sagen, wohin sie reisen. Sie verfolgen eine Spur. Mehr hat sie nicht gesagt.«
    »Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten«, sagte Fouché missmutig.
    Er entließ den Informanten und den Agenten und lehnte sich in seinem Sessel zurück. Es war schon nach Mitternacht, und er war sehr früh aufgestanden. Aber er konnte sich noch nicht zur Ruhe begeben. Bald würde Kaiserin Joséphine aus dem Theater kommen, und er musste dafür sorgen, dass sie den Kaiser nicht in seinen Gemächern störte. Napoleon war nicht allein. Die momentane Geliebte gewährte ihm ihre Gunst in der Hoffnung, ihm das zu schenken, was der Kaiserin bis dahin versagt geblieben war: einen Thronerben.

Kapitel 9
    Melody sattelte Fuoco und führte ihn aus dem Stall. In El Retiro war noch alles ruhig, und die Stille ließ ihren Geist ein wenig zur Ruhe kommen. Nach der Begegnung mit Blackraven in der Küche letzte Nacht hatte sie in ihr Kissen geweint, bis die Müdigkeit sie übermannte. Es war ein unruhiger Schlaf gewesen. Sie hatte wieder diesen Albtraum gehabt, der sie von Zeit zu Zeit heimsuchte. Im Morgengrauen war sie aufgewacht und hatte sich völlig zerschlagen gefühlt.
    Auf Fuocos Rücken, inmitten von Wind und den ersten Sonnenstrahlen, fühlte sie sich wieder sicher, und das Lächeln kehrte auf ihr Gesicht zurück. Sie liebte den Morgenhimmel und den Duft nach Feuchtigkeit in der Natur, den glitzernden Tau auf den Blättern und dem Rasen. Zur Rechten erinnerte sie der mächtige Strom des Río de la Plata an die kraftvollen Arme, die sie wenige Stunden zuvor festgehalten hatten. Sie schüttelte den Kopf, um die Bilder loszuwerden, doch es wollte ihr nicht gelingen. Das Erlebte wühlte die Erinnerungen an einen Teil ihres Lebens wieder auf, den sie für immer hatte vergessen wollen. Jetzt war er wieder da, mächtiger denn je.
    Da war etwas in Blackravens Stimme gewesen. Trotz seines gebieterischen Tones hatte er ihren Namen mit einer erstaunlichen Leidenschaft ausgesprochen. Und als er sie festhielt, hatte sie zuerst nur Angst gehabt, aber als sie sah, wie er unentwegt auf ihren Mund starrte, hatte sie plötzlich ein Kribbeln in den Beinen verspürt. Blackravens große, kräftige

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