Den du nicht siehst
Kihlgård leicht beschämt zu.
»Wie konnte das passieren?«
»Ehrlich gesagt, weiß ich das auch nicht. Jemand von euch?«
Kihlgård schaute die Kollegen fragend an.
»Wir müssen einfach zugeben, dass wir nicht daran gedacht haben. Das ist schlichtweg übersehen worden«, sagte Wittberg.
»Dann holt das jetzt nach. Sofort nach dieser Besprechung«, befahl Knutas wütend. »Wie sieht es mit den Alibis von Nordström und Hagman aus? Sind die noch mal überprüft worden?«, fügte er hinzu.
»Ja«, sagte Sohlman, »und sie scheinen okay zu sein.«
»Scheinen?«
»Hagmans Alibi wird von seinem Sohn und von einem Nachbarn bestätigt. Der Nachbar hat ausgesagt, dass sie angeln waren, als der erste Mord passiert ist. Sie waren gegen acht Uhr morgens wieder da. Als Frida Lindh ermordet wurde, hatte Hagman Besuch von seinem Sohn. Beide behaupten, zum Zeitpunkt der Tat geschlafen zu haben – sie wurde ja schließlich mitten in der Nacht umgebracht. Beim dritten Mord war er abermals mit dem Nachbarn angeln. Also am Mittsommerabend. Danach haben sie bei dem Nachbarn gefeiert, und Hagman ist dort auf dem Sofa eingeschlafen.«
»Und Nordström?«
»Der hat kein Alibi für den ersten Mord«, berichtete Sohlman. »Sie waren bis fast drei Uhr nachts auf dieser Party bei Helena Hillerström. Danach ist er mit Beata und John Dunmar mit dem Taxi nach Visby gefahren und dann allein weiter zu sich nach Hause. Er kam dort um kurz vor vier an. Er wohnt ja in Brissund. Der Taxifahrer hat bestätigt, dass er dort ausgestiegen ist und ziemlich angetrunken war. Dass er danach die sechzig Kilometer zurück zum Haus der Hillerströms gefahren sein soll, um dann am Strand zu warten und Helena zu ermorden, erscheint recht unwahrscheinlich. Außerdem ist er an diesem Tag noch nach Kopenhagen geflogen. Er hat eine Nachmittagsmaschine von Visby nach Stockholm genommen. Und bei den anderen beiden Morden war er nicht auf Gotland. Als Frida Lindh ermordet wurde, war er in Paris, bei Gunilla Olssons Tod in Stockholm. Aber was ist mit dem Mann aus dem Munkkällaren? Der hat sich noch immer nicht gemeldet. Und das macht ihn weiterhin ziemlich verdächtig. Er war Schwede und kann die vielen Aufrufe der Polizei doch nicht verpasst haben.«
»Tja, aber er kann ja auch andere Motive dafür haben, dass er nichts von sich hören lässt. Vielleicht hat er anderweitig Dreck am Stecken«, wandte Karin Jacobsson ein.
»Ja, das ist natürlich möglich«, gab Sohlman zu.
»Die Frau, die Gunilla Olssons Keramik verkauft, sagt, dass sie bei Gunilla zu Hause einen großen, gut aussehenden Mann Mitte dreißig getroffen hat«, berichtete Knutas. »Er hat sich als Henrik vorgestellt. Er sprach kein Gotländisch, sondern redete wie ein Stockholmer. Frida Lindhs Freundinnen haben erzählt, dass der Mann im Munkkällaren Henrik hieß. Der Barmann hat ausgesagt, dass er einen Stockholmer Akzent hatte. Das muss natürlich nicht bedeuten, dass er nicht von hier ist. Er könnte ein Gotländer sein, der schon vor langer Zeit aufs Festland gezogen ist. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass es sich um einen vom Festland handelt, der die Insel gut kennt und sich gerade jetzt hier aufhält. Ich neige aber eher zu der Annahme, dass wir nach einem Einheimischen suchen sollten. Was wissen wir über den Mörder? Er könnte Henrik heißen. Er ist groß, zwischen dreißig und vierzig und könnte an Asthma leiden. Wir haben genügend Zeugen, die den Mann gesehen haben, sodass wir sicher eine Phantomzeichnung anfertigen können. Das sollte jetzt vielleicht unser nächster Schritt sein.«
»Das finde ich nicht«, sagte Kihlgård. »Das würde doch nur Panik auslösen.«
»Hat irgendwer einen besseren Vorschlag?«, fragte Knutas und breitete die Arme aus. »Alles weist darauf hin, dass der Mörder sich auf der Insel aufhält. Ein Serienmörder, der jederzeit wieder zuschlagen kann. Wir haben die Kleider gefunden, aber was haben wir sonst noch? Wir können keine Verbindung zwischen den Opfern herstellen, die für die Ermittlungen von Bedeutung sein könnte. Für die Morde selbst gibt es keine Zeugen. Er hat zugeschlagen, als die Opfer allein waren und sich niemand in der Nähe aufhielt. Jedes Mal ist er blitzschnell verschwunden. Niemand hat etwas gehört oder gesehen. Zugleich muss er einer Menge Menschen begegnet sein. Verdammt, er war doch auf der ganzen Insel unterwegs. Fröjel, Visby, När, Nisseviken. Er war in der Kneipe, am Strand, ist in der Stadt und in När
Weitere Kostenlose Bücher