Den Jakobsweg erfahren
Hund, der es sichtlich ernst meint, den Weg. Die junge
Halterin des Tieres, auch nicht direkt der Dusche entsprungen, kommt mit
einigen kleinen Kindern, die ähnlich schlecht gepflegt sind wie der Hund und
die Vorgärten der Häuser, genau in dem Moment, als ich mich gerade mit dem
Vierbeiner angefreundet habe, aus dem Haus.
Der bekommt von ihr ungefragt
einen Anranzer erster Güte. Sie lässt sich von mir dies bezüglich auch nicht
beruhigen und zitiert den Vierbeiner zurück auf die Terrasse. Dann erklärt sie
uns, ohne dass wir danach gefragt hätten, dass es nach Santiago in die andere
Richtung geht. Ohne den Hund wären wir sicher einige Kilometer in die falsche
Richtung gefahren. Danke.
Und dann geht es weiter. Auf und ab,
ab und auf. In der Ortschaft Brie haben wir den Jakobsweg verlassen, um in der
nahe gelegenen Stadt Angouleme nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu suchen.
Der Weg nach Angouleme führt durch ein riesiges Weinanbaugebiet. Wenn das mal
nicht wieder ein Zeichen ist.
Als wir die Stadt erreichen, geht
es über eine Strecke von einem Kilometer bergauf. Dann wieder herunter und in
die Richtung, wo die Hotels liegen sollen, steil bergan. Der kleinste Gang, der
27ste, will benutzt werden. Man könnte zwar auch schieben, aber fahren ist
anstrengend, doch immer noch leichter als schieben, denn die Radlerschuhe haben
Klickpedale und sind dadurch beim Gehen unvorteilhaft. Und unsportlich ist das
Schieben noch dazu. Also müssen wir da durch. Und das Ego will natürlich keine
Schwächen offenlegen. Einzig Timo, der etwas langsamer fährt als Siggi und ich
und sich daher im unserem „toten Winkel“ befindet, nutzt einen günstigen
Moment, um kurz abzusteigen und zu schieben. In dem Augenblick, als wir uns
besorgt nach ihm umsehen, setzt er sich schnell auf den Sattel und fährt dann
doch weiter. Anschließend geht’s erneut herunter. Wir befinden uns in einem
riesigen Gewerbepark mit extra großen Verkehrskreiseln und vierspurigen
Straßen. Um diese Uhrzeit scheinen wir die einzigen Menschen hier zu sein.
Das ausgewiesene ETAP – Hotel
haben wir bei dem ganzen Hoch und Runter offensichtlich verpasst. Wir wollen
auch nicht wieder zurück um danach zu suchen. Das ist zu anstrengend. In
unserer Ebene gibt es nur das Firstclass – Hotel. Die Inhaberin macht uns ein
super Angebot. Sie möchte 60 € für ein Zimmer zu dritt mit Frühstück und die
Fahrräder bekommen eine extra Suite, die gerade nicht belegt ist. So richtig
mit Teppich, Bett und weiteren Mobiliar. Wir haben schon ein schlechtes Gewissen,
weil die Räder nicht wirklich sauber sind. Sie fragt noch, ob wir den Schlüssel
für die Fahrradsuite haben möchten, aber wir Deppen verneinen. So hätte sich
einer von uns das Zimmer mit den Fahrrädern teilen können und nicht mit dem
Zustellbett vorlieb nehmen müssen. Aber es gibt ja die Wohlverhaltenspflicht.
Und die gilt, wenn man auf dem Jakobsweg als Pilger unterwegs ist, besonders.
Der Yorkshire – Terrier der
Inhaberin macht allerlei Faxen und muntert unsere müden Seelen wieder auf. Sie
erzählt uns, dass der Hund der Stern des Hotels ist. Der Stern des Hundes ist
aber offensichtlich nicht der einzige, denn es ist ja das Firstclass. Und das
ist wirklich gut. Als wir die Inhaberin nach einem geöffneten Laden, der uns um
diese Uhrzeit noch Wein verkaufen kann fragen, sagt sie, dass es dafür bereits
zu spät sei. Das war wohl nichts mit dem Zeichen.
Nach dem Duschen gehen wir zum
Essen in den nahegelegenen Buffalo – Grill, der uns von der netten Inhaberin
empfohlen wurde. Dort trinken wir zu lecker kurzgebratenem Fleisch natürlich
Bier. Die Kellnerinnen rennen sich beinahe einen Wolf, so groß ist der Durst.
Wohlig warm, satt und total müde
gehen wir nach dem Essen auf unsere Kammer und dann ist Nachtruhe angesagt.
130 gefahrene km, gesamt 331,5 km
7:53 gefahrene Zeit, gesamt 78:15
Std.
16,8 km/h
Durchschnittsgeschwindigkeit
02.05.2012
Mittwoch
Tag 12
Angouleme (F) – Libourne (F)
Um 07:00 Uhr heißt es Wecken.
Runter von der Matte und rein in die Klamotten. Draußen sieht es aus, als wenn
es wieder schön wird. Nach dem Frühstück lassen wir uns von der Inhaberin den
Weg zu einer Fahrradwerkstatt erklären. Sie spricht zum Glück perfektes
Englisch. Die Werkstatt befindet sich in unmittelbarer Nähe. Timos Rad ist, als
er es aus der Suite holt, nämlich schon wieder platt, daher schiebt er dahin.
Der hat es jetzt endgültig satt und will nun richtig investieren.
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