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Den du nicht siehst

Den du nicht siehst

Titel: Den du nicht siehst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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Sie stand auf und ging zur Toilette. Als sie dort saß, wollte Johan sich in ihre Gedanken schleichen, doch sie verdrängte sein Bild sofort. Jetzt sollte zwischen ihr und Olle alles wieder gut werden. Sie drehte die Dusche auf und genoss das heiße Wasser, das über ihren Körper strömte. Sie zog ihren Bademantel an und legte sich wieder neben Olle. Ihren Kopf dicht an seinem. Sicher liebe ich ihn. Er ist doch mein Olle, dachte sie, konnte aber einen Rest von Zweifel nicht unterdrücken.
    Sie hatte sich ja so satt. Ihr ewiges Hin und Her. Warum gelang es ihr nicht herauszufinden, was sie wirklich empfand? Warum konnte sie sich nicht entscheiden?
    Sie setzte sich auf und betrachtete ihn. Er schlief noch immer und merkte nicht, dass sie ihn musterte. Nackt und wehrlos lag er da, wie ein Kind. Vielleicht liebte sie ihn nicht mehr. Vielleicht war es zu Ende. Bei diesem Gedanken wurde ihr schwindlig. Der Vater ihrer Kinder. Aber es ging im Leben auch nicht nur um Verliebtheit und Liebe. Sie hatte ihr Versprechen gegeben. In guten und in schlechten Zeiten zu ihm zu stehen. In guten und schlechten. Aber auch in traurigen?
    Ihr Blick wanderte über seine Stirn und seine Augenlider. Sie fragte sich, was dahinter verborgen lag. Welche Gedanken beschäftigten ihn?
    Und die Kinder. Ihre wunderbaren Kinder. Als Eltern trugen sie eine Verantwortung, die so groß war wie das Universum.
    Und sie selbst? Wer war sie, dass sie so leichtfertig bereit war, alles aufzugeben? Und ein dermaßen gewaltiges Risiko einzugehen? Das war doch kompletter Wahnsinn. Wie konnte sie es wagen? Es ging hier nicht nur um sie und Olle. Es ging um die Zukunft der ganzen Familie. Um die Zukunft der Kinder.
    Zugleich sorgte die Anziehung, die Johan auf sie ausübte, dafür, dass sie sich vorkam wie ein Schiff auf stürmischer See.
    Sie stand auf, ging in die Küche und zündete sich eine Zigarette an, obwohl es erst Viertel nach sechs war. Ihr war gleichgültig, dass sie im Haus rauchte. Bevor die Kinder zurückkamen, würde sie ja lüften.
    Mit jedem Zug wälzte sie die Gedanken von neuem hin und her. Vielleicht sollte sie die Dinge schlicht auf sich zukommen lassen. Ihren inneren Tumult akzeptieren. Sie brauchte jetzt noch keine Entscheidung zu fällen. Es wäre sicher besser, noch eine Zeit lang zu warten. Einfach abzuwarten.
    Sie wollte nicht mehr über ihr chaotisches Gefühlsleben nachdenken.
    Plötzlich piepte ihr Mobiltelefon. Sie zog es aus ihrer Handtasche und fand eine Kurzmitteilung:
    »Kann nicht schlafen. Und du? Johan.«
    Sie ging hinaus auf die Treppe und rief ihn an.
    Er meldete sich sofort.
    »Mmm?«
    Eine rote Flamme schoss aus ihrem Kopf in ihren Bauch und ihre Arme, bis in die Fingerspitzen.
    »Hallo, ich bin’s, Emma.«
    »Hallo. Ich habe Sehnsucht nach dir.«
    »Und ich nach dir.«
    »Wann können wir uns sehen?«
    »Ich weiß nicht. Olle ist gerade hier. Wir haben miteinander geredet. Er fährt nachher zurück zu den Kindern. Die sind noch bei seinem Bruder in Burgsvik. Meine Schwiegereltern sind auch dort.«
    »Dann können wir uns ja sehen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Wenn dein Mann wegfährt, könnte ich zu dir kommen.«
    »Hierher? Nein, das geht nicht, das musst du doch einsehen. Wir können uns nicht hier in unserem Haus treffen.«
    »Dann kannst du ja herkommen?«
    »Ich will nicht mehr so schreckliche Angst haben müssen, vielleicht gesehen zu werden.«
    »Ich hab solche Sehnsucht nach dir, das macht mich total fertig. Ich muss dich einfach sehen dürfen.«
    Emma kam eine Idee. Das war natürlich Wahnsinn, aber scheiß drauf.
    »Hör zu, ich muss ohnehin bald zum Haus meiner Eltern auf Fårö fahren. Es steht leer. Sie machen einen längeren Urlaub, und ich habe versprochen, im Haus nach dem Rechten zu sehen. Ich wollte eigentlich meine Freundin Viveka mitnehmen und ein paar Tage dort bleiben. Aber stattdessen fahre ich eben mit dir. Am liebsten gleich heute. Ich werde hier sonst noch verrückt. Ich muss wirklich weg. Das Haus liegt direkt am Meer. Es ist wunderschön da.«
    »Und deine Freundin?«
    »Das ist kein Problem. Viveka kann ja später nachkommen. Ich rede mit ihr. Sie weiß übrigens von dir.«
    »Wirklich? Also, das klingt wunderbar, aber ich kann nicht mehrere Tage bleiben. Ich muss arbeiten, wo doch der dritte Mord passiert ist und überhaupt, aber eine Nacht geht sicher. Und ich kann morgen ein wenig später zur Arbeit fahren. Aber heute Abend bin ich erst so gegen sechs Uhr fertig.«
    »Macht nichts. Ich

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