Den schnapp ich mir Roman
damit, dass Caro wackelig auf den Beinen war, aber sie wirkte so elegant und frisch wie immer. Ihre Knöchel sahen in den silbernen Sandalen so zierlich und schmal aus wie die eines Rennpferds.
»Für mich bitte kein Lamm. Ich mache eine Diät«, verkündete Caro und räkelte sich anschließend wie eine zufriedene Katze.
»Diät? Wie, eine französische Diät vielleicht?«, murmelte Jack mürrisch, der ihr in die Küche gefolgt war. Er trug einen schwarzen Frotteebademantel und eine Sonnenbrille und wirkte deutlich verkatert, denn seine Hände zitterten stark. Als er sah, wie Caro aufreizend durch die Küche stakste, verlor er die Geduld und riss sich die Sonnenbrille ab. Dann zerrte er Milly das feuchte Handtuch aus der Hand, knüllte es zusammen und warf es quer durch den Raum auf seine Frau. »Ich glaube, du hast verrgessen, dich wieder anzuziehen?«, brüllte er.
Caro schenkte ihm ein zuckersüßes Lächeln und zündete eine Zigarette an. »Das ist doch mehr deine Spielart, Liebling«, fauchte sie zurück.
Jack schnaubte. »Ich bin auch nur ein Mensch, Caro, und dieses Mal treibst du mich an den Rand meiner Geduld …«
»Mittagessen!«, rief Henny übertrieben fröhlich. Dann drehte sie sich vorsichtig mit der Riesenplatte in der Hand zu den anderen um.
»Ich habe dir den See nicht richtig gezeigt«, erklärte Tristan später, als sie sein Cottage betraten. Nach dem Mittagessen hatten sie einen ausgiebigen, aber entspannten Spaziergang gemacht, um wenigstens ein paar Kalorien von Hennys Köstlichkeiten abzuarbeiten. Austin hatte sie begleitet. Er war die meiste Zeit hinter ihnen hergetrottet und nur ab und zu hinter einem Kaninchen hergejagt, um sich anschließend mit weit heraushängender rosa Zunge irgendwo im Schatten niederzulassen. Das Schlösschen wirkte traumhaft schön, als die Sonne immer rosiger werdend dahinter verschwand und alles in einem warmen
Glanz badete. Der üppig wuchernde russische Wein wirkte in dem rosa-goldenen Licht fast dunkelrot.
Tristan hatte sich auf dem Gang durch ein liebliches Wäldchen mit einer hübschen Lichtung wie ein Gentleman benommen und ausgiebig über das Haus und die Gärten geplaudert. Nathan hatte im Hauptgarten bei der Auffahrt ein paar sehr schöne Blumenbeete angelegt. Mit gewohntem Sachverstand hatte er sehr seltene Blüten, die stark dufteten, mit lieblichen wilden Blumen vermischt, die eine ganze Palette an Pastellfarben darboten. Tristan hatte Nathans Kunstwerk ein wenig gestört, indem er eine duftende gelbe Rose pflückte und Tessa ins Haar steckte, aber sie konnte sich über eine solch nette Geste kaum beschweren.
Alles in allem war es ein wunderbarer Nachmittag gewesen. Tessa war froh, dass sie Tristans Einladung zu dem Spaziergang angenommen hatte. Nur mit Mühe hatte sie dabei Wills stechende blaue Augen aus ihrem Gedächtnis verbannt, aber irgendwie fürchtete sie, dass er jeden Moment hinter einer Hecke auftauchen würde, um sie im Auge zu behalten.
»Den See kannst du mir später noch zeigen«, erwiderte sie und folgte ihm in sein Cottage.
»Meine Familie ist völlig übergeschnappt, nicht wahr?« Er führte sie an einer Küche vorbei, die noch winziger war als in ihrem Häuschen, und hob warnend die Hand. »Vorsicht, dieser Balken hängt sehr niedrig. Jeder stößt sich da den Kopf, wenn er zum ersten Mal herkommt.«
»Ich finde deine Familie wunderbar und nett.« Tessa duckte sich unter dem Balken her und musste ein Grinsen unterdrücken, als sie in das kleine Bad sah, in dem der Toilettensitz hochgeklappt war. Tristan zuckte zusammen, eilte hinein und klappte ihn zu. Tessa wusste nicht, warum er sich diese Mühe gab, denn so was war doch in einem
Junggesellenhaushalt zu erwarten. Hoffentlich war es nicht geschehen, um sie zu beeindrucken.
»Nur gut, dass Henny wieder bei uns wohnt. Ich bin in der Küche ungefähr so nützlich wie eine Kettensäge, und dass meine Mutter völlig hoffnungslos in diesen Angelegenheiten ist, ist wohl offensichtlich.«
Tessa stieg über einen Haufen unordentlich zusammengeworfener Schuhe: Ausgelatschte Gummistiefel lagen zusammen mit abgetragenen Ledersandalen. Der Garderobenständer bog sich unter den Wachsjacken und gefütterten Westen und wirkte, als würde alles jeden Moment zusammenbrechen.
»Hier ist mein Studio«, bemerkte Tristan nun stolz. »Ist es nicht unglaublich? Sieh doch, wie selbst zu dieser Tageszeit das Licht einfällt.«
Tessa nickte. Der Teppich war in rosa-goldenem Licht geradezu
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