Den schnapp ich mir Roman
sagte, dass die Liebe Tristan furchtbar mitgespielt hatte? Und wenn das stimmte, was war nur mit den beiden geschehen, dass ihre Liebe verloren gegangen war?
Tessa zog ein weiteres Gemälde heraus. Da war sie wieder, nackt, feingliedrig, mit seidiger, makelloser Haut – konnte ein Teint wirklich so durchsichig wirken? Lag es an Tristans meisterhafter Technik oder wie er sein Modell betrachtete? Ein Bild nach dem anderen zeigten alle das schöne Mädchen vor unterschiedlichem Hintergrund. Ihre Haut spiegelte oft die Tönung der Umgebung wider.
Egal, wer sie war, Tristan war sie nicht satt geworden, dachte Tessa, als sie eine bezaubernde Studie von den Brüsten des Mädchens und ihren schlanken Hals betrachtete. Die feinen Pinselstriche hatten den jugendlichen Schwung ihres Dekolletees genau eingefangen. Die Brüste wirkten reif, der Hals elegant geschwungen. Die erdbeerfarbenen Brustwarzen standen stolz und lustvoll vor, als regte sie schon der Gedanke an, abgebildet zu werden.
Tessa spürte, wie sich bei diesem Anblick auch bei ihr Lust regte, als sie dachte, dieses Bild war wohl gemalt worden, um anschließend wilden, leidenschaftlichen Sex zu erleben. Irgendwie kam ihr das Mädchen auf dem Bild bekannt vor, aber sie verfolgte den Gedanken nicht weiter, weil sie gaubte, sie würde diese jugendliche Schöne sofort erkennen, falls sie ihr schon mal begegnet wäre.
Als sie Tristans Schritte hörte, fühlte sie sich ertappt und zog hastig das Tuch wieder über die Bilder. Da stieß sie mit dem Zeh an ein kleines Porträt, das aussah, als wäre es bewusst versteckt worden. Sie zog es hervor und betrachtete es interessiert.
Es war ganz anders als die vor Jugend sprühenden, sinnlichen Gemälde, die sie gerade betrachtet hatte. Auf diesem hier war ein einfaches Mädchen mit seltsamen, wilden
Augen abgebildet. Die Farben waren stumpf und düster. Noch ehe sie Zeit hatte, es zurückzuschieben, war Tristan bei ihr.
»Champagner!«, verkündete er und hielt eine Flasche hoch, der er den Hals abgeschlagen hatte. »Verzeih die grobe Präsentation, und wir müssen vermutlich auch auf Scherben achten. Jesus, was hast du denn da gefunden?« Er reichte ihr einen altmodischen Champagnerkelch und betrachtete das Bild. »Mensch, das ist doch Anna!«
»Die Liebe deines Lebens?«
»Völlig verrückt!« Er schüttelte sich und goss den aufschäumenden Champagner in ihre Gläser. »Ich rede nicht gerne über sie. Sagen wir nur, dass man diese Exfreundin gut und gerne als Stalker bezeichnen konnte. Der arme Austin hat es nie verwunden, als sie ihm androhte, ihn mit Orangen zu füllen und im Aga zu rösten.«
»Das kann doch nicht wahr sein!«
»Völliger Ernst. Genau so war sie. Manche Leute verstehen es einfach nicht, wenn man Nein sagt. Ich weiß nicht mehr, wie oft sie sich mir an den Hals geworfen hat. Ich habe ganz deutlich gesagt, dass ich sie nicht ausstehen konnte, aber sie kam einfach immer wieder.« Tristan schnitt eine Grimasse. »Ehrlich, sie war das verrückteste Ding, das mir je begegnet ist. Völlig irre. Milly hat sie Psycho genannt und konnte sie wunderbar nachahmen. Ziemlich unheimlich, das Ganze.«
»Und warum hast du Annas Porträt behalten, wenn sie so furchtbar war?«
Tristan zuckte reumütig die Achseln. »Aus Egoismus vermutlich. Es ist ein gutes Bild. Es hat Licht und Schatten und ist ein starkes Porträt mit viel Ausdruck. Hoppla!« Er merkte, dass er Tessas Glas zu voll geschüttet hatte, und versuchte, den Fleck mit einem farbenbeklecksten Tuch trocken zu wischen.
»Ich habe gedacht, du wärest der geborene Verführer?«, neckte Tessa ihn und wischte sich die Hände an ihrem Kleid trocken. »Hast du außer Anna nicht Dutzende von Freundinnen gehabt? Oder vielmehr hunderte?«
Tristan trank einen Schluck Champagner und ließ sich auf dem Sofa nieder. »Oh, mein fürchterlicher Ruf ist mir also vorausgeeilt. Ich kann es nicht leugnen, ich liebe die Frauen, aber das heißt nicht, dass ich nicht auch romantisch sein kann.« Er zog einen Skizzenblock aus der Tasche und begann mit raschen Strichen, sie zu zeichnen. »Ich sagte doch … bei mir geht es eigentlich immer um die Kunst.« Seine Finger bewegten sich rasch, sein Blick zuckte zwischen ihr und dem Blatt hin und her.
Tessa schenkte beide Gläser nach und setzte sich mit ein wenig Abstand zu ihm auf das Sofa. Diese Gläser waren wirklich sehr klein, trotzdem wurde ihr plötzlich etwas schwummrig. »Ich erinnere mich daran, dass du sagtest, es
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