Den letzten beißt das Schwein
baute sich vor dem Fenster auf und starrte nach draußen.
Ich hatte nicht erwartet, dass er zusammenbrechen und seine Schuld gestehen würde, aber ein Unschuldiger verhielt sich anders.
»Alle deine Kinder«, behauptete ich, obwohl ich keinen blassen Schimmer hatte.
Bär drehte sich um. »Willst du damit sagen, ich kann niemandem trauen? Vielleicht sollte ich wegfahren, bis du das Arschloch gefunden hast. Selbst wenn ich bei Erikas Tod meine Finger im Spiel gehabt hätte, wäre das allein meine Sache. Ich musste schließlich mit der Frau leben, niemand anders.«
Eine krude Logik. Oder ein Geständnis?
Ein Knall ertönte.
Rexforths Gesicht verzerrte sich vor Schmerz, er riss die Augen auf und wankte.
»Günter!« Ich stürzte zu ihm. Sein weißes Hemd färbte sich rot.
»Ich habe es nicht anders verdient«, nuschelte er, bevor er auf den Boden schlug.
Rasch kontrollierte ich seinen Puls. Keine Regung. Da hatte das Jüngste Gericht sein Urteil gefällt. Vorsichtig blickte ich aus dem Fenster. Da es mittlerweile dunkel war, konnte ich nichts erkennen. Nur verschiedene Nuancen von Schwarz.
Mit gebotener Vorsicht schlüpfte ich durch den Hinterausgang, schlich ums Gebäude herum und spähte um die Ecke. Und tatsächlich: In der Hofmitte am Brunnen konnte ich eine Person ausmachen. Leider schlummerte meine Waffe zu Hause in der Schublade.
»Gib auf, das Spiel ist aus«, rief ich mit kräftiger Stimme. »Ich bin bewaffnet, und die Polizei ist schon unterwegs.«
Keine Antwort. Ein hartnäckiger Gegner, dachte ich. Die Person stand noch immer wie versteinert am Fleck. Sie hielt etwas in der Hand. Eine Waffe? Es musste das Adrenalin gewesen sein: Todesmutig sprintete ich zu dem Schützen. Ein gebrochener Mensch, dem die Tränen die Wangen herunterliefen: Lisa!
»Warum, Lisa, warum?«, schrie ich. Erst in diesem Moment sah ich, dass die Bauerntochter keine Waffe, sondern einen dunklen Heftordner in der Hand hielt. Da hatten mir Stresshormone und Dunkelheit einen üblen Streich gespielt.
»Was ist passiert, Dieter?«, fragte sie mit vor Angst geweiteten Augen.
Ich holte ein Taschentuch aus der Hose und wischte die Tränen ab. Dann nahm ich die regungslose Lisa in den Arm.
»Du musst jetzt stark sein. Dein Vater wurde gerade erschossen.«
Sie riss den Mund auf, aber kein Laut kam über ihre Lippen. Dann zerfetzte der nächste Schuss die Stille. Lisa stolperte, und wir fielen auf das harte Pflaster. Meine Kleidung troff vor Blut. Ich befreite mich und prüfte ihren Puls. Tot.
Ich blickte in die Finsternis. Nichts zu hören. Doch halt.
Eine Gestalt mit einer Waffe in der Hand wankte aus Richtung des Schweinestalles auf mich zu. An Flucht war nicht zu denken. Ich bot eine ideale Zielscheibe. Etwa fünf Meter vor mir blieb sie stehen. Voller Entsetzen musste ich mit ansehen, wie sich der Finger erneut um den Abzug krümmte.
Die Detonation zerfetzte mein Trommelfell, dann wurde mir schwarz vor Augen.
Totentrunk
Der Hof wimmelte nur so von Bullen. Die Krankenwagen waren schon wieder weg, nicht jedoch der süßliche Geruch des Todes.
»Zwei Leichen, Nannen, zwei verdammte Leichen«, herrschte Reichert mich an. »Und Sie wollen mir weismachen, dass Sie hier nur als Buchhalter tätig sind und keine Ahnung haben, was passiert ist?«
»Das habe ich nicht behauptet, Herr Polizist.« Ich hatte die grausigen Geschehnisse immer noch nicht verarbeitet. »Ich habe mich mit Günter über Erika unterhalten, als er von draußen erschossen worden ist. Für ihn kam jede Hilfe zu spät. Ich bin sofort raus und habe Lisa am Brunnen entdeckt. Ich dachte, sie hätte eine Waffe in der Hand. War aber ein Irrtum.«
»Okay, und weiter?«, unterbrach er mich, um mich zum Weiterreden aufzufordern.
»Gerade als ich Lisa erzählte, dass ihr Vater gestorben ist, fiel der nächste Schuss. Sie sackte zusammen und war sofort tot.«
»Direkt ins Herz.« Ludger konnte einfach nicht seine Klappe halten.
»Korrekt. War gelinde gesagt eine beschissene Situation, als Emily mit gezückter Pistole auf mich zugekommen ist.«
Jawohl, Emily!
»Ich hatte schon mit dem Leben abgeschlossen, als sie die Knarre auf mich richtete. Aber dann ließ sie plötzlich die Waffe fallen und genehmigte sich eine Ohnmacht.« Mir lief immer noch ein kalter Schauer den Rücken hinunter, wenn ich daran dachte.
»Wollte Frau Rexforth Sie erschießen?«
»Was weiß ich? Fragen Sie sie doch selbst.«
»Das bedeutet, Emily hat sowohl ihren Mann als auch Lisa als auch
Weitere Kostenlose Bücher