Den lass ich gleich an
ertappt. »Na ja, ich habe mich mal richtig ausgeruht. Ist schön hier, nicht?«
Lotte gähnte. »Superschön.«
Müde wankten sie zum Hotel zurück. Als sie an der Rezeption vorbeikamen, winkte der blonde junge Mann Lulu zu sich.
»Ich hab da was für dich«, sagte er grinsend.
O nein, durchfuhr es Lulu. Hatte er Alex doch noch gefunden?
Aber der junge Mann schwenkte eine Zimmerkarte. »Zufällig ist gerade die Hochzeitssuite frei geworden. Ich habe euer Gepäck schon rüberbringen lassen.«
Lulu traute kaum ihren Ohren. »Wie war das?«
»Kleine Aufmerksamkeit des Hauses«, erwiderte der Rezeptionist. »Natürlich völlig unverbindlich.«
Noch kam Lulu die Sache nicht ganz geheuer vor. »Und womit habe ich das verdient?«
Der junge Mann griente. »Ach, man macht sich so seine Gedanken. Ich erlebe hier den ganze Tag die kleinen Dramen des Lebens. Und manchmal kann ich eben ein bisschen Schicksal spielen.«
Ungläubig nahm Lulu die Karte in Empfang. Ein Wunder war geschehen.
Es war nicht das einzige Wunder dieses Tages. Urlaubslektion Nummer sieben: Manchmal durfte man seinem Schicksal vertrauen. Das hatte nämlich beschlossen, Lulu nicht nur einen Traummann, sondern auch eine traumhafte Suite zu bescheren. Es war kaum zu glauben, dass es so etwas in diesem Hotel gab.
Andächtig betrachtete Lulu das Wohnzimmer. Es war ganz in Gelb- und Terrakottatönen gehalten und mit einer Kuschelcouch und einem Esstisch möbliert. Die Wände waren mit Strandmotiven bemalt. Messinglampen mit elfenbeinfarbenen Seidenschirmen verbreiteten ein sanftes Licht.
Daneben erstreckte sich ein weitläufiges Schlafzimmer mit einem riesigen Doppelbett, das übersät war von pastellfarbenen Satinkissen. Von dort aus ging man wahlweise in ein Ankleidezimmer oder in das Marmorbad mit zwei Waschbecken und einer runden Badewanne.
»Ist das alles für uns?«, fragte Lotte.
»Nee, nur für dich«, antwortete Lulu und nahm Lotte in den Arm. »Wäre aber nett, wenn ich dir Gesellschaft leisten dürfte.«
In dieser Nacht saß Lulu wieder auf dem Balkon. Doch diesmal genoss sie einen überwältigenden Panoramablick auf das Meer. Ein leichter Wind kam auf und spielte in ihren Haaren. Sie hatte sich eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank genommen und trank in kleinen Schlucken davon. Lotte schlief längst im Kingsize-Bett und murmelte im Schlaf vor sich hin. Sicherlich träumte sie von Teddy und Freddy.
Tief atmete Lulu den Duft der Meeresbrise ein. Konnte ein einziger Tag das ganze Leben ändern? Sie wusste es nicht. Im Licht der Strandbeleuchtung kräuselten sich die Wellen, und manchmal tanzten darauf kleine Schaumkronen des Glücks.
Das Handy klingelte. »Süße, ich mache mir Sorgen«, drang eine muntere Stimme an Lulus Ohr. »Was ist passiert? Hast du den Depri? Läuft was an der Männerfront? Brauchst du eine Schulter zum Ausweinen?«
Seufzend lehnte Lulu sich zurück. »Hallo Sabrina, wieso rufst du mitten in der Nacht an?«
»Nachrichtensperre geht gar nicht«, erwiderte Sabrina knapp. »Spuck’s aus: Tut sich was, das ich wissen sollte?«
Wie immer hatte Sabrina ins Schwarze getroffen. Ihr konnte man nichts vormachen. Sie hatte den Spürsinn eines Polizeihunds, wenn es um das Gefühlsleben ihrerFreundin ging. Dennoch war Lulu entschlossen, die wunderbaren Neuigkeiten erst einmal für sich zu behalten.
»Nein, nein«, antwortete sie gedehnt. »Dies ist ein Familienhotel. Die Mama-Papa-Kind-Welt. Und ich bin hier der Alien vom Dienst.«
»Dafür klingst du aber verdächtig gutgelaunt«, widersprach Sabrina.
»Das muss an der Sonne liegen«, sagte Lulu.
»Da läuft doch was«, beharrte Sabrina auf ihrer Intuition.
Aber Lulu hielt dem Verhör stand. »Nix, nada und niente.«
»Na dann: Ciao, tschüssi und bye-bye«, erwiderte Sabrina beleidigt und legte auf.
Lulu nahm einen Schluck Wein. Morgen früh würde sie Alex sehen. Warum hatte sie sich eigentlich keinen neuen Bikini gekauft? Weil es ein Vorschlag ihrer Mutter gewesen war? Im Grunde war sie immer noch in der Trotzphase. Gills Besserwisserei ging ihr gewaltig auf die Nerven, so sehr, dass sie immer das genaue Gegenteil tat. Vielleicht sollte sie mal erwachsen werden. Immerhin brachten sie diese Überlegungen auf die Idee, ihre Beine zu rasieren und den schadhaften Nagellack auf ihren Zehen auszubessern.
Als das Handy ein weiteres Mal klingelte, wollte sie das Gespräch schon wegdrücken, doch dann sah sie, dass es nicht Sabrina war, sondern Philipp. Um diese
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