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Den du nicht siehst

Den du nicht siehst

Titel: Den du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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und sie habe beschlossen, bei Per zu bleiben.«
    »Wann war das?«
    »Tja, einige Jahre ist das schon her. Wie lange genau – drei, vier Jahre vielleicht?«
    »Hat sie ihn danach je wieder erwähnt?«
    »Nein. Die Zeit verging, und ich hab die ganze Sache vergessen. Bis jetzt.«
    »Das müsste man überprüfen«, sagte Johan. »Irgendwer muss doch mehr darüber wissen. Hast du mit anderen Bekannten von ihr darüber gesprochen, als du jetzt in Stockholm warst?«
    »Nein, das nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass außer mir noch jemand davon wusste.«
    Sie schaute auf die Uhr. Halb drei. In anderthalb Stunden musste sie die Kinder holen. Sie spürte den Wein schon, nahm aber noch einen Schluck und erwiderte seinen Blick.
    »Ich muss meinen Bus erwischen, sonst komm ich zu spät zur Schule.«
    »Ich kann dich fahren. Ich habe doch nur ein Glas Wein getrunken. Das ist kein Problem.« Johan hatte sich während seines Aufenthalts auf Gotland einen Mietwagen genommen.
     
    Schweigend fuhren sie durch die Stadt. Emma ließ sich zurücksinken, schloss die Augen und fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit wohl.
    Sie öffnete die Augen und sah ihn an.
    Herrgott, bin ich gerade dabei, mich zu verlieben?, überlegte sie. Das ist doch Wahnsinn. Aber sie genoss die Momente mit ihm. In seiner Gesellschaft fühlte sie sich entspannt, wurde munter und redselig wie seit einer Ewigkeit nicht mehr. Sie betrachtete seine Hand, die auf dem Lenkrad lag. Ziemlich braun, männlich. Kurze, saubere Nägel.
    Er wandte sich zur Seite und sah sie an.
    »Woran denkst du?«
    Sie wurde rot.
    »An nichts.«
    Sie merkte, dass sie lächelte.
    Ohne Vorwarnung fuhr er von der Hauptstraße nach Roma ab. Auf einen Kiesweg. Hielt am Waldrand. Sie war weder besonders überrascht, noch fürchtete sie sich. Sie spürte nur ein leichtes Flattern im Bauch.
    Er sagte nichts. Er beugte sich nur zu ihr und küsste sie. Sie erwiderte seinen Kuss. Johan staunte über ihre Intensität. Er streichelte ihre Haare, ihre Arme, ihre Oberschenkel. Emmas Körper reagierte. Nur noch ein bisschen, dachte sie, während seine Zunge mit ihrer spielte. Noch ein bisschen. Ehe seine Hand unter ihren Pullover wandern konnte, zog sie sich von ihm zurück.
    »Du, wir müssen aufhören. Das hier geht nicht.«
    »Bitte, hör nicht auf«, drängte er sanft.
    Emma hatte sich entschieden. Langsam schaltete sich ihr Verstand wieder ein.
    Den restlichen Weg nach Roma legten sie schweigend zurück. Bei der Schule drehte er sich zu ihr.
    »Wann sehen wir uns wieder?«
    »Das kann ich noch nicht sagen. Die Kinder warten. Ich muss nachdenken. Ich rufe dich an.«
    Sie fühlte sich erleichtert, als Sara ihr vom Schulhof her zuwinkte.
     
    Auf dem Weg zur Schule wurde das Bauchweh wieder schlimmer. Mit jedem Schritt nahm es zu. Als er in die Brömsebrogatan abbog und die rote Klinkerfassade der Norrbackaschule sah, spürte er den altbekannten Druck auf der Brust, der das Atmen so schwer machte. Er versuchte, dieses Gefühl zu verdrängen. Jetzt musste er sich ganz normal verhalten. Ungerührt wirken. Da kamen Jonas und Pelle. Sie redeten miteinander, kickten nach Steinchen, versetzten sich scherzhafte Rippenstöße. Selbstverständlich und selbstsicher. Noch vor wenigen Monaten hatte er zu ihnen gehört. Jetzt war alles anders. Sie erreichten den Schulhof gleichzeitig. Er reckte sich und spuckte auf den Weg. Schielte zu seinen Klassenkameraden hinüber. Die Jungen achteten nicht auf ihn. Er merkte, dass er rot wurde, und starrte den Boden an. Lief über den Schulhof. Die Verzweiflung in seinem Bauch wuchs. Wie hatte sich in so kurzer Zeit alles so ändern können? Jetzt konnte er die Schule nur noch hassen. Die totale Finsternis herrschte. Würde sie wohl jemals vorübergehen?
    Wie gern hätte er die Uhr zurückgedreht! Zurück bis in den Herbst. Damals war er zur Schule gegangen und mit seinen Kumpels zusammen gewesen, als sei das das Natürlichste von der Welt. In den Pausen hatten sie Hockey und Fußball gespielt. Und die Schule hatte Spaß gemacht. Er hatte immer Sehnsucht nach der Schule gehabt, wenn er zu Hause war. In der Schule war alles normal. Die anderen dort waren lebhaft und freundlich. Es war nicht wie zu Hause, wo seltsame Schwingungen in der Luft lagen, die er nicht verstand. Mit denen er nicht umgehen konnte. Oft hatte er das Gefühl, auf Nadeln zu gehen. Er versuchte, seiner Mutter alles recht zu machen. Keine Unannehmlichkeiten zu verursachen. Dass seine Eltern kaum noch

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