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Den Jakobsweg erfahren

Den Jakobsweg erfahren

Titel: Den Jakobsweg erfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Frömmert
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irgendwann wieder einmal Wälder
werden wollen. Ein großer Waldbrand hat hier offensichtlich alles vernichtet.
Das Niemandsland scheint hier zu beginnen.
    Seit einigen Tagen, so mit dem
guten Wetter, hört man überall das Surren der Zikaden. Eine sich auf der Straße
sonnende Eidechse flüchtet vor meinem Rad. Dabei fällt mir gerade ein, dass ich
gestern Abend, kurz nach meiner Reifenpanne, gesehen habe, wie ein Pkw eine
ziemlich große, die Straße querende Kakerlake überfahren hat. Am Straßenrand
liegt eine tote Kreuzotter. Kurz danach sehen wir ein Rehbock und eine Ricke,
die frisches Gras äsen. Als sie uns kommen sehen, nehmen sie schnell Reißaus.
    So weit das Auge reicht, geht die
Straße schier endlos geradeaus.
    Man nimmt die Natur schon ziemlich
intensiv wahr und doch entgeht einem so viel. Zu dritt sieht aber immer einer
etwas, das sich lohnt, beachtet zu werden.
    Immer noch geht es weiter durch
eine kahle Landschaft weiter und weiter geradeaus. Es sollte hier „gleich“ dann
aber doch mal nach rechts in Richtung Labourheyre abgehen. Und irgendwann geht
es tatsächlich nach rechts ab (Handy-Navi funktioniert wieder).
    Einige Kilometer weiter, so um
20:00 Uhr erreichen wir nach einigen, aber absolut nötigen Pausen, Labourheyre.
Im einzigen Hotel im Ort bekommen wir eine Abfuhr. Die Inhaberin sitzt im
Speiseraum sichtlich relaxt mit dem Rücken an eine Wand gelehnt auf einen
Stuhl. Die Beine sind weit von ihr gestreckt. Meine höfliche Frage nach einem
Zimmer für drei entgegnet sie schroff mit niederländischen Akzent:
„completed!“. Als ich sie dann auf Englisch frage, ob es in der Nähe eine
andere Herberge gibt, meint sie nur abweisend, dass dies das einzige Hotel in
der Gegend sei. Na super!
    Als ich mit bedrückter Miene nach
draußen komme, wo Timo und Siggi warten, glauben sie natürlich sofort an einen
Scherz meinerseits, als ich ihnen das erzähle. Sie hätten auch richtig liegen
können, nur eben heute nicht. In Anbetracht unserer körperlichen Verfassung
hätte ich sowieso davon abgesehen, denn man hätte womöglich erschlagen werden
können, bevor man den Scherz aufgedeckt hätte.
    Also suchen wir in dem
menschenleeren Ort weiter. In einer Sportsbar sitzen noch einige Leute und
löschen ihren Durst. Als wir dort vorbeikommen, schlage ich vor, dass wir das
Geld, das wir für die Unterkunft gebraucht hätten in Getränke umsetzen und dann
auf einer der am Marktplatz stehenden Parkbänke schlafen. Das finden die
Mitpilger aber nicht lustig.
    Statt dessen nötigen sie mich dort
nach einem Hotel oder ähnlichem zu fragen. Die Bedienung spricht mit den
anwesenden Gästen allerlei. Dann als etliche Vorschläge von ihr gefiltert sind,
rät sie mir zum „Maison blanche“ zu fahren. Ich verstehe nur Bahnhof. Blanche
ist weiß, so meine ich, aber was heißt Maison?
    Im hinausgehen höre ich noch
einige Male „Maison blanche“, „Maison blanche“. Wir fahren langsam an der
nächsten Ecke rechts und dann links. So könnten die Gäste den Weg beschrieben
haben. Auf der rechten Seite an der nächsten Straßenecke steht ein weißes Haus
mit rotem Fachwerk. Wir sind schon fast vorbei gefahren, als ich meinte, an der
Fassade eine blaue Fliese mit dem Jakobsmuschelsymbol gesehen zu haben. Wir
drehen noch einmal und tatsächlich, eine Jakobsmuschel. Hier sind wir bestimmt
richtig.
    Im Garten sitzen einige Personen
bei Tisch. Als ich mich für die Störung entschuldige und nach einer Unterkunft
frage, kommen wir ins Gespräch. Ich erzähle, dass wir mit dem Rad nach SdC
fahren. Aus dem Garten erwidert man stolz: „Wir gehen den Jakobsweg!“. Es gibt
für einige also Unterschiede. Egal.
    Dann erscheint ein kleiner älterer
Mann, der sich als Jean vorstellt. Jean hat graue Haare und einen ebenso grauen
Vollbart. Er trägt Birkenstocksandalen und hat eine Strickweste an. Jean ist
sehr freundlich und erklärt uns, dass sein Haus schon mit Pilgern voll ist.
Dann streicht er sich nachdenklich immer wieder durch den Bart. Die Spannung
steigt und steigt, denn es wird schon dunkel. Einige Minuten später erzählt er
von einem Gemeindehaus. Dort stünden jedoch nur 2 Betten. Er scheint sich um
den übrig bleibenden Dritten Sorgen zu machen. Als ich ihm unsere Schlafsäcke
und Isomatten zeigte, meint er, ist das für ihn ok.
    Es gibt es für ihn kein Halten
mehr. Er bricht das Abendessen ab, obwohl wir ihm mehrfach sagen, dass wir Zeit
haben und ihn bitten, in Ruhe zu Ende zu essen. Er habe ohnehin

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