Den Jakobsweg erfahren
mitunter heftiges Magendrehen...
21.04.2012
Samstag (Tag „X“)
Tag 1
Biene – Rees
Um 07:30 ist mein Fahrrad endlich
gepackt. Die Nervosität ist so hoch, als wenn man zu einer Weltumseglung
aufbrechen würde. Meine Frau Marion und ich warten die Zeit bis zur endgültigen
Abfahrt auf der Terrasse ab. Auf einen Abschied in der Menge wollen wir lieber
verzichten.Wir nehmen einander in den Arm und drücken uns. Es sollte für Wochen
das letzte Mal sein. Dann rollen doch noch ein paar Tränen. Sie gibt mir noch
einen Stein in die Hand, der mich unterwegs an sie erinnern soll und dann
trennen sich unsere Wege. Ich fahre zu Timo, wo wir die Räder noch einmal
checken wollen und sie zur Kirche, wo wir anschließend von der Gemeinde
verabschiedet werden.
Als ich bei Timo ankomme, ist
Siggi schon da. Die beiden haben ihre Reifen schon mit seinem Kompressor auf
Betriebsdruck gebracht. Dann ist auch mein Rad dran, damit wir uns auf dem Weg
nicht so quälen müssen. Meinen Helm habe ich in der Hektik zu Hause auf dem
Terrassentisch liegen lassen.
Kettenöl, Silikonspray,
Ersatzbremse und weitere Ersatzteile liegen bereits in den Tiefen meiner
Satteltaschen. Ich versuche vergeblich jemanden dazu zu bewegen, dass mir einer
davon etwas abnimmt. Jeder hat so ca. 13 bis 14 Kilo Gepäck an seinem Rad
gezurrt. Da will natürlich keiner mehr als nötig mit sich schleppen. Dann
bleibt es eben bei mir denke ich. Ich habe mir den Luxus gegönnt und meine
elektrische Zahnbürste nebst Ladegerät mitgenommen. Da kommt es auf ein paar
Gram mehr auch nicht mehr an. Bei mir zu Hause halte ich noch kurz an und hole
meinen Helm. Marion ist zwischenzeitlich schon zur Kirche gefahren. Dahin
fahren wir nun auch. Wortlos. Die Anspannung und Unruhe in uns ist spürbar.
Pünktlich um 08:00 Uhr kommen wir
am Kirchenvorplatz an. Dort haben sich ca. 40 Freunde und der Pastor eingefunden,
um uns zu verabschieden, bzw. uns den Reisesegen zu geben. Von unseren Freunden
bekommt jeder von uns einen gesegneten Christophorus, der während der Reise auf
uns achtgeben soll. Wir bedanken uns und befestigen ihn an unsere
Lenkertaschen. Durch sein leises Klimpern wird er uns beim Fahren ständig an
die Lieben daheim erinnern. Die vielen gut gemeinten Wünsche werden mir schon
fast zu viel. Ich will nun einfach los.
Gegen 08:30 Uhr ist es dann
endlich soweit. Auf dem Handy wird die Navigations-App gestartet und dann heißt
es Abfahrt. Die ersten Kilometer fallen mir richtig schwer. Wir haben gehörigen
Gegenwind und Regenschauer mit Temperaturen um 10 Grad runden das Bild ab. Die
vom Fahrradroutenplaner – App Naviki ausgearbeitete Strecke ist mal wieder
super. Sie führt uns am Golfplatz Lingen vorbei, entlang des Nato –
Abwurfplatzes „Nordhorn Range“ über Nordhorn nach Denekamp. Zwischendurch
machen wir nach 25 km an einer Schutzhütte am Ems-Vechte-Kanal unseren ersten
Stopp. Musik von Helene Fischer wird an Timo’s Handy angestellt, und nun läuft
es schon gleich viel besser.
Relativ schnell haben wir unsere
erste Ländergreze erreicht. Der Gegenwind zerrt jedoch mächtig an unseren
Kräften. Als wir nach der Ortschaft S’Herrenberg wieder die deutschen Boden
unter unseren Reifen haben, wird deutlich, dass mir bei der Routenplanung ein
Fehler unterlaufen ist. Als Ziel wurde nämlich nicht die Adresse des von mir
gebuchten Hotels „Jonkhans“ in Millingen, sondern „Rees, S’Herrenberger Straße“
eingegeben.
Bis zu unserem Hotel in
Millingen/Rees sind es jetzt aber noch 15 km. Als wir an einer Tankstelle nach
dem Weg fragen, empfiehlt eine nette Autofahrerin den schönen Weg auf dem Deich
zu nehmen. Wir sind bei Regen, Gegenwind und Eiseskälte für optische Reize jedoch
nicht mehr empfänglich und wollen daher die Straße nehmen. Da in meiner
Navigation das Ziel nicht gespeichert wurde, ist die blaue Linie, die bislang
die Route vorgegeben hat, nach dem Übertritt der Grenze verschwunden.
Daher startet Timo auf seinem Handy
die Straßennavigation und die weist uns den Weg zu unserer Gaststätte. Auf dem
Weg dahin bekommen wir zum Abschluss noch richtig das Fell nass. Dort
angekommen werden die Fahrräder in einem Nebenraum einer überdachten Terrasse
abgestellt und von unserem Gepäck befreit. Dann gibt es erst einmal eine Runde
Bier und noch und noch eine. So in den nassen Sachen wird uns aber doch kalt
und wir beziehen erst einmal unser Dreipersonenzimmer. Nach dem Duschen und
Aufbrezeln bleibt für mich noch etwas Zeit, um das
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