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Den Tod vor Augen - Numbers 2

Den Tod vor Augen - Numbers 2

Titel: Den Tod vor Augen - Numbers 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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nicht er, und anstatt zur Tür zu stürzen, sagt er: »Die Lösung heißt Internet. Darüber kannst du es schaffen. Sie kontrollieren zwar die Hauptserver und die großen Suchmaschinen, aber es gibt ein komplettes Parallelnetz, das sie noch nicht erfasst haben, eine Million Blogs und Foren und Tweets. Deine Botschaft kann in aller Welt sein, bevor jemand sie stoppt.«
    »Du bist ein Genie«, sage ich.
    Er schüttelt den Kopf, doch man sieht, dass er sich freut.
    »Eigentlich brauchte ich dafür einen IQ von über 140, ich bringe es aber nur auf 138.«
    »Was bedeuten schon ein paar lächerliche Punkte unter Freunden? Hör zu, ich versteh so gut wie nichts vom Internet. Kannst du das machen?«
    Er runzelt die Stirn.
    »Nicht sofort. Ich weiß nicht viel über das Para-Netz. Ich müsste mir eine geheime Identität zulegen und eine Möglichkeit finden, dass sie meine Spur nicht verfolgen können.«
    »Versuchst du’s?«
    »Klar.« Er gibt mir seine Adresse und Handynummer.
    »Wir schaffen das, Adam. Wir werden das Schicksal verändern.«
    Ich würde ja gern genauso begeistert von der Sache sein wie er. Ich möchte auch gern glauben, dass wir etwas ändern können. Aber ich lande immer wieder bei den Zahlen und dabei, dass es mir noch nie gelungen ist, sie zu ändern. Mum, Junior, Carl. Machen wir uns nur was vor?
    Und mittendrin in dem Ganzen, der Masse an Zahlen, mittendrin in all diesen Toden, die auf London zukommen, bin ich. Jemand hat mich ins Zentrum all dessen gemalt, von Flammen verschlungen. Wer immer es war, er muss mich kennen oder gesehen haben, um meine Zahl zu wissen, meinen Tod so malen zu können.
    Also werde ich heute Nacht nicht meine Taschen packen, denn ich weiß, was ich als Nächstes zu tun habe. Ich muss diesen Menschen finden, der mich gemalt hat. Ich muss ihn finden und ihm in die Augen sehen.
    Früh am nächsten Morgen breche ich auf, nehme verschiedene Busse und gehe danach zu Fuß weiter. Ich muss der Eisenbahnlinie folgen und es dauert nicht lange, bis ich die Stelle finde. Die Straße, die mich zu der Unterführung bringt, ist leer. Ein bisschen Abfall wirbelt mir durch die Luft entgegen. Ich weiche ihm aus und laufe weiter.
    Es ist ein dunkler Ort, sogar tagsüber. Die Wände zu beiden Seiten sind mit Graffiti übersät. Als ich näher komme, verlangsame ich den Schritt. Am Eingang bleibe ich stehen, spüre auf einmal die Angst. Ich zwinge mich, ein paar Mal tief Luft zu holen, dann gehe ich in die Unterführung hinein. Ich fühle die Kälte an meinen Fingern, auf meinem Gesicht, wie die Geräusche von außen hier drinnen gedämpft und die Geräusche im Innern viel lauter werden. Selbst meine Schuhe auf dem rauen Boden machen Lärm. Es riecht feucht, dunkel und modrig und dann ist plötzlich etwas anderes da.
    Ein Rauchschwall fängt sich in meiner Nase und hinten in der Kehle. Das Knistern von Flammen. Eine Frau schreit.
    Und da ist es, direkt vor mir.
    Das Bild aus dem Internet – das Gesicht. Mein Gesicht. Jetzt sehe ich, wie groß das Bild ist, es ist riesig, vom Boden bis zur Decke und fünf Meter breit.
    »O mein Gott«, sage ich und meine Stimme schlägt von den Wänden zurück.
    Es war schon ein Schock, es nur abschnittweise auf dem Bildschirm zu sehen, doch das hier ist etwas völlig anderes.
    Ich will zurücktreten und es ganz in mich aufnehmen, aber es gibt nichts, wohin ich zurücktreten kann – die Unterführung ist nur ein paar Meter breit.
    Deshalb strecke ich dem Bild stattdessen die Hände entgegen. Meine Arme zittern, mein ganzer Körper. Meine Haut glüht, Schweiß dringt in meine Mütze und sickert zwischen den Schulterblättern hinab. Ich berühre die Mauer mit der Hand. Die Schrift ist riesig. Meine Finger liegen flach auf der Farbe, weit gespreizt, doch sie bedecken nicht mal die untere Hälfte der Acht. Die Wand ist so kalt und meine Haut so heiß. Ich streife die Kapuze herunter, zieh mir die Mütze vom Kopf und trete ganz dicht heran. Ich lege jetzt beide Hände auf die Wand und lehne auch den Kopf dagegen, sodass die Stirn direkt auf dem Mauerstein liegt.
    Es ist wie eine Art religiöses Experiment. Ich habe die Zahlen so lange für mich behalten und hier ist der Beweis, dass ich nicht allein bin. Noch jemand kennt sie. 2028 hat mich verfolgt. Aber jetzt – in einer kalten, düsteren Unterführung in West-London, mit diesem Bild von Tod und Zerstörung vor mir und um mich herum – weiß ich, dass jemand dieselben Schmerzen teilt. Es ist, als ob ich nach

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