Den Toten dienen
viel jünger und sehr viel unsicherer.
»Danke, dass Sie mich da rausgeholt haben«, sagte sie. »Noch eine dumme Frage, und ich hätte ge-schrien... und so wie ich mich momentan fühle, sind es alles dumme Fragen.«
»Eine gute Mahlzeit und ein erholsamer Schlaf, dann sieht die Welt schon viel besser aus«, versprach er.
»Macht das die Reporter gescheiter? Macht es den Exarchen...« Sie unterbrach sich und presste die Lippen aufeinander. Nach kurzem Zögern nahm sie ein Brötchen aus dem Korb vor ihnen und brach es in kleine, gleichmäßige Stücke. Ihre Hände zitterten. »Vielleicht sollte ich jetzt sofort nach Hause und ins Bett gehen. Bloß kann ich das nicht. Wir haben es gesprengt, wissen Sie, da es den Wölfen nicht in die Hände fallen sollte.«
Das Schicksal von Castle Northwind war in Tara Campbells ursprünglicher Nachricht an den Exarchen erwähnt worden. Eine knappe, nüchterne Feststellung ohne emotionalen Beigeschmack. Jetzt machte sich Jonah Vorwürfe, dass er das genauso aufgenommen hatte. Für ihn war die Burg nur ein Wahrzeichen gewesen. Er hatte sich nie klar gemacht, dass sie für Tara Campbell das Elternhaus gewesen war.
»Es tut mir Leid«, sagte er. Sanft sprach er weiter. »Mir ist auch klar, dass Essen und Schlaf nicht gegen alles helfen... Aber morgen früh wird es nicht mehr nur noch Dummköpfe geben.«
Sie lachte zittrig. »Ich nehme, was ich an Verbesserungen bekommen kann.«
Das Essen kam: Roastbeef mit Meerrettich und neuen Pellkartoffeln. Eine einfache Mahlzeit, aber sättigend und gut. Jonah sah mit Freuden, dass Tara nach ein paar zögernden Bissen reichlich Zugriff. Der Kellner - ein aufmerksamer Mann, und der Besitzer musste mehr über seine Gäste wissen, als er erkennen ließ - sorgte dafür, dass ihr Wasserglas ständig randvoll war, wenn sie danach griff, ganz gleich, wie oft sie es leerte. Nach einer ganztägigen Schlacht konnten selbst die zähesten MechKrieger unter ernster Austrocknung leiden. Als sie beim Nachtisch angekommen waren - in Rotwein gegarte Birnen mit Zimt -, hatte sich Tara Campbell ausreichend entspannt, um eine Unterhaltung möglich zu machen.
»Aber ich habe es ernst gemeint vorhin... nach Hause zu gehen«, bemerkte sie, als das Gespräch auf die Ereignisse nach der Schlacht kam. »Ich weiß, eine Menge Leute wünschen sich offenbar, ich würde bleiben.«
»Sie sind ein Star«, sagte er. »Zumindest vorerst. Sie haben einen Verräter entlarvt und Terra vor den Stahlwölfen gerettet.«
»Ich habe niemanden entlarvt«, widersprach sie. »Ich hatte nur das Pech, im Weg zu stehen, als die Wahrheit herauskam. Und was die Rettung Terras betrifft: Jeder Mann und jede Frau bei den Northwind Highlanders hat getan, was ich getan habe, und gegeben, was ich gegeben habe. Manche von ihnen haben alles gegeben, und es gibt nichts, was die Republik oder irgendjemand sonst tun könnte, um das wieder gutzumachen.«
»Ich weiß.« Diese bittere Wahrheit hatte er nach der Schlacht auf Kurragin selbst erfahren, und es hatte lange gedauert, bis er sie verarbeitet hatte. »Aber Sie bringt man mit all dem in Verbindung. Ob es Ihnen behagt oder nicht, das verleiht Ihnen momentan eine beachtliche Macht.«
Tara schüttelte den Kopf und winkte ab. »Ich habe in Genf kein Interesse an Macht. Northwind lastet mich völlig aus. Die Wirtschaft schwächelt, der Hauptraumhafen und die Hauptstadt müssen von Grund auf neu aufgebaut werden, und wir müssen immer noch die Präfektur III beschützen. Ich habe auch keinen Schimmer, woher das Geld dafür kommen soll. Man kann keine Steuern von Menschen einziehen, die alles verloren haben.« Sie seufzte müde. »Ganz ehrlich, der Kampf gegen die Stahlwölfe scheint im Vergleich dazu jetzt schon leichter.«
Zumindest für diese Frage, dachte Jonah, wusste er eine Antwort. »Ich würde mir keine allzu großen Sorgen machen«, beruhigte er sie. »Ich würde vermuten, dass der Senat und der Exarch gerne bereit sein werden, die Dankbarkeit der Republik in Form einer angemessen großzügigen Aufbauhilfe zum Ausdruck zu bringen.«
»Besonders, wenn ich damit zurück nach Northwind verschwinde?«
»Ihre Abreise wird sie von der unbequemen Erinnerung daran befreien, dass auch der Exarch fehlbar ist und Paladine nicht besser sind als andere Menschen auch.«
»Dankbar aus sicherem Abstand«, kommentierte sie. »Damit kann ich leben.«
Jonah erinnerte sich, dass Tara Campbell unter Politikern und Diplomaten aufgewachsen war und dass eine
Weitere Kostenlose Bücher