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Den Jakobsweg erfahren

Den Jakobsweg erfahren

Titel: Den Jakobsweg erfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Frömmert
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Neue
Schläuche und neue Mäntel soll es geben, denn so kann das nicht weitergehen.
Das Gepäck lassen wir im Hotel.
    Die Werkstatt, eine richtige
Hitec-Fahrradschmiede, macht aber erst um 09:00 Uhr auf. Glücklicherweise ist
heute ein normaler Werktag. Also stehen wir in der heißen Morgensonne und
warten. So können wir es gut aushalten. Hoffentlich hat hier heute jemand Zeit
für uns.
    Man hat. Als wir die neuen Mäntel
(etwas schmaler, damit ist man etwas schneller) und Schläuche ausgewählt
hatten, zentriert der Mechaniker noch das Hinterrad und zieht alles neu auf.
Wir kaufen noch eine neue Luftpumpe, Öl für unsere Kettenpflege und einen
weiteren Ersatzmantel, denn mein Mantel hat ja eine große Schadstelle. Das ist
schlau, weil man weiß ja nie, was noch so kommt...
    Dann fahren wir drei zurück zum
Hotel und satteln unsere Stahlrösser. Der netten Frau hinter der Rezeption habe
ich zum Abschied gesagt, dass uns der Himmel zu ihr geleitet hat, denn hier
haben wir alles in Reichweite gehabt, was wir gebraucht haben: Ein super Hotel,
ein Restaurant, eine Fahrradwerkstatt und einen Supermarkt. Sie ist sichtlich
gerührt.
    Um 10:00 Uhr geht es weiter. Aber
bevor es richtig los geht, kaufen wir für den Tag noch schnell ein. Timo und
Siggi machen das allein und ich bleibe bei den Fahrrädern. Wie ich da so stehe,
kommt ein älterer Mann auf mich zu, begrüßt mich und gibt mir die Hand. Er
fragt nach dem Woher und Wohin. Ich erkläre mit einigen französischen Worten.
Er fragt, wieviel Monate wir unterwegs sein werden und ich stammele, dass wir
etwa vier Wochen (quatre semaines) veranschlagt haben. Er gibt mir dann zu
verstehen, dass er den Jakobsweg gegangen ist. Seinen weiteren Ausführungen
kann ich leider nicht folgen. So verabschieden wir uns freundschaftlich und er
wünscht mir alles Gute und einen „Buen Camino“.
    Mittlerweile werden wir in der
Fremde schon fast wie Freunde behandelt. Wie an jedem Morgen wird noch schnell
die Route der Bocholter Radsportgruppe geladen und die eigene
Routenaufzeichnung gestartet. Wir wollen ja im Nachhinein sehen, wo wir
tatsächlich gefahren sind.
    Die Route der Bocholter beginnt
jedoch erst in Dignac. Also peilen wir nach der Sonne und Siggis Aldi-Frankreichkarte
grob die Richtung und machen uns auf. Es soll möglichst auf dem kürzesten Weg
zum Startpunkt der Bocholter gehen. Dies gelingt uns auch ganz gut. Siggi, der
mit seinem Nacken seit Tagen so seine Probleme hat, kauft in einer Apotheke
noch Ibuprofen. Er sagt, dass er fast kein Gefühl in den Fingern hat. Ich hatte
ihm vor ein paar Tagen von meinen Ibuprofen-Tabletten gegeben. Damit ist es
zumindest nicht schlimmer geworden. Doch die neigen sich nun langsam dem Ende
entgegen.
    Die ersten 70 Kilometer sind ein
ständiges Auf und Ab. Pausen machen wir bei 30, 60 und 90 Kilometern. Die
Temperatur steigert sich auf beachtliche 27 Grad. Das zehrt mächtig an den
Kräften. Aber es läuft. Auch Timo hält jetzt das Tempo. In einem kleinen
schnuckeligen Ort, der mit „A“ anfängt (ich kann mir die Namen einfach nicht
merken), beschließen wir, die Kirche zu besichtigen.
    Aus einem altertümlichen Citroen –
Lieferwagen (Wellblech) a la Ente, zeigt uns der Beifahrer aus der geöffneten
Seitenscheibe den erhobenen Daumen am weit ausgestreckten Arm. Wenig später
hält ein älterer Herr mit seinem Auto an und wünscht uns viele gute Kilometer.
    Bei 100 Kilometer habe ich dann
eine Panne. Am Ende einer langen und steilen Gefällstrecke, nach der wir rechts
abbiegen wollen, entweicht meinem Hinterrad schlagartig die Luft. Es hätte böse
enden können, denn die Abfahrt war zunächst sehr schnell gewesen. Im Auslaufen,
als die Luft entweicht, ist die Geschwindigkeit zum Glück relativ langsam. So
kann ich das Fahrrad gut kontrollieren. Jetzt kommt der Mantel, den wir in
Angouleme als Ersatz gekauft haben, zum Einsatz. Die Hände sind zwar schwarz,
aber es kann weitergehen.
    Um 19:30 Uhr kommen wir in
Libourne an. Wir sind wieder einmal ziemlich gar. Im Etap – Hotel scheint eine
Polizeiabteilung ihr heutiges Quartier bezogen zu haben. Auf dem Parkplatz sind
einige Dienstfahrzeuge geparkt und auf den Bänken vor dem Hotel sitzen
uniformierte Beamte, die sich unterhalten.
    Der Inhaber ist der erste
Franzose, der uns quer kommt. Er ist unfreundlich und lässt durch einen ihm
Bekannten übersetzen, dass wir aus Sicherheitsgründen mit drei Erwachsenen kein
Dreierzimmer beziehen dürften. Als wir anmerken, dass das bislang

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