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Den Jakobsweg erfahren

Den Jakobsweg erfahren

Titel: Den Jakobsweg erfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Frömmert
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eine
Französin mit „Bien Courage“ an. Sie erzählt mir dann, dass sie im letzten Jahr
in Holland eine Radtour gemacht hat. Sie meint, dass es dort zwar flach ist
aber man ständig Gegenwind hat. Hingegen sei es hier windstill, dafür gehe es
aber ständig rauf und runter. Wie recht sie hat.
    Nach 30 km haben wir den Jakobus
wiedergefunden und machen daher an einer Kirche eine Pause. Wir sind wieder auf
dem rechten Weg. Ich verteile eine Banane für Siggi und für mich, Timo isst zur
Zeit lieber Apfelsinen. Großzügigerweise gebe ich Siggi die mit dem Aufkleber.
Ich erzähle, dass ich mich mit meinen Brüdern in meiner frühsten Kindheit um
die mit dem blauen Chiqui...-Aufkleber fast gehauen habe weil jeder von uns
darauf total scharf war. Wir lachen und freuen uns wie kleine Kinder. Da das
Navi aufgrund der teilweise fehlenden Karte heute eher unzuverlässig ist,
halten wir nach den Jakobsmuschelaufklebern der französischen
Jakobusgesellschaft Ausschau. Das ist spannend wie Ostereier suchen meint
Siggi, denn die sind manchmal auch so gut versteckt wie die Muschelsymbole.
    In dem Ort Cadillac, nach etwa 60
Kilometern, machen wir direkt an der Hauptstraße eine Pause. Dort steht eine
Parkbank unter Platanen, die gerade ihre ersten Blätter zeigen. Gegenüber ist
ein Bäcker. Da es hier Kuchen und Brot gibt, heißt so ein Laden in Frankreich
Boulangerie & Patisserie.
    Der Akku meines Handys ist, warum
auch immer, auch schon fast leer. Da kommt mir die Idee, dort mal zu fragen, ob
ich es einen Moment laden darf. Laden heißt ja „charge“ auf Englisch. Das wird
in Frankreich bestimmt ähnlich sein. Also gehe ich hinein und bitte die
Verkäuferin mit einem „charge s.v.p.“ und dem Zeigen auf Ladegerät und Handy.
Sie scheint zu verstehen, denn sie sagt „Ah, charger“, nimmt die Sachen und
steckt das Ladegerät in die Steckdose. Alles läuft, man muss eben nur auf die
Leute zugehen. Dann lacht mich so ein Aprikosenkuchen (so eine Art Blätterteig)
an, der in den Auslagen liegt. Da ich die Gemeinschaftskasse hüte, beschließe
ich Kraft meines Amtes, dass es für jeden ein Stück gibt. Hoffentlich mögen die
beiden auch Aprikosen, denke ich noch so, aber egal. Sie packt den Kuchen in
eine kleine Kuchenschachtel und so gehe ich zu meinen Pilgerbrüdern, die auf
der Parkbank warten. Als ich die Schachtel öffne, ist das fast wie Weihnachten.
    Siggi meint, dass der Kuchen so
lecker ist, dass Sahne darauf das ganze Geschmackserlebnis zerstören würde. Wie
Recht er hat. Aber das Erlebnis ist jäh zu Ende, denn der Kuchen ist für unsere
Genusssucht viel zu klein. Also gehe ich mit dem leeren Karton noch einmal
hinein und es gibt noch einmal „trois s.v.p.“.
    Als die auch vertilgt sind und das
Handy genügend Ladung für den Rest der Strecke hat (es zeigt zwar heute nicht
immer an, wo wir sind, aber es zeichnet ja zusätzlich unsere gefahrene Strecke
noch auf), geht es weiter.
    Die Fahrt bereitet zunächst keine
großen Probleme. Es wird zusehends ebener. Nur noch ab und an kommt eine
Anhöhe, die erobert werden will. Statt dessen hat sich uns ein neuer Gegner
vorgestellt, die Hitze. Man ist ja nie wirklich zufrieden. Erst meckert man
über den Regen und die Kälte, dann bekommt man gutes Wetter und schon ächzt man
über die Hitze. Aber Radfahren bei 32 Grad mit Gepäck ist einfach zu viel.
    Bei ca. 100 Kilometern machen wir
an einem „Tabac“-Laden eine Pause. Das sind so „Tante-Emma“ Läden, wo man alles
bekommt. Wir brauchen gerade eine eiskalte Cola. Beim Bezahlen fragt uns die
Kassiererin, ob wir auf dem Weg seien und ob wir einen Stempel in unsere
Pilgerausweise haben möchten. Klar wollen wir. Also schnell die Credenciales
geholt und das begehrte Siegel abgestaubt. Auf dem Stempel steht, dass es nur
noch 1000 km bis Santiago de Compostela (SdC) sind.
    Als wir dann das gerade erworbene
Getränk durch unsere durstigen Kehlen laufen lassen, überlegen wir, dass es heute
wahrscheinlich wieder spät wird, bis wir eine Unterkunft finden, denn so etwa
30 Kilometer sollten noch vor uns liegen. Also noch einmal in den Laden und die
obligatorischen 3 Flaschen Wein (roter Bordeaux) geholt.
    Draußen angekommen bemerken wir,
dass ja auch noch Brot fehlt, also noch einmal rein. Dann ist endlich alles
geregelt und es kann weiter gehen. Es sollte sich als außerordentlich schlau
erweisen, dass wir schon hier alles besorgt haben.
    Die Fahrt geht schnurgerade durch
kürzlich neu aufgeforstete Landschaften, die

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