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Demokratie! - wofür wir kämpfen

Demokratie! - wofür wir kämpfen

Titel: Demokratie! - wofür wir kämpfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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doch im Verborgenen praktizierten sie ihren jüdischen Glauben weiter. Sie lebten ein Doppelleben: Wenn die Vertreter der Macht hinsahen, gehorchten sie, doch im Verborgenen widersetzten sie sich. Es war eine Flucht ohne Ortswechsel.
    Aber wir fliehen nicht nur vor den allgegenwärtigen Krakenarmen des Überwachungssystems, sondern auch vor den realen Mauern von Gefängnissen und Kasernen. Angela Davis fordert beispielsweise zu Recht die Abschaffung der Gefängnisse. Angesichts der ethnischen Zusammensetzung der Gefangenen in den Vereinigten Staaten (und der Flüchtlinge in den Lagern in aller Welt) ist der Kampf gegen das Gefängnis eine neue Anti-Sklaverei-Bewegung und fordert die Beendigung der extremsten Formen von Rassentrennung und -unterdrückung. Die heutigen Gefängnisse sind weit von den Erziehungs- und Resozialisierungsanstaltenentfernt, von denen die Reformer des 19. Jahrhunderts träumten. Im Gegenteil, das Gefängnis ist ein Apparat, der antisoziale Verhaltensweisen schafft, Angst verbreitet und soziale Beziehungen vergiftet.
    Genauso wichtig ist der Kampf gegen das Militär und die Militarisierung. Eine lange Liste angesehener Präsidenten der Vereinigten Staaten warnte, das Militär stelle eine Gefahr für Freiheit und Demokratie dar, doch ihre Warnungen wurden sämtlich in den Wind geschlagen – Thomas Jeffersons und James Madisons Streitschriften gegen ein stehendes Heer genauso wie Dwight D. Eisenhowers dunkle Vorahnung der Katastrophen, die eine Verschmelzung des gewaltigen Militärapparats mit der mächtigen Rüstungsindustrie verursachen würde. Für ein Land, das seine Gründerväter und früheren Präsidenten mit derartiger Hingabe verehrt, sind die Vereinigten Staaten erstaunlich taub gegenüber diesen Warnungen. Genau wie das Gefängnis erniedrigt das Militär die Menschen und vergiftet soziale Beziehungen. Die heimkehrenden Soldaten sind nicht nur durch Krieg und Hierarchie geschädigt, sie stecken mit ihrer kranken Existenz auch ihre Familien zuhause an und alle, mit denen sie in Kontakt kommen. Feministinnen wissen schon lange um die Macht, Zerbrechlichkeit und Pathologie der Männlichkeit, wie sie der Militarismus hervorbringt.
    Projekte zur Abschaffung der Gefängnisse und des Militärs haben zwar ihre Berechtigung und ihre positiven Auswirkungen, doch wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass sich diese Forderungen in unseren heutigen Gesellschaften nur bedingt umsetzen lassen. Gefängnis und Militär sind Gifte, doch der kranke Körper muss sie weiter zu sich nehmen, um zu überleben, auch wenn sich sein Zustand dadurch dauernd verschlechtert.Das Gefängnis schafft eine Gesellschaft, die von Gefängnissen abhängig ist, und das Militär schafft eine Gesellschaft, die vom Militarismus abhängig ist. Kalter Entzug wäre Selbstmord. Der Körper benötigt eine lange Therapie, um sich von diesen Giften zu reinigen.
    Der Schlüssel zu einer gesunden Gesellschaft ist ein Sieg über die Angst und die Schaffung wahrer Freiheit und Sicherheit. Einer der bewegendsten und begeisterndsten Momente am Tahrir-Platz in Kairo ereignete sich im Februar 2011, kurz nachdem Schläger der Regierung die Demonstranten mit Kamelen und Pferden überfallen und brutal zusammengeknüppelt hatten. Statt dieses Unrecht zu beklagen und sich gegen künftige Angriffe zu rüsten, sagten viele Teilnehmer einfach: »Wir haben keine Angst mehr«. Damit nahmen sie dem Mubarak-Regime die Macht. Als drei Monate später das Zeltlager der Demonstranten auf dem Puerta del Sol von Madrid von der Polizei bedroht wurde, erinnerte ihre Reaktion an die Parole aus Kairo: » No tenemos miedo «. Wir wissen nicht, woher die Demonstranten ihre Furchtlosigkeit nahmen, wir können nur annehmen, dass sie vor allem aus dem Zusammensein auf dem Platz herrührte. Die politische Bedeutung und Kraft dieser Aussage ist jedoch unübersehbar. Die Macht kann nicht überleben, wenn ihre Subjekte ihre Angst ablegen.
    Dieser Ausdruck der Furchtlosigkeit mag an den revolutionären Heldenmut eines Che Guevara erinnern, eines Kriegers, der bereitwillig in den Tod geht, weil er weiß, dass seine Sache überlebt. Wir sind jedoch nicht an Helden und Märtyrern interessiert. Vor allem glauben wir, dass die Fähigkeit der Demonstranten, ihre Angst abzulegen, nichts mit Heldentum und Todesmut zu tun hat. »Der freie Mensch denkt über nichts weniger nach als über den Tod«, schreibt Spinoza. »Seine Weisheit ist kein Nachdenkenüber den Tod, sondern über

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