Den du nicht siehst
fahre schon mal vor.«
Emma ging wieder ins Haus. Ihr Gefühl, vor einem Abgrund zu stehen, mischte sich mit freudiger Erwartung und einem Anflug von schlechtem Gewissen.
Als Olle aufwachte, servierte sie ihm das Frühstück ans Bett.
»Ich habe einen Entschluss gefasst«, sagte sie. »Ich muss nachdenken. Ich muss Abstand gewinnen. In letzter Zeit ist so viel passiert. Ich weiß einfach nicht weiter. Ich bin mir nicht mehr im Klaren darüber, was ich will.«
»Gestern Abend hast du doch gesagt …« Sie horte seine Enttäuschung.
»Ich weiß, aber ich bin immer noch unsicher«, sagte sie in entschuldigendem Tonfall. »Was uns angeht. Ich weiß nicht mehr, was noch übrig ist. Vielleicht ist es auch nur die Sache mit Helena und den anderen Morden. Ich muss einfach weg von hier.«
»Das verstehe ich«, sagte er einfühlsam. »Ich weiß, dass es schwer für dich war. Was hast du vor?«
»Als Erstes fahre ich zum Haus von Mama und Papa. Da muss ich ja ohnehin nach dem Rechten sehen. Ich fahre gleich heute.«
»Allein?«
»Nein, Viveka will mitkommen. Ich habe schon mit ihr gesprochen.« Ein Stich in der Brust. Noch eine Lüge. Sie war erschrocken darüber, wie leicht ihr das fiel.
»Ich hatte natürlich gehofft, dass du heute mit mir kommst. Was soll ich den Kindern sagen?«
»Die Wahrheit. Dass ich ein paar Tage auf das Haus von Oma und Opa aufpassen muss.«
»Na gut«, sagte Olle. »Das können sie bestimmt verstehen. Und den Rest des Sommers werdet ihr dann ja zusammen sein.«
Sein Verständnis verstärkte ihr schlechtes Gewissen. Es wäre fast leichter, wenn er sauer wäre, dachte sie. Und wieder ärgerte sie sich.
»Danke, Liebling«, sagte sie und nahm ihn kurz in den Arm.
Knutas hatte Kihlgård gebeten, am Nachmittag, wenn er und Karin nach Gotland zurückgekehrt wären, alle zu einer Besprechung ins Präsidium zu bestellen. Er kam sofort zur Sache.
»Wir haben also das, was wir für die Kleider der Opfer halten, in Nisseviken in einem Bootshaus gefunden. Sie werden zurzeit von unseren Kollegen von der Spurensicherung untersucht, dann gehen sie weiter ans SKL. Der Bereich um das Bootshaus ist abgesperrt worden, und wir versuchen festzustellen, wem es gehört. Es steht offenbar leer und wird seit Jahren nicht mehr genutzt. Angehörige der Opfer sind bereits unterwegs hierher, um die Kleider zu identifizieren. Der Fund zeigt, dass der Mörder sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf Gotland aufhält. Wir müssen also ab jetzt alle Ermittlungsarbeiten entsprechend konzentrieren. Bis auf weiteres. Und was gibt es sonst noch Neues?«
»Wir haben heute die Antwort auf unsere Anfrage nach den Fingerabdrücken auf dem bei Gunilla Olsson gefundenen Inhalator erhalten«, berichtete Kihlgård. »Sie sind im Vorstrafenregister nicht zu finden. Wir haben untersucht, welche Bekannten der Opfer an Asthma oder schweren Allergien leiden. Und dabei hat sich gezeigt, dass sowohl Kristian Nordström als auch Jan Hagman Asthmatiker sind. Ihre Inhalatoren werden nachher mit dem bei Gunilla Olsson gefundenen verglichen.«
»Gut«, sagte Knutas. »Und was haben die Vernehmungen ergeben?«
»Wir haben Jan Hagman gefragt, warum er uns beim ersten Gespräch nichts von der Abtreibung gesagt hat. Er dachte, die Abtreibung sei für uns nicht von Bedeutung, so lautete seine Erklärung, und da seine Kinder nichts über die Beziehung zu Helena Hillerström wüssten, wollte er nicht zu viel davon erzählen. Während wir ihn befragten, schien er schreckliche Angst zu haben, sein Sohn könne hören, worüber wir sprachen.«
»Das kann ich verstehen«, sagte Knutas. »Wir hätten ihn herbitten sollen. Und was ist mit Nordström?«
»Es ist nach wie vor unbegreiflich, warum er die ganze Zeit so hartnäckig behauptet hat, dass er nie mit Helena zusammen war. Als wir ihm von den Mails erzählt haben, gab er schließlich alles zu. Aber er konnte uns nicht erklären, warum er es bisher abgestritten hat. Er sagte nur, er habe nicht in Verdacht geraten wollen.«
»Was sonst noch?«
»Wir haben Zeugenaussagen, dass in den vergangenen Wochen bei Gunilla Olsson ein unbekannter Mann gesehen worden ist. Er wurde morgens und abends auf ihrem Grundstück beobachtet«, sagte Kihlgård. »Die Zeugen beschreiben ihn als groß, von sympathischem Äußeren und Anfang bis Mitte dreißig.«
»Sind den Zeugen irgendwelche Bilder vorgelegt worden? Zum Beispiel von Kristian Nordström oder Jan Hagman?«
»Nein, das nicht«, gab
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