Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
zurückziehe, laufen mir die Tränen, ergießen sich auf seine Wimpern, spritzen wie Regen.

ADAM
    Ich hatte es immer gehasst, Zahlen zu sehen. Sie machten mir Angst. Ich wusste nicht, wieso ich diese Gabe besaß, diesen Fluch. Doch es ist eine Zahl, die mich jetzt rettet. Sarahs Zahl.
    Ich bin in einem Tunnel, einer langen Röhre tiefster Dunkelheit, doch am Ende ist Licht; Licht und Wärme und jemand, der auf mich wartet. Mum. Sie ist, wie sie früher war – nicht wie zu der Zeit, als sie starb. Sie streckt ihre Hand aus und ich strecke ihr meine entgegen, doch unsere Finger berühren sich nicht. Sie lächelt und es ist ein schönes Gefühl, sie wiederzusehen. Ich hab nie gedacht, dass es so sein würde. Sie spricht zu mir, aber ihre Lippen bewegen sich nicht. Ich höre ihre Gedanken.
    »Was machst du hier, Schatz. Es ist noch nicht so weit.«
    Ich höre auch andere Stimmen, Schreien und Weinen, aber das alles ist sehr weit weg.
    »Es ist vorbei.«
    »Nein! Nein, das kann nicht sein!«
    Und dann ist jemand nah bei mir, richtig nah, und ich öffne die Augen, doch ich sehe ihn nicht. Ich seh nur das Licht und irgendwie ist das Licht Mum und Mum ist das Licht. Es ist das Einzige, was ich sehen will. Ich habe sie so sehr vermisst.
    Irgendwas spritzt mir in die Augen und es brennt. Ich blinzle es weg und jetzt ist ein anderes Gesicht da. Sarah. Und ihre Zahl strömt durch mich hindurch und es ist wie beim ersten Mal, als ich sie sah. Es schockiert mich, wie jemand die Welt so leicht verlassen kann, in Liebe und Licht getaucht. Und ich weiß, ich werde dort sein. Ich werde bei ihr sein, sie in meinen Armen halten. Ich bin Teil des Ganzen, Teil ihres Lebens. Deshalb kann ich jetzt nicht einfach verschwinden, ich muss hierbleiben.
    Der Tunnel ist fort, Mum ist fort, aber das ist in Ordnung. Sie einfach zu sehen, reichte schon.

SARAH
    Er blinzelt. Einmal. Zweimal. Und dann sieht er mich an.
    »Adam«, sage ich. »Komm zurück. Komm zu mir zurück.«
    Und in diesem Moment, diesem Bruchteil einer Sekunde, ist er wieder bei mir. Ich möchte ihn so unbedingt bei mir behalten. Das Gefühl ist dermaßen stark, dass es wie ein Schmerz wirkt, aber ich weiß, dass ich nichts tun kann als schauen. Das Einzige, was ich habe, sind meine Augen, die in seine schauen, und seine Augen, die in meine schauen. Alles andere verschwindet. Wir sind wieder vereint. Wir haben ein Jetzt, diesen Moment, diese Sekunde.
    »Komm zu mir zurück, Adam. Ich brauch dich.«
    Sein Mund bewegt sich jetzt. Ich strenge mich an, ihn zu verstehen.
    »Ich liebe dich, Sarah.«
    »Ich liebe dich auch. Ich habe dich immer geliebt, ich hatte nur Angst.«
    »Ich habe jetzt Angst …« Er versucht etwas zu sagen, bemüht sich, genügend Kraft zu sammeln, um die Worte herauszubringen.
    »Psst«, sage ich. »Mach dir keine Sorgen. Sag es mir später.«
    »Die Zahlen …«, flüstert er.
    »Mach dir keine Sorgen. Mach dir keine Sorgen um sie. Nicht jetzt.«
    »Aber Sarah, du verstehst nicht.«
    »Was? Was ist?«
    »Mias Zahl …«
    Ich erstarre. Ihre Zahl war heute. O mein Gott, o mein Gott . Ich beuge mich näher zu ihm heran, damit mein Ohr direkt an seinem Mund ist. Er spricht nur ganz leise. Eine Reihe von Zahlen. Ich kann sie nicht verstehen.
    »Zwanzig. Null. Zwei. Zwei …«
    »Adam? Was sagst du da?«
    »Mias Zahl«, antwortet er und seine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern. »Sie hat sich geändert.«
    »Was? Meinst du, sie schafft es? Meinst du, es wird ihr gut gehen?«
    »Ich weiß nicht. Ich versteh’s nicht.«
    »Wieso? Wenn das Datum nicht heute ist, dann ist doch alles gut, oder? Adam, sag’s mir. Sag mir Mias Zahl.«
    »20022055«, murmelt er. »Es ist jetzt dieselbe Zahl wie die meiner Oma. Ich muss es ihr sagen. Wo ist sie? Wo ist Oma?«
    Ich setze mich auf, schaue in die Gesichter, die auf uns herabstarren. Val müsste irgendwo ganz in der Nähe sein, aber sie ist nicht da. Ich beuge und drehe mich hin und her, versuche, zwischen all den Beinen hindurchzusehen und zwischen den andern dahinter.
    Und dann wird mir bewusst – ich habe sie nicht gesehen, seit Adam seinen Arm um ihre Schultern gelegt und sie durch die Flammen geschickt hat. Sie war nicht im Garten, als ich herauskam, aber ich habe sie doch im Feuer gehört. Ich habe doch ihre Hand gespürt, die mich führte. Oder?
    »Sarah.« Adam sieht mich jetzt direkt an. »Sarah. Wo ist Oma?«

SARAH
    Er will sie nicht in den Trümmern zurücklassen. Er ist verletzt, schwer verletzt. Wir

Weitere Kostenlose Bücher