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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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Tablettenfläschchen in die Hand. »Wo hast du die gefunden? Ich konnte sie gestern weder für Geld noch gute Worte
     bekommen.«
    »Ich hatte noch etwas gut bei jemandem«, antwortete sie. »Zu meiner Schickeria-Welt gehören viele mächtige Söhne. Wie sich
     herausstellte, standen noch ein paar Kisten mit dem Zeug in einem Lagerhaus bei Bayonne. Ich habe eine Weile gebraucht, um
     zu verstehen, was du gesagt hast. Stell dir meine Überraschung vor, als ich Felix Strange am Hörer hatte, der in Zungen sprach.«
    Die Fläschchen waren voll, genug Tabletten für Monate. Ich nahm jedes einzeln in die Hand und spürte sein beruhigendes Gewicht,
     zuckte aber vor der Spritze zurück. Daran hingen zu viele schlimme Erinnerungen.
    »Danke«, sagte ich. »Dafür, dass du mich hergebracht hast, für die Medizin und für alles. Ich hatte kein Recht, dich um Hilfe
     zu bitten.«
    »Wir Heimatlose müssen zusammenhalten.« Sie wollte eine Frage stellen, unterbrach sich dann aber. »Du hast geschrien«, sagte
     sie. »Im Schlaf.«
    Natürlich erinnerte ich mich nicht daran. »Habe ich irgendetwas gesagt?«
    »Den größten Teil konnte ich nicht verstehen. Aber du hast ständig einen Namen wiederholt: Athena. Den hast du immer wieder
     gesagt. War sie eine alte Freundin von dir?«, fragte Iris mit einem neckenden Lächeln. Es verschwand, als sie meinen Gesichtsausdruck
     bemerkte.
    »›Sie‹ war eine A-10   Thunderbolt II, ein Erdkampfflugzeug«, erklärte ich. »Meine Einheit hat täglich zu ihr gebetet, aber genau wie Gott hat sie
     selten geantwortet. Der Frau hinter dem Rufzeichen bin ich nie begegnet. Ich weiß nicht einmal, ob sie den Krieg überlebt
     hat.«
    »Teheran?«, fragte Iris.
    Ich nickte.
    »Ich war während des Krieges ein Teenager und habe ihn nie sehr beachtet. Es war leicht, ihn zu übersehen, und ich hatte genug
     damit zu tun, mir mein Leben zu ruinieren. Aber an die Paraden erinnere ich mich.« Jeder erinnerte sich an die Paraden. »Willst
     du darüber reden?«
    »Nein.« Ich wandte mich von ihr ab. Das war blöd von mir, aber ein paar Erinnerungen waren dem Käfig entkommen, in den ich
     sie gesteckt hatte, und ich wollte nicht, dass Iris mein Gesicht sah, während ich sie zusammentrieb und dorthin verfrachtete,
     wohin sie gehörten.
    »Hättest du etwas dagegen, dass ich den Fernseher anstelle?«, fragte ich und griff nach der Fernbedienung, ohne Iris Zeit
     für eine Antwort zu lassen. »Ich muss wissen, wieschlimm das Land aus den Fugen geraten ist, während ich geschlafen habe.«
    »Die Polizei hat heute in New York City eine Reihe von gewalttätigen Aufständen unterbunden«, berichtete ein Sprecher. Man
     sah eine Filmaufnahme von Männern und Frauen, die in Chelsea in Handschellen gelegt und in Transporter geworfen wurden. Es
     gab so viele peinliche Fragen, dass sie niemals einen fairen Prozess bekommen würden. »Quellen in der Regierung gehen davon
     aus, dass die Angriffe von homosexuellen terroristischen Gruppierungen organisiert wurden, die sich gewaltsam Rechte für ihren
     abweichenden Lebensstil erkämpfen wollen.« Dass es von dem Aufruhr selbst keine Filmaufnahme gab, sprach für sich.
    Ich zappte zu einem anderen amerikanischen Sender, doch das war, als wählte ich einfach nur eine andere Stenotypistin aus
     demselben Schreibkräftepool. Es wurde eine Pressekonferenz mit dem Heimatschutzminister gezeigt, der von einem Podium herabschwadronierte.
     Hinter ihm standen der Bürgermeister von New York, der FB I-Direktor und mehrere andere Amtsträger, die ich nicht erkannte. Wie alle wichtigen öffentlichen Persönlichkeiten wurden sie von einer
     Abteilung Stillwater-Söldner bewacht, einer von ihnen war links vom Podium gerade noch zu sehen. Der Wahlspruch des Ministeriums
     war hinten an die Wand gekachelt: ›Wachsamkeit, Patriotismus, Glaube.‹
    »Waren die Angriffe in New York isolierte Ereignisse?«, fragte jemand, der auf dem Bildschirm nicht zu sehen war.
    »Es gab ein paar kleinere Zwischenfälle in Chicago, San Francisco und Salt Lake City, aber wir wissen noch nicht, ob da ein
     Zusammenhang besteht.« Der Bürgermeister sah unbehaglich aus. Er wusste, was gestern wirklich vorgefallen war, und ihm war
     klar, welche Folgen es haben würde, dass er die New Yorker Polizei vor den Augen seiner Wähler zurückgehaltenhatte. Die Erweckungsbewegung verstand es nicht, lokale Wahlen mit derselben Raffinesse zu manipulieren, die sie bei den bundesweiten
     Wettrennen an den Tag

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