Den schnapp ich mir Roman
abzustreiten, als dass die Leute von mir denken, ich wäre so grausam, dass
ich Libellen einfliegen lasse, um sie an den Weihnachtsbaum zu hängen. Wofür halten die mich eigentlich?« Sie wirkte völlig erbost. Ihre Mundwinkel zeigten nach unten, ihr gesamter Körper war angespannt.
Als Tessa sah, wie ein überbegeisterter Gil auf sie zustürzte, führte sie Clemmie rasch fort. Aber Gil war wild entschlossen und stürzte die Treppe hinab hinter ihnen her.
Clemmie, stets professionell, blieb auf dem Treppenabsatz stehen und ergriff Gils schweißnasse Hand. »Haben Sie vielen Dank, dass wir hier filmen durften«, sagte sie. In ihren Augen blitzte echte Wärme auf. »Ich weiß, wie viel Sie noch zu tun haben, damit alles für die Eröffnung fertig wird.«
»Das ist höchst gern geschehen«, erwiderte Gil atemlos. »Darf ich Ihnen noch sagen, wie zauberhaft Sie in diesem Kleid aussehen?« Er beugte sich galant über ihre Hand, stieß sich aber an Clemmies Fingern. Dabei wurde er so rot wie sein T-Shirt. Clemmie lächelte ihn noch einmal flüchtig an, ehe sie weiterging. Sie schien es kaum bemerkt zu haben. Tessa folgte ihr, hörte aber noch, wie Gil einen Anruf auf seinem Handy beantwortete. Sein Gesicht leuchtete auf wie eine Hundertwattbirne, als er merkte, wer der Anrufer war.
»Jilly! Wie schön, von dir zu hören! … was sagst du da? Oh, das ist ja wunderbar!«
Tessa fragte sich, warum in aller Welt ihre Chefin Gil direkt anrief. Dann rannte sie hinter Clemmie her, die verloren durch das Schlösschen streifte. Ob sie wohl krank war? Ihre Augen waren gerötet, vermutlich vom Schlafmangel, und ihre sonst so rosigen Wangen wirkten unter dem Make-up ziemlich blass. Doch mehr noch beunruhigten Tessa ihre fahrigen Bewegungen.
»Ist alles in Ordnung?« Tessa wusste nicht, ob es der traurige Blick war oder wie Clemmie unsicher auf den
hohen Absätzen stakste, aber im Moment wirkte sie so verletzlich wie ein neugeborenes Fohlen.
Clemmie nickte. Als sie Henny kommen sah, setzte sie ein Begrüßungslächeln auf und bewies wieder einmal, dass sie ihren Oscar verdient hatte.
»Oh, da sind Sie ja!« Henny begrüßte sie fröhlich und winkte mit einer rosenverzierten Karte. »Ich frage mich, ob Sie ein wenig Zeit für die Einladungen haben. Tristan hat die lila Blüten fertig gestellt, die Sie für Ihr Team in Auftrag gegeben hatten. Es ist sehr schön geworden. Vielleicht setzen wir uns alle auf eine Tasse Tee zusammen?«
Eine Sekunde lang glaubte Tessa, Clemmie würde nun endlich die Geduld verlieren, aber sie neigte nur stumm und anmutig den Kopf. Dabei entspannten sich ihre Schultern ein wenig.
Nach einem kurzen Seitenblick auf Clemmie zögerte Tessa eine Sekunde, ehe sie sagte: »Äh … Henny, könnten wir vielleicht etwas Erfrischendes haben, vielleicht ein Glas Weißwein? Ich habe eine Woche hinter mir, nach der ich eine Aufmunterung gebrauchen kann.«
Clemmie fing ihren Blick auf und nickte lächelnd. »Normalerweise trinke ich nicht, aber das klingt wirklich verlockend.«
Henny entfernte sich, um eine Flasche Wein und Gläser zu besorgen, und kam rasch wieder zurück.
»So, da wären wir!« Ihr kräuseliges blondes Haar wirkte noch ungebändigter als sonst. Es stand in dicken Strähnen in alle Richtungen ab. Ihre sehr knappe beige Bluse war falsch zugeknöpft, und sie wirkte verlegen, als sie den Sancerre in hohe Kristallgläser schenkte, so dass ein paar Spritzer auf dem Tablett landeten.
»Äh … lassen Sie mich das doch machen«, schlug Tessa sanft vor und nahm ihr die Weinflasche ab. »Stimmt etwas nicht?«
»Ja, Sie wirken irgendwie erregt«, stimmte Clemmie zu und wechselte einen besorgten Blick mit Tessa.
Henny lehnte sich auf dem Sofa zurück und begann, panisch den Saum ihres verblichenen blauen Rocks in Falten zu legen. Sie schien zu zögern, ob sie sich wirklich äußern sollte, gab aber nach, als die beiden anderen ihr freundlich zunickten.
»Ich mache mir solche Sorgen um Jack«, gestand sie schließlich. »Er redet mit niemandem, er trinkt flaschenweise Whisky.« Dann wurde ihr Gesicht streng. »Das ist alles Caros Schuld! Sie hat diese elende Affäre mit diesem … Mann angefangen.« Sie konnte sich nicht durchringen, JBs Namen auszusprechen. »Ich wusste gleich, dass er Schwierigkeiten machen würde, und habe Caro gewarnt, aber sie hört ja nicht auf mich. Sie ist ein solcher Egoist. Jack ist völlig außer sich, weil er glaubt, Caro würde ihn verlassen.«
»JB hat heute zum dritten
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