Den schnapp ich mir Roman
wäre jemand in ihr Cottage eingedrungen und schlich nun leise die Treppe hinauf.
Vorsichtig stand sie auf, schnappte sich das erstbeste Ding, das sie als Waffe benutzen konnte, und ging leise zur Tür. Dann riss sie sie mit einem urtümlichen Schrei auf und zückte die Waffe. Vor ihr stand Tristan. Er war barfuß und trug nur blau-weiß gestreifte Shorts und ein weißes T-Shirt. Er hielt eine übergroße Leinwand vor sich wie einen Schild.
»Himmel, Mädchen!«, schrie er mit hoher Stimme. Doch dann gewann er die Fassung wieder, stellte die Leinwand ab, stützte sich auf das Geländer und hielt eine Hand dramatisch ans Herz. Er begann zu lachen. »Was hattest du denn mit dem Jimmy Choo vor? Wolltest du mich damit erstechen?«
Tessa blickte auf den hohen Pfennigabsatz, den sie wie einen Dolch in der Hand hielt, und lehnte sich lachend an den Türpfosten. »Es war das Einzige, was ich in der Eile finden konnte«, erwiderte sie verlegen. Dann drohte sie ihm mit dem Schuh. »Verdammt, Tristan, du hast mir einen Riesenschrecken eingejagt. Was soll das, dass du hier einfach so die Treppe hochschleichst?«
»Es war als Überraschung gedacht«, erklärte Tristan und verdrehte die Augen. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass du mich mit einer Pantolette angreifst und dabei wie
eine Nebelhexe kreischst. Ich hätte glatt die Treppe runterfallen und mir die Knochen brechen können. Du solltest dich schämen. Hübsches Nachthemd, übrigens.«
Tessa blickte an ihrem durchsichtigen rosa Baby Doll hinab und errötete. Gott sei Dank hatte sie das passende Unterteil ebenfalls an, doch eigentlich war sie halb nackt. Daher duckte sie sich rasch hinter die Tür. »Äh … ich muss mir rasch etwas anziehen.«
»Nicht meinetwegen.« Er grinste sie gelassen an. »Ich mache uns einen Kaffee. Dann wollte ich dich um deine Meinung bitten.« Er deutete auf die Leinwand und verschwand damit nach unten.
Seufzend streifte Tessa rasch Shorts und ein T-Shirt über. Von draußen hörte sie Henny aus Leibeskräften etwas brüllen und beugte sich aus dem Fenster, um zu sehen, was los war.
»Würdet ihr euch bitte alle ordentlich aufstellen!«
Es war der Tag des Sommerfests. Man hatte schon früh mit den letzten panischen Vorbereitungen begonnen. Lieferwagen brachten kistenweise Champagner und Wein. Auf dem Rasen neben dem Schlösschen wurde an einem großen Festzelt herumgehämmert. Henny wirbelte umher wie ein wahnsinig gewordener Kanarienvogel und brüllte die buntgewürfelte Truppe von Kellnern und Kellnerinnen an, die daraufhin aber bloß an ihrer Uniform herumzupften. Sie schaffte es nicht, die Kellner auf sich aufmerksam zu machen, weil die sich viel stärker für Caro interessierten, die nackt hinter ihnen am See in der Sonne lag. Dort rekelte sie sich auf einem blutroten Handtuch, ihre Haut so milchweiß wie immer. Caro genoss offensichtlich die Aufmerksamkeit der jugendlichen Kellner, die mit offenem Mund auf ihre kleinen Brüste und das kurz geschnittene rote Schamhaar starrten.
Tessa fand, dass Caro mehr essen sollte. Ihr Körper war
fast abstoßend knochig. Sie sah in ihren knappen Outfits immer sensationell aus, aber nackt, wenn man alle Rippen zählen konnte und die Schlüsselbeine wie Kleiderbügel hervorstanden, wirkte sie ausgesprochen krank.
Unten in der Küche reichte Tristan ihr einen großen Becher Kaffee, ehe er mit Schwung das Tuch von der Leinwand riss. »Was meinst du? Ich arbeite schon seit Ewigkeiten daran, aber ich dachte, es heitert Will heute vielleicht auf.«
Tessa starrte wie gebannt auf die Leinwand. Es war ein Porträt der gesamten Forbes-Henry-Familie auf einem der plüschigen, ausladenden Sofas in der Bibliothek. Vorn waren Milly und David zu sehen, Henny gleich hinter ihnen. Caro und Jack standen majestätisch dahinter, mit Will und Tristan neben sich. Es war umwerfend.
Tristan schob das Familienporträt in das beste Morgenlicht, das durch die kleinen Puppenstubenfenster des Cottages drang. Sich selbst hatte er sehr bescheiden dargestellt und seine bronzene Schönheit eher untertrieben, doch alle anderen hatte er perfekt getroffen. Caros durchscheinende Haut, betont durch das tiefe Rot ihrer Haare, Jacks verblichene, aber immer noch gut geschnittenen Züge und seine verführerischen grünen Augen, Will mit seinem sandfarbenen Haar, das ihm über eines seiner hellblauen Auge fiel, und …
»Du hast Claudette dazugemalt«, sagt Tessa und betrachtete die vornehme Brünette mit der Pagenfrisur und ein
Weitere Kostenlose Bücher