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Demokratie! - wofür wir kämpfen

Demokratie! - wofür wir kämpfen

Titel: Demokratie! - wofür wir kämpfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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Vereinigten Staaten bringt die Polizei Wasserwerfer und Tränengas zum Einsatz, und in den Armenvierteln schießt sie scharf. Das Entscheidende an jedem dieser Kämpfe ist die Erkenntnis, dass in den Protesten, welche Form auch immer sie annehmen, neue soziale Bande entstehen können. Es geht ihnen nicht darum, eine alte Ordnung wiederherzustellen oder Gerechtigkeit und Entschädigungen für die Opfer zu verlangen, sondern darum, eine neue Welt zu schaffen.
Schafft neue Wahrheiten!
    Um uns der Vernetzung zu verweigern, reicht es nicht aus, uns von den Medien nicht mehr ins Bockshorn jagen zu lassen, nicht mehr alles zu glauben, was in den Zeitungen steht und die Geschichten, die man uns verabreicht, nicht mehr einfach zu schlucken. Stattdessen müssen wir uns von den Medien losreißen. Manchmal scheint es, als würden uns die Bildschirme derart hypnotisieren, dass wir die Augen nicht mehr von ihnen lösen können. Wie oft sehen wir Menschen, die mit gesenktem Kopf eine Straße entlang gehen (oder im Auto sitzen!), Nachrichten in ihr Telefon tippen und einander anrempeln, als würden sie schlafwandeln. Brechen wir diesen Bann und entdecken eine neue Art der Kommunikation! Dazu benötigen wir keine neuen Informationen und keine neuen Technologien. Natürlich müssen wir die Wahrheit erfahren, aber vor allem müssen wir neue Wahrheiten schaffen, wie sie nur von Singularitäten in Netzwerken geschaffen werden können.
    Der Kampf um einen besseren Zugang zu Informationen ist zwar wichtig, aber er kann schnell zu Enttäuschung und Desillusionierung führen. Man sitzt leicht dem Irrglauben auf, die Bürger würden sich erheben und die Missstände beseitigen, wenn sie nur wüssten, was ihre Regierung treibt und welche Verbrechen sie verübt. Aber selbst wenn wir alle Bücher von Noam Chomsky und alle Dokumente auf WikiLeaks lesen würden, dann wäre das noch keine Garantie dafür, dass wir andere Politiker wählen oder die Gesellschaft ändern. Das trifft auch auf die Ideologiekritik ganz allgemein zu: Selbst wenn wir die wahren Machtverhältnisse durchschauen, hindert uns das nicht daran, uns nach unserer Knechtschaft zu sehnen als handele es sich um unsere Befreiung. Es reicht auch nicht aus, kommunikative Freiräume und neue Öffentlichkeiten zu schaffen. Die Vernetzten sind kein Fall des falschen Bewusstseins, sondern sie sind im Netz gefangen, hypnotisiert, gebannt.
    Ehe wir aktiv in Netzwerken kommunizieren können, müssen wir zu Singularitäten werden. Der Kampf gegen die Entfremdung wollte uns zu uns selbst zurückführen. Er richtete sich gegen die Methoden, mit denen uns die kapitalistische Gesellschaft und Ideologie spaltete, und wollte uns zu ganzen und authentischen Menschen machen. Singularitäten sind jedoch nach innen vielfältig und nach außen mit vielen anderen verbunden. Die Kommunikation von Singularitäten in Netzwerken ist also kein Monolog, sondern ein Dialog, sie befindet sich im Fluss, ist immer mit Handlung verbunden und erschafft uns im Zusammensein ständig neu.
    Der Vernetztheit zu entkommen bedeutet nicht, mit den Medien zu brechen – im Gegenteil, die Protestbewegungen des Jahres 2011 sind bekannt für ihren Einsatz sozialer Medien wieFacebook und Twitter. Es bedeutet vielmehr, unsere Beziehung zu den Medien neu zu gestalten.
    Erstens gewinnen wir als Singularitäten in Netzwerken neue Bewegungsfreiheit. Wir schwärmen wie Insekten, folgen unbekannten Pfaden und kommen in immer anderen Mustern und Konstellationen zusammen. Entscheidend ist die Form der politischen Organisation: Eine dezentrale Multitude von Singularitäten kommuniziert horizontal (die sozialen Medien sind auch deshalb besonders nützlich, weil sie dieser Organisationsform entsprechen). Demonstrationen und politische Maßnahmen werden heute nicht mehr von einem Zentralkomitee beschlossen und kommuniziert, sondern in der Begegnung und Diskussion vieler kleiner Gruppen. Und nach der Demonstration werden Botschaften viral durch die Stadtteile und urbanen Kanäle vermittelt.
    Zweitens werden die Medien zu einem Werkzeug, mit dem wir uns kollektiv fortwährend neu erschaffen. Wir bringen nur dann neue Wahrheiten hervor, wenn wir unsere Individualität hinter uns lassen, uns in Beziehung zu anderen neu erfinden und uns einer gemeinsamen Sprache öffnen. Die Artikulation der Wahrheit ist auch ein kollektiver Akt sprachlicher Kreativität. Manchmal ist die Formulierung und Verbreitung von politischen Parolen in Demonstrationen ein

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