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Den ersten Stein

Den ersten Stein

Titel: Den ersten Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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Gruppe von Männern an der Theke zu quälen.
    Iris schüttelte den Kopf. »Irgendetwas stimmt nicht. Junior hat immer dafür gesorgt, dass alle Welt wusste, was er so vorhatte.
     Er war nicht gerade der schüchterne Typ.« Iris’ Augen weiteten sich einen Moment lang, als ihr klar wurde, dass sie inzwischen
     schon in der Vergangenheitsform von ihm sprach.
    »Er hat sich aus der Stadt verkrümelt, um dem
Kreuzzug
aus dem Weg zu gehen, was auch immer der für ihn geplant hatte«, sagte ich. »Es ist nicht schwer, still und leise zu verschwinden,
     wenn man einen Vater hat, der einen eigenen Jet besitzt.« Inzwischen hatte ich begriffen, dass ihre Art, den Kopf schief zu
     legen, Skepsis bedeutete. »Nun, wo auch immer er sein mag, hier ist Junior jedenfalls nicht«, sagte ich. »Warum machen wir
     nicht Feierabend?«
    »Ich habe hier noch zu tun.«
    »Nein, hier nicht.« Ich hätte ebenso gut eine rote Fahne vor ihr schwenken können. Ich trat dicht zu ihr und ergriff ihren
     Arm, bevor sie weggehen konnte. »Für jemanden, der die unverheiratete Tante jedes Hilfskellners kennt, wissen Sie verdammt
     wenig darüber, wer dieses Lokal eigentlich betreibt.«
    »Ich habe Gerüchte gehört.«
    »Dann sollten Sie klug genug sein, die Finger vom Untergeschoss zu lassen.«
    »Ich lasse mich von Leuten wie ihm nicht einschüchtern.«
    »Gut für Sie. Was ist mit den Menschen, die Sie mit hineinziehen?«
    Iris sah mich nicht an, aber sie wehrte sich auch nicht gegen mich. Stattdessen lächelte sie jemanden an der Theke an, den
     ich nicht sehen konnte.
    »Ich kann Ihnen garantieren, dass einige dieser Trottel in der Woche nach Ihrer großen Pressekonferenz verschwinden werden,
     und der Rest wird die Botschaft kapieren.«
    Ihr Lächeln verblasste.
    »Vorausgesetzt, die finden nicht heraus, was Sie im Sinn führen, und bringen Sie vorher um.«
    »Ich gehe nach unten«, erklärte sie. »Sie können mir folgen oder heimgehen. Falls Sie sich mir in den Weg stellen, lasse ich
     Sie wegschaffen.«
    Ich ließ sie gehen.
    »Kommen Sie mit?«
    Ich missbrauchte den Namen des Herrn, aber ich folgte ihr. Die Rausschmeißer sahen uns scharf an, als wir näher kamen, aber
     Iris’ Sesam-öffne-dich-Lächeln ließ sie zur Seite treten.
    Im Gegensatz zur Bar war der Club unten tatsächlich ein Teil des Lagerhauses. Er befand sich in einem für das große Gebäude
     relativ kleinen Kellergeschoss mit Falltüren zum Hinauf- oder Hinuntertransportieren der Ware. Während der Prohibitionszeit
     war es dazu genutzt worden, Alkoholzu lagern, der von Kanada den Fluss hinunter verschifft worden war, und Einwanderer unterzubringen, die durch den Immigration
     Act von 1924 für unerwünscht erklärt worden waren. Hunderte von Menschen hatten sich hier wie Vieh gedrängt, und da sie verschiedene
     Sprachen sprachen, hatten ihre Hoffnungen und Ängste für die Nachbarn nicht anders als Tierlaute geklungen.
    Gerammelt voll war es hier immer noch, aber nun drängten sich hier nicht mehr die Elenden, sondern die Schaulustigen. Oben
     gab es Dutzende einfältige Tröpfe, die geradezu jemanden suchten, der ihnen ihr Geld abknöpfte, aber sie kamen niemals hier
     herunter. Ihr Geld war den Ärger nicht wert, den ihr loses Mundwerk einbringen würde, und die besondere Atmosphäre des Untergeschosses
     entstand durch eine Mischung aus Snobismus und abgestumpfter Blutgier.
    Um einen Boxring erhob sich eine Zuschauertribüne aus Aluminium, die während der Show unter den Bewegungen des Publikums quietschte
     und knarrte. Auf ihr saßen Angehörige aller gesellschaftlichen Segmente, solange sie nur vor Geld starrten. Drei Kongressabgeordnete
     hatten von den Lobbyisten an ihrer Seite Plätze in der ersten Reihe bekommen. Rapper rauchten große Zigarren, umgeben von
     einem Gefolge von Frauen und Speichelleckern. Capos aus verschiedenen Familien, die sich am Blut anderer gemästet hatten,
     saßen nebeneinander und redeten über Geschäfte, während ihre Freundinnen miteinander plauderten. Abgerundet wurde die Menge
     durch Gefolgsleute, Schleimer, Glamour-Prinzessinnen in spe und ganz normale Stinkreiche.
    Auf der Seite gegenüber der Treppe befanden sich eine Theke und ein paar Tische. Dort saßen überwiegend die Soldaten der Capos,
     spielten Karten oder lasen die Zeitung. Aus Achtung vor dem Besitzer des Clubs war dies einer der wenigen Orte in ganz New
     York, der nicht unter der Herrschafteiner einzigen Familie stand, neutrales Territorium, das den

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