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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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fördert.
    »Nimm es lieber wieder zurück.«
    »Oma«, sage ich, »du weißt doch, dass ich nie nach London wollte.«
    Sie kneift die Augen zusammen und sieht mich durch eine Rauchwolke an.
    »Ja.«
    »Ich denke, wir sollten von hier verschwinden. London ist kein guter Ort für mich. Mum hat das doch auch gewollt. Es ist nicht sicher hier.«
    »Nun, in dem Punkt waren wir unterschiedlicher Meinung, weißt du, denn ich glaube, es gibt einen Grund, dass du hier bist. Zeiten wie diese brauchen Menschen wie dich, Menschen, die andern den Weg weisen. Du bist ein Prophet.«
    »Wie Jesus oder so?«
    »Vielleicht.«
    Mir ist, als ob sich der Boden unter meinen Füßen bewegt. Ich hab ja schon immer gewusst, dass Oma spinnt, aber jetzt hat sie, glaube ich, wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank.
    »Halt die Klappe. Red nicht so eine dämliche Scheiße.«
    »Muss das sein, diese Sprache? Du hast Recht, du bist wirklich nicht Jesus – Jesus hätte seine Oma nie so angepöbelt.«
    »Oma, ich bin nicht Jesus. Ich bin nichts in der Art. Ich bin einfach … normal.«
    »Wir wissen beide, dass das nicht stimmt.«
    Es entsteht eine Pause, während wir uns ansehen – denn es stimmt.
    »Okay, ja, ich bin anders. Ich sehe Dinge, aber das heißt nicht, dass ich die Welt verändern kann.«
    »Wirklich? Kannst du es wirklich nicht?«
    »Nein, Oma!«
    »Ich glaube, du kannst es. Und ich glaube, du wirst es.«
    »Und ich glaube, wenn ich nicht aus London rauskomme, werde ich in einer Gefängniszelle sterben.«
    Da wandern die Hände wieder zu ihrem Gesicht.
    »Sag das nicht! Sag das nie wieder!«
    »Oma, ich weiß nicht, wie meine Zahl lautet. Aber hier werden scheiß viele Menschen sterben und vielleicht bin ich ja einer davon.«
    Sie lässt sich in ihren Sessel fallen und fährt sich durch die Haare. Es ist eine Weile her, dass sie sie gefärbt hat, die grauen Wurzeln scheinen durch. Ausnahmsweise ist sie mal sprachlos. Ich glaube, endlich bin ich zu ihr durchgedrungen. Ich weiß, ich muss hier weg, und vielleicht kommt sie ja mit.
    »Lass uns schnell unser Zeug packen und dann verschwinden wir.«
    Sie sieht von ihrem Schemel auf.
    »Was ist mit diesem Mädchen?«
    Sarah. Und ihre Zahl. Die Zahl, die mir sagt, dass ich nicht in einer Zelle sterben werde. Oder doch?
    Omas Frage hängt noch immer in der Luft, als es an die Tür klopft. Wir erstarren beide. Mein erster Gedanke ist: Das muss Sarah sein. Die alte Hexe hat sie herzitiert. Mein Herz fängt an zu wummern. Was, wenn es stimmt? Was soll ich dann tun? Was soll ich sagen? Dann denke ich, die Polizei ist es. Sie haben das Messer gefunden. Mein Herz hört auch jetzt nicht auf zu hämmern.
    »Verstehst du das?«, fragt Oma.
    »Weiß nicht«, sage ich und beiß mir auf die Lippen.
    »Klingt nicht so, als ob sie wieder gehen würden. Mach schon, Adam. Denk an meine alten Beine.«
    Ich geh zur Tür. Draußen ist es dunkel, also knips ich das Licht an, als ich öffne.
    Ein Junge steht da, ein kleiner Kerl mit Brille. Einen Moment lang erinnere ich mich nicht, wo ich ihn schon mal gesehen habe. Er starrt in mein Gesicht und schaut weg, doch dann schaut er wieder her, in meine Augen, nicht auf die Haut.
    »Tut … tut mir leid«, stammelt er. Sein Gesicht zuckt und der Groschen fällt – Nelson, der Junge aus dem Matheclub.
    »Was tut dir leid?«, frage ich.
    »Dein Unfall, dass ich vorbeigekommen bin. Ich dachte nur, das hier solltest du haben …« Er hält mir ein Blatt Papier hin, das zusammengerollt ist und in der Mitte von einem Gummi gehalten wird.
    »Was ist das?«, frag ich.
    »Das sind die Geburtstage. Ich hab sie kartiert. Aber …«
    »Was?«
    »Aber … das sind gar keine Geburtstage, stimmt’s?« Das Zucken in seinem Gesicht spielt verrückt. Mein einziger Gedanke ist: Weitere Beweise, ausgedruckt, kartiert, eingezeichnet.
    »Komm lieber rein.«
    Wir breiten den Ausdruck auf dem Kaffeetisch im Wohnzimmer aus. Es ist eine Karte von West-London, übersät mit Punkten. Es sind so viele Punkte, dass man die Karte darunter kaum noch erkennen kann.
    »Ich hab mit den Daten gearbeitet, die du mir gegeben hast, obwohl ich nicht glaube, dass das Ganze einer genauen Überprüfung standhält. Egal, etwas anderes hatte ich nicht, also musste ich damit arbeiten. Ich hab die Postleitzahlen rausgesucht, bei manchen musste ich natürlich über den Daumen peilen, und dann hab ich sie eingetragen. Verschiedene Farben für die unterschiedlichen Daten – an der Seite findest du

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