Den ersten Stein

dessentwegen er sich im Recht fühlte. »Sie hatten keine
     Wahl.«
    »Da haben Sie gottverdammt Recht. Er hat sich geweigert zu verhandeln, und die Ältesten wollten oder konnten ihn nicht zügeln.
     Ich denke, sie haben es als die perfekte Gelegenheit gesehen, mich loszuwerden. Mr Lim hatte Einwände, aber er hat nicht begriffen,
     was auf dem Spiel stand.«
    Lims Gesicht war reglos; die Maske, die seine Verachtung für seinen Arbeitgeber verbarg, saß wieder an Ort und Stelle.
    »Einen Mann wie Bruder Isaiah zu töten war schwerer, als man meinen sollte«, fuhr Thorpe fort. »Er mag sich ganz auf Gott
     verlassen haben, aber seine Organisation hielt das definitiv anders. Zwei Wagen voll Sicherheitspersonal folgten ihm überallhin.
     Sie sperrten eine Sicherheitszone ab, bevor sie den alten Mann aussteigen ließen. Die Leute, die er besuchte, waren sogar
     noch paranoider: verängstigte Bürokraten und Geschäftsleute, die sich vor Angst in die Hose machten. Deren Sicherheitsteams
     waren so gut gerüstet wie meine.«
    »Und wer ist auf die Idee gekommen, ihn hier zu ermorden?«, fragte ich und sah Lim an.
    Er begegnete meinem Blick nicht.
    »Zufällig White«, antwortete Thorpe. Der Alkohol hatte ihm die Zunge gelöst, aber in Bewegung gesetzt wurde sie vom Triumph.
     Er brauchte keine Ermutigung, um mir genau zu erzählen, wie klug er gewesen war. »Er kam stolz wie Oskar zu mir und sagte,
     er könne alle meine Probleme lösen und Bruder Isaiah dazu bringen, Vernunft anzunehmen. Na ja, für solche Dinge standen Blutsauger
     wie er ja auf meiner Gehaltsliste. Er sagte, er habe mit Bruder Isaiah gesprochen und der sei einverstanden, sich mit meinem
     Sohn unter vier Augen zu unterhalten. Der eingebildete alte Sack dachte, der Junge werde vor ihm niederknien und Jesus loben,
     sobald er seine Stimme hörte. Natürlich hatte ich nicht die Absicht, ihn überhaupt nur in die Nähe meines Sohnes zu lassen.«
    »Warum haben Sie ihn eigentlich nicht einfach aus dem Land geschmuggelt?«
    Thorpes Gesicht lief rot an. Ich dachte, er hätte meine Frage persönlich genommen, und machte mich auf einen weiteren Hieb
     gefasst. Doch der kam nicht.
    »Der
Kreuzzug
hatte alle Fäden gezogen, damit mein Jet am Boden bleiben musste, und er hatte überall Spione. Ichdachte, es wäre sicherer, meinen Sohn in der Stadt zu verstecken, wo ich noch immer Freunde hatte.«
    Das erklärte, was Junior seiner Freundin erzählt hatte: Dass er sein heißes Date versäumen würde. Er sollte den Anschein erwecken,
     auf dem Weg nach Norden zu sein. Wenn er ausginge und mit dem Geld seines Vaters um sich schmiss, würde der
Kreuzzug
davon hören.
    »Und wie haben die Ältesten ihn dennoch gefunden?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe jede mögliche Vorsichtsmaßnahme ergriffen.« Der Gedanke an die Entführung seines Sohnes hatte
     die Wut zurückgebracht und die Selbstgefälligkeit vertrieben. »An allem ist nur dieser gottverfluchte Prediger schuld. Mein
     Sohn ist Gott-weiß-wo, auf den Straßen herrscht Panik, und in ein paar Stunden habe ich das FBI auf den Fersen; und all das
     nur, weil dieser verdammte Prediger nicht begriffen hat, wie es in der Welt läuft.« Er warf das leere Glas in den Kamin, fluchte
     lautlos, murmelte etwas über die Küche und torkelte aus dem Raum.
    »Er war ganz außer sich über den Schaden an seiner Hütte, hat aber nicht erwähnt, wie es ihren Leuten geht«, meinte ich, als
     Thorpe weg war. »Ist schon einer von ihnen wach?«
    »Der eine fährt den anderen ins Krankenhaus«, antwortete Lim. »Darf ich Ihnen einen Drink anbieten?«
    »Das ist sehr nett von Ihnen«, meinte ich, »aber ich sehe nicht recht, wie ich ihn trinken soll.«
    Lim goss zwei Fingerbreit Single-Malt-Whisky in ein Glas und schuf auf dem Tisch neben mir Platz dafür. Er steckte einen flexiblen
     Strohhalm hinein und drehte ihn meinem Gesicht zu.
    »Sehr verbunden.« Ich trank einen Schluck. Der Whisky war sogar noch besser als der, den ich in Thorpes Büro bekommen hatte.
    Lim schenkte sich selbst auch einen ein und zog einen Stuhl heran.
    »Ich muss zugeben, dass Sie mich die ganze Zeit in die falsche Richtung gelockt haben«, sagte ich. »Pyke war der perfekte
     Sündenbock.« Pyke seinerseits hatte sich selbst jemanden herangezogen, auf den er die Schuld abwälzen konnte: Jack Small.
     Es war wie bei einer russischen Matrjoschkapuppe; eine Intrige steckte in der anderen.
    Lim ließ sich mit der Antwort Zeit; es war, als föchte