Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Tod im Griffl - Numbers 3

Den Tod im Griffl - Numbers 3

Titel: Den Tod im Griffl - Numbers 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
mich gerettet, Adam.«
    Mia ist immer noch wach, die blonden Haare umfließen ihr Gesicht. Ihre blauen Augen sind aufgerissen. Sie wirkt wie ein Engel. Und genau das ist sie. Sie war Sarahs Schutzengel und sie war Sauls Todesengel.
    »Wir müssen gut auf sie aufpassen«, sage ich. »Sie richtig erziehen, was immer richtig bedeutet. Wenn doch nur Mum noch am Leben wäre, oder Oma. Wenn wir nur jemanden hätten, der uns hilft.«
    Sarah legt ihren Finger auf meine Lippen.
    »›Wenn‹ hilft uns nicht weiter. Es hilft uns kein bisschen, Adam. Deine Mum und deine Oma sind sowieso bei uns. Du und ich, Mia und Gemma, wir tragen sie in uns. Sie sind ein Teil von uns. Sie sind in unseren Herzen, in unseren Gedanken und dort werden sie immer bleiben.«
    »Das ist nicht dasselbe …«
    »Nein, dasselbe ist es nicht, aber es ist das, was wir haben. Wenn wir nicht weiterkommen, wenn das alles für uns zu viel wird, müssen wir in uns reinhören. Dort finden wir die Antworten.«
    Sie spricht aus tiefem Herzen. Sie glaubt, was sie sagt. Wir können es schaffen. Wir können tun, was wir tun müssen. Und während sie es sagt, beginne auch ich dran zu glauben.
    Ich verlasse Sarah, die mit den Kindern eingemummelt in ihrem Nest liegt. Ich habe das Gefühl, meine Augen sind weit geöffnet, ganz weit geöffnet. Das letzte Mal, dass ich mich so gefühlt habe, war unmittelbar vor der großen Katastrophe. Damals wusste ich, dass ich versuchen musste, anderen Menschen zu helfen, London zu verlassen. Doch seitdem habe ich den Kopf in den Sand gesteckt, geleugnet, wer ich bin, und nur gehofft, dass mich die Welt in Ruhe lässt. Das geht jetzt nicht mehr. Ich bin nicht sicher, was ich tun kann, aber ich weiß, wo ich anfangen muss. Ich muss Daniel suchen.
    Ich gehe durch die Kathedrale und hinaus auf den Platz. Die Leute bekommen es mit. Einige versuchen mir die Hand zu schütteln, als ich an ihnen vorbeigehe. Ich ignoriere sie nicht oder tu so, als hätte ich sie nicht bemerkt. Ich schaue nicht zu Boden. Wenn sie mir zurufen, bleibe ich stehen, nehme ihre ausgestreckte Hand und seh ihnen in die Augen. Ich verbringe einen Augenblick mit ihnen, egal was mir ihre Zahl sagt.
    »Wohin gehst du?«, fragt mich jemand.
    »Ich will zurück zu dem Bunker«, antworte ich. »Ich muss meinen Freund finden, den, der mich gerettet hat.«
    Die Menschen scharen sich um mich. Einige erkenne ich vom Friedhof wieder. Sie wollen mitkommen. Und anstatt sie wegzustoßen, nehme ich ihre Hilfe an. Schließlich gehen wir zusammen durch die Straßen, an den Schutthaufen, den Zelten und geplünderten Läden vorbei dem Berg entgegen. Am Himmel über uns verfolgt eine Drohne unseren Weg.
    »Wusstet ihr von dem Bunker?«, frage ich.
    »Ja, wir wussten davon. Es war ein schlecht gehütetes Geheimnis. Die Hälfte unserer Vorräte stammt von dort. Schwarzmarkt. Und es hält sich das Gerücht, dass, wann immer Menschen verschwanden, sie dorthin verschleppt wurden.«
    »Sind denn oft Menschen verschwunden?«
    »Sobald sie anfingen, etwas zu organisieren, wenn sie Unruhe stifteten, Ärger machten. Wenn sie anders waren. Dann wurden sie rausgepickt. Urplötzlich waren sie weg.«
    Die nächtlichen Schreie, die Blutschlieren an den Wänden. Wie viele waren es wohl?, frage ich mich.
    »Sieh doch!«
    Wir sind am Fuß der grasbedeckten Anhöhe und von oben kommen uns Menschen entgegen. Ein breiter Strom Verwundeter. Einer aus der Gruppe, die mich begleitet, stößt einen Freudenschrei aus und läuft den Hang hoch. Als er den Mann erreicht, fallen sie sich in die Arme und drücken sich wortlos, ehe sie sich auf die Schulter schlagen und anfangen aufgeregt zu erzählen.
    »Die Verschwundenen kehren zurück«, sage ich.
    Ich scanne die Gesichter, die mir entgegenkommen. Viele haben Prellungen oder Schnittwunden. Manche humpeln und gehen zu zweit oder dritt, um sich gegenseitig zu stützen. Einige sind langsam, verwirrt. Andere sind unbändig glücklich wie Vögel, die aus einem Käfig gelassen wurden. Alle werden mit freundlichen Worten und von hilfreichen Händen begrüßt, die sie den Weg zur Kathedrale hinunterführen.
    Der Flüchtlingsstrom hört gar nicht mehr auf und mir wird klar, dass ich keine Chance habe, in den Bunker hineinzukommen. Nicht bevor alle, die wollen, heraus sind. Ich kann nur warten, deshalb laufe ich hoch zu dem Ausgang im Brombeergestrüpp und schließe mich dem Begrüßungskomitee an, schüttle Hände und führe Menschen den Berg hinab. Der Letzte, der

Weitere Kostenlose Bücher