Den schnapp ich mir Roman
Aber Henny war noch nicht fertig.
»Ich habe dich vor JB gewarnt«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich wusste, dass er Schwierigkeiten machen würde, aber du hast nicht auf mich gehört. Du warst hingerissen von seinen Komplimenten und seinem lächerlichen Charme. Du dachtest, er liebt dich, während er dich einfach nur ausgenutzt hat, genau wie Claudette Will.«
Tränen wallten in Caros Augen auf, und Henny wurde unfreiwillig weicher. »Ich will dich nicht verletzen, Caro, ich will mich auch nicht einfach nur für alles rächen, was du mir in den letzten Jahren angetan hast. Ich möchte dir nur klarmachen, wie sehr Jack dich geliebt hat und dir alles verziehen hätte, bis dies hier passierte. Was für eine Verschwendung! Ich glaube, du hast dich tatsächlich in JB verknallt, und er sich vielleicht auch in dich. Aber Jack hat dich ungeheuer geliebt, und du hast das einfach fortgeworfen.
Und wofür? Für nichts, Caro. Absolut nichts. Dir ist Jack völlig egal, und seine Familie ebenfalls. Wenn ich du wäre, und glaube mir, ich möchte um Himmels willen jetzt nicht in deiner Haut stecken, aber wenn ich du wäre …« Henny sah sie mit einem Blick an, der fast freundlich wirkte. »Dann würde ich JB hinterherfahren, ehe er nach Frankreich abdüst, und ihn bitten, dich mitzunehmen. Denn hier hast du doch eigentlich nichts mehr zu suchen, oder?«
Caro schüttelte sich, als hätte jemand sie geschlagen, und sah aus, als würde sie ohnmächtig werden. Dann knallte sie ihr Ginglas auf die Anrichte, stieß einen heiseren Schrei aus und rannte in ihren flauschigen kleinen Pantöffelchen aus der Küche.
Ein paar Sekunden klang herrschte völlige Stille.
»Mann!«, sagte Milly bewundernd. »Verdammte Scheiße, Mum!«
Henny war zu erschrocken über sich selbst, um Millys Ausdrucksweise zu tadeln. »War ich zu grausam?«, fragte sie und legte die Hände an ihre glühenden Wangen, wo sie große mehlige Abdrücke hinterließen. »Ich will Caro eigentlich nicht fertigmachen. Ich wollte nur, dass sie endlich erkennt, was sie allen angetan hat.«
Milly schüttelte den Kopf. »Grausam war das nicht, Mutter. Du warst ehrlich und hast Tante Caro Dinge gesagt, die ihr schon lange jemand hätte sagen sollen.« Dann stand Milly unsicher auf. »Ich bin richtig stolz auf dich, Mum. Tante Caro hat dich immer so schrecklich behandelt, und du hast dich endlich dagegen gewehrt. Endlich!«
Henny fuhr sich mit der Hand über die erhitzte Stirn. Sie war überrascht, wie ruhig sie dabei geblieben war. »So fühlt man sich also, wenn man ein Rückgrat hat«, sagte sie mit einem leicht zittrigen Lachen. Dann kippte sie die
misslungenen Soufflees in den Müll und versuchte, sich weiter zu beruhigen. Sie grinste die Tochter verschmitzt an und schwenkte bedrohlich das Nudelholz. »Pass auf, Milly, das könnte ich öfter machen.«
Milly nahm sich eine Orange und hoffte nur, dass Henny dies nicht wahrmachte. In einer solchen Stimmung wirkte die Mutter sehr einschüchternd – allerdings auch sehr beeindruckend. Milly schnappte sich ihr Buch und beschloss, in Zukunft ziemlich vorsichtig mit ihrer Mutter umzugehen.
Tessa blieb vor Wills Cottage stehen. Er war schon tagelang kaum in Erscheinung getreten. Milly zufolge hatte man ihn zuletzt gesehen, als er sich restlos hatte betrinken wollen.
Tessa umklammerte die Thermoskanne mit der heißen Schokolade, die Henny ihr mitgegeben hatte. Warum Henny glaubte, sie, Tessa, könne irgendjemanden aufheitern, war ihr ein Rätsel – nein, dazu war sie eigentlich überhaupt nicht imstande. Vermutlich war sie außerdem der letzte Mensch, den Will jetzt sehen wollte, aber das konnte sie Henny nicht sagen. Daher hatte sie geschwiegen und war gehorsam zu Wills Cottage gestiefelt.
Ich schaffe das , redete sie sich ein. Es ist ja bloß Will. Er wird mich schon nicht beißen. Mit klopfendem Herzen schob sie die Tür so leise wie möglich auf. Dann ging sie auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. Dort lag Will ausgestreckt auf dem Sofa, Austin auf dem Schoß. Austin öffnete träge ein Auge, wurde aber sofort lebendiger, als er sie sah, und wedelte heftig mit dem Schwanz. Tessa musste ihr Lachen unterdrücken und legte einen Finger auf die Lippen, damit der Hund sich beruhigte.
Dann nahm sie ihren Schal ab und kniete sich neben dem Sofa auf den Boden. Sie betrachtete Will und merkte,
wie ihr Herz dabei pochte. Er schlief tief und fest, seine Züge wirkten viel weicher und friedlicher. Die Sorgenfalten, die seinen Augen so
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