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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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denselben Punkt der Wand anstarrte, aber
     jetzt mit der Andeutung eines Lächelns im Gesicht. »In den Achtzigern ist unten im Keller ein Squash-Platz gebaut worden«,
     sagte Lim. »Heute wird der eigentlich nicht mehr benutzt. Er ist geräumig, gut beleuchtet, und keiner ist da.«
    Die Assistentin warf uns abwechselnd Blicke zu, als beobachtete sie ein Tennismatch. Wahrscheinlich machte sie sich eine falsche
     Vorstellung; die Wahrheit war wesentlich gefährlicher, selbst in diesen frommen Zeiten. Das Telefon auf ihrem Schreibtisch
     läutete. Sie fuhr zusammen und nickte Lim zu.
    »Die Pflicht ruft«, sagte ich. Lim gab auf einer Tastaturneben der Bürotür ein paar Ziffern ein und wies sich mit seinem Fingerabdruck aus. Die Tür öffnete sich mit einem Klicken,
     aber er rührte sich nicht. »Sie kommen nicht als Babysitter mit?«
    »Sie werden sehen, dass das nicht nötig ist.« Er ließ mich die Hand auf die Tür legen und fuhr dann mit leiserer Stimme fort:
     »Vielleicht ein anderes Mal, Mr Strange, wenn Sie Ihre Medizin genommen haben.«
    Für so früh am Nachmittag war es in dem Raum dunkel. Ein wenig Sonnenlicht drang an Vorhängen vorbei, die vor der Skyline
     zugezogen waren. Thorpe hockte im Licht einer Schreibtischlampe in einem Sessel und beobachtete, wie Aktienwerte über einen
     Monitor krochen. Die breiten Schultern, die ihm den Weg aus dem sozialen Brennpunktviertel von East Baltimore gebahnt hatten,
     waren noch nicht von den Jahren eines angenehmen Lebens verfettet, die seinem Bauch und seinem Gesicht anzusehen waren. Der
     graue Anzug, der seine Körperfülle mit Mühe bändigte, kam maßgeschneidert aus der Savile Row. Hängebacken, schwer und faltig
     wie ein Varieté-Vorhang, umrahmten Thorpes Gesicht, das wettergegerbter war, als für einen Sitzungssaal-Krieger seines Alters
     üblich. Die Hautfalten betonten seine Augen eher, als sie zu ertränken, zwei helle Lichter in einem glatten, dunklen Meer.
     Sein schwarzes Haar war zum Äquator seines Schädels zurückgewichen, und an den Schläfen war es weiß geworden.
    »Sie müssen meine Unhöflichkeit verzeihen, Mr Strange«, sagte Thorpe, ohne in meine Richtung zu sehen, »denn ich bin mir verdammt
     sicher, dass ich mich weder ändern noch entschuldigen werde.« Das leise Grollen seiner Stimme klang echt, es war nicht aufgesetzt,
     um zu seinem hartgesottenen Image zu passen.
    In der Hand hielt er den Brief, den ich ihm hochgeschickt hatte. »Sie kennen Greg gut?«, fragte er.
    Er wusste, dass ich nicht die Art Mensch war, die vom Chef einer großen Bank zum Dinner eingeladen wurde, und wollte sehen,
     was für eine Art von Beziehung wir hatten. Ich nahm den Köder nicht an. »Man könnte sagen, dass Mr Knight ein Bewunderer meiner
     Arbeit ist«, erklärte ich.
    »In Kürze erhalte ich einen Anruf aus Hongkong. Sie können Ihre Sache vortragen, während ich warte.« Er bot mir keinen Stuhl
     an.
    Ich hatte ungefähr fünf Sekunden, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, und so musste ich meine Trumpfkarte sofort ausspielen.
     »Man hat mich in einer Angelegenheit hierhergeschickt, die Ihren Sohn betrifft.«
    Thorpes Augen wurden schmal. Vielleicht war schon jemand wegen Schweigegeld hier gewesen. »Schließen Sie die Tür«, sagte er.
     »Bevor Sie fortfahren, Mr Strange, sollten Sie wissen, dass ich bei Erpressung altmodische Ansichten vertrete.«
    Thorpe gehörte zu jener Sorte mächtiger Männer, die ständig in Gerüchten und Verschwörungstheorien auftauchten. Bei meinen
     Recherchen war ich auf Seiten gestoßen, in denen darüber schwadroniert wurde, er habe unmittelbar vor Houston im großen Stil
     spekuliert oder er habe die Waffe geliefert, mit der Teheran zerstört wurde; außerdem sagte man ihm Beziehungen zu den Freimaurern
     und alle möglichen intriganten Aktivitäten nach. Ein Gerücht, das ich glauben konnte, betraf einen geschäftstüchtigen Fotografen.
     Er besaß angeblich Material darüber, dass Angestellte von einer von Thorpes Tochtergesellschaften junge Frauen in Angola kauften
     und verkauften wie Sammelkarten von Baseballspielern. Die Verträge zwischen Angola und den Vereinigten Staaten stellten sicher,
     dass die Soldaten und Auftragnehmer der U S-Regierung über dem einheimischen Gesetz standen, aber es wäre ein gewaltiger Schlag für Thorpes Ruf, wenn solchesMaterial ans Tageslicht käme. Mehrere christliche Gruppen missbilligten Menschenhandel sehr, und man konnte sich darauf verlassen,
     dass sie bis zum

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