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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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vollkommen entspannten Gliedmaßen gerade so
     weit anregte, dass sie zum Leben erwachten. Er kam geschmeidig auf mich zu, ein Raubtier, das sich in seinem eigenen Territorium
     sicher fühlt.
    »Sie sind Felix Strange«, stellte er fest. Sein New Yorker Akzent war durch ein paar Jahre in einer guten Schule im Ausland
     abgeschliffen. »Ich bin Mr Lim. Bitte legen Sie Ihre Waffen und alles, was aus Metall ist, auf das Tablett und gehen Sie hier
     durch.«
    Ich nahm meine Pistole aus dem Halfter und legte sie auf das Tablett, zusammen mit meinem Handy, dem Schlüsselbund und etwas
     Ersatzmunition. Im letzten Moment fiel mir das an meinem Bein festgeschnallte Faustmesser ein und ich legte es ebenfalls auf
     den Haufen und platzierte meinen Fedora obendrauf.
    »Sicher, dass das alles ist?«, fragte Lim.
    Ich ging durch den Detektor und nichts piepte.
    Lim nahm meine Pistole in die Hand. »Eine 1911«, sagte er, sie in der Hand wendend. »Ein echter Klassiker.«
    »Was funktioniert, soll man nicht ändern«, gab ich zurück.
    Lim betrachtete die Scharten und Kratzer, die die ganze Pistole überzogen.
    »Mein Großvater hatte sie bei der Landung in der Normandie bei sich und meinen Onkel hat sie in Vietnam am Leben erhalten.«
    »Sie haben die militärische Familientradition fortgeführt«, sagte Lim.
    Ich denke, Lim hätte auch ohne irgendwelche Unterlagen über meinen militärischen Hintergrund Bescheid gewusst; mein Gang konnte
     den Exerzierplatz nicht verhehlen.
    »Es ist weniger eine militärische Tradition als ein genetischer Defekt, der uns dazu bringt, uns freiwillig zu melden«, sagte
     ich.
    Lim deutete ein Lächeln an.
    »Ich wette, Sie haben eine modernere Pistole.«
    Lim öffnete sein Jackett und brachte zwei .357   Revolver zum Vorschein. »Wie Sie eben sagten: Was funktioniert   …«
    Aber wenigstens mit der Zahl seiner Schusswaffen hatte ich richtig gelegen. »Warum tragen sie eigentlich zwei davon bei sich?«,
     fragte ich. »Ein Revolver kann keine Ladehemmung haben, und schließlich können Sie diese beiden Monster nicht gleichzeitig
     abschießen.«
    »Ich habe gerne die Wahl«, sagte Lim. Er nahm den Ladestreifen aus meiner Pistole und überprüfte, ob keine Patrone im Lauf
     saß. »In Anbetracht ihres sentimentalen Wertes können Sie sie von mir aus ungeladen mit nach oben nehmen.«
    »Machen Sie meinetwegen keine Ausnahme«, sagte ich. »Ich brauche keine Schusswaffe, um mich als etwas Besonderes zu fühlen.«
    Lim warf meine Pistole aufs Tablett zurück und winkte mich zu dem wartenden Lift.
    Der Raum, in den Lim mich führte, war so charmant und steril wie ein Labor, in dem ansteckende Krankheiten untersucht werden
     – es gab keine Zimmerpflanzen und die Kristallvasen, die auf dem gläsernen Couchtisch standen, waren mit bunten Steinen gefüllt.
     Thorpes Assistentin sah, wie ich den Raum musterte, und grüßte mich nicht.
    »Setzen Sie sich.« Lim zeigte auf ein aschgraues, geschwungenes Sofa. »Sobald wir Ihre Empfehlung überprüft haben, wird Mr
     Thorpe nach Ihnen läuten.«
    Ich verbarg meine Überraschung. Der Brief, den ich nach oben geschickt hatte, war von einem Mann namens Greg Knight unterzeichnet,
     dem Vorstandsvorsitzenden der drittgrößten Bank des Landes. Dort stand: »Ich habe volles Vertrauen in Felix Strange.« Ich
     hatte dem Mann vor ein paar Jahren in Las Vegas aus einer peinlichen Situation geholfen, die einen Aston-Martin-Oldtimer,
     einen Transsexuellen vor der Operation und eine Verkehrskamera einschloss. Wenn man ihn zur Bestätigung anrief, würde er nicht
     zögern, ein Loblied auf mich zu singen. Ich hatte noch immer die Fotos.
    »Was machen Sie für Mr Thorpe?«, fragte ich. Ich kannte die Antwort schon, aber die Art, wie er meine Frage beantworten würde,
     war mir wichtig.
    Lim nahm sich für die Antwort einen Moment lang Zeit. »Ich manage Risiken.«
    Ich lachte. Ich bin mir sicher, er managte Risiken weit weg von Thorpe, draußen vor der Tür und auf der Straße, auch wenn
     er dabei in einem Leichensack landete. Die schlechten Leibwächter waren kaum mehr als bezahlte Gangster. Diese Leute stolzierten
     bärbeißig herum, ließen ihre Muskeln spielen und glaubten, ihre Show werde potentielle Störenfriedeabschrecken, während sie doch einfach nur für alle lästig war. Die guten Leibwächter wirkten völlig unauffällig, solange alle
     sich amüsierten, und blieben im Hintergrund wie Skulpturen, die keinen Kommentar wert sind. Erst wenn jemand allzu

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