Den Jakobsweg erfahren
man nur beim
Kellner. In allen möglichen anderen Sprachen sind Speisekarten am Tisch.
Er ist Fußpilger und berichtet,
dass er im letzten Jahr einen Schlaganfall bekommen habe. Die Krankheit habe
ihm sehr zugesetzt und er sei zunächst einseitig völlig gelähmt gewesen. So
habe er beschlossen, den Jakobsweg zu gehen, wenn er wieder halbwegs fit werden
würde. Als er nach monatelanger harter Arbeit an sich selbst wieder in der Lage
ist, ohne Hilfsmittel zu gehen, berichtet er seinem Hausarzt von dem Vorhaben.
Der spricht ihm spontan „Mut“ zu. 5 Kilometer könne er am Tage wohl schaffen.
Der Mann plant nun seinen Pilgerweg anhand dieser Empfehlung und kommt 42 Tage
früher als erwartet hier an. Er hat nun seine Frau gebeten mit ihm hier Urlaub
zu machen. Sie habe sofort zugesagt.
Als er dann aufsteht und
davongeht, ist ihm seine Behinderung deutlich anzusehen. Respekt.
Gestärkt mit leckerem Essen und
ein paar Bier, besuchen wir mit Frans das Rockkonzert. Musik und einige weitere
Biere versüßen den Abend. Anschließen tingeln wir noch durch einige Kneipen.
Frans erzählt, dass er morgen noch nach La Coruña fahren wird und dann sein
Fahrrad bei einem niederländischen Bringdienst abgibt. Die Transportieren das
Rad für 150€ bis zu ihm nach Hause. Als ich ihm sage, dass wir die Räder für 50
€ mit in Flugzeug mit nehmen, meint er, dass er das auch so hätte machen
können. Da er jedoch noch weiter durch Südspanien ohne Rad weiterreisen will,
gab es für ihn keine andere Möglichkeit, als die von ihm gewählte, denn
Gepäckstücke dürfen nur mit dazugehörigen Passagier reisen.
Nach schönen gemeinsamen Stunden
verabschieden wir uns von ihm und gehen „nach Hause“. Ein Supertag.
55,5 gefahrene km, gesamt 2601 km
4:49 gefahrene Zeit, gesamt 164:52
Std.
11,7 km/h
Durchschnittsgeschwindigkeit
19.05.2012
Samstag
Tag 29 (Ruhetag 1)
Santiago de Compostela (E)
Diese himmlische Ruhe am Morgen
ist einfach göttlich! Wir drehen und immer wieder um, bis einer die Nerven verliert
und auf seinem Handy die Helene Fischer Kollektion startet. Dann wird nach und
nach das Bad gestürmt. Für die anderen ist noch Zeit sich umzudrehen. Nachdem
wir alle gestriegelt sind, müssen wir erst einmal einkaufen gehen, denn wir
haben nichts essbares. Der gestrige Tag war dafür eindeutig zu kurz.
Es regnet. Gut, dass wir schon
gestern angekommen sind. Sonst wären wir im Dauerregen angekommen. Und wir
hätten das tolle Konzert gestern verpasst. Alles richtig gemacht. Auf der Suche
nach einem Supermarkt gehen wir ziellos durch das Zentrum von Santiago. Das
Erste, das wir finden, ist ein Bäcker. Damit das Brot durch den Regen nicht
unnötig aufweicht, merken wir uns den Weg zum Bäcker und suchen weiter.
Schließlich fragen wir uns durch, denn in die Richtung zu gehen, aus der die
meisten Leute mit Plastiktüten herkommen, wie es Siggi vorgeschlagen hat, hört
sich zwar gut an, ist aber nicht wirklich zielführend. Und nicht zu vergessen,
im Bauchraum ist ein deutliches Knurren zu spüren.
Endlich am Supermarkt angekommen,
kaufen wir mit unseren hungrigen Mägen reichlich Bewährtes ein. Beim Bezahlen
an der Kasse bekommen wir Lose. Der Hauptgewinn ist eine Kreuzfahrt. Wir
stellen jedoch fest, dass wir in Deutschland kaum bemerken werden, ob wir den
Hauptgewinn in den Händen haben, weil die Ziehung erst in einigen Wochen
stattfindet. Darum verschenken wir sie an den Erstbesten, der aus dem Markt
kommt. Zufälligerweise ist es eine Dame, die sich herzlich bedankt. Die gute
Tat für heute haben wir also wieder einmal geleistet. Auf dem Rückweg hätten
wir beinahe vergessen, vom Bäcker Brot mitzunehmen. Als endlich alles beisammen
ist, kehren wir nach Hause zurück und bereiten uns ein fürstliches Frühstück.
Wir beeilen uns, denn es ist Zeit,
zur Kathedrale zu gehen. Die Pilgermesse beginnt um 09:30 Uhr. In der ist bei
unserem Eintreffen so gegen 09:00 Uhr noch nicht sehr viel los. Wir bekommen
einen Sitzplatz mit frontalem Blick auf den monumentalen Altar. Hinter uns
sitzt ein Mann mit seiner erwachsenen Tochter, die auch aus Deutschland kommen.
Als sie merken, dass wir das gleiche Heimatland haben, sprechen sie uns an.
Sie machen hier Urlaub und wollen
sich in diesem Zuge die heilige Stätte ansehen. Als wir ihnen von unserer
Pilgertour berichten, sind sie völlig begeistert und löchern uns mit weiteren
Fragen nach unseren Erlebnissen. Unsere Berichte sind wohl auch ohne viele
Worte fesselnd. Dann kommt die
Weitere Kostenlose Bücher