Den Toten dienen
der Mech an, wankte und stürzte mit einem donnernden Krachen zu Boden. Dafür wirkt er nicht schwer genug beschädigt, dachte Murchison. Nach allem, was er über die gigantischen Kampfmaschinen gehört hatte - und die jüngeren Stahlwolf-Krieger sprachen über nichts anderes, darin ähnelten sie den mechbe-sessenen Jungs seiner Jugend -, blieben diese bei einem Ausfall wie riesige Metalldenkmäler stehen, bis der Schaden behoben wurde. Ein ausgestreckt am Boden liegender Mech war in der Regel das Opfer eines vernichtenden Angriffs.
Oder aber der Pilot im Innern war verletzt oder tot.
Murchison packte mit einer Hand die Medikamententasche und rannte aus dem halbwegs sicheren Befehlsstand hinüber zu dem gestürzten Mech. Die Luke am Hinterkopf der Maschine entriegelte sich, als er das Handrad drehte - und schwang auf. Ein Schwall heißer Luft schlug ihm entgegen. Sie war feucht und von Blutgeruch geschwängert.
Murchison kroch in die Kanzel. Ja, da war Anastasia, noch immer auf die Pilotenliege geschnallt. Ihr Gesicht war bleich und streifig vom Schweiß, und aus der wuchtigen Kühlweste rann Blut auf den Boden.
»Galaxiscommander!«, rief Murchison.
Sie hob den Kopf, hatte sichtlich Mühe, etwas zu erkennen. »Leibeigener?«
Ja, Galaxiscommander. Sie müssen hier raus. Ich muss mich um Sie kü mm ern.«
Sie versuchte sich zu wehren, aber sie war zu schwach. Murchison hob ihr den Helm vom Kopf, löste den Kühlmittelschlauch von der Weste und öffnete die Gurte, die sie auf der Liege hielten und sie vor weiteren Verletzungen beschützt hatten, als der Mech vornübergestürzt und auf dem Boden aufgeschlagen war. Er zerrte sie aus der Cockpitluke des
Ryoken II und brüllte den ersten Krieger, den er sah, an: »Eine Trage!« Dann öffnete er seine Tasche und machte sich an die Arbeit.
Die Wunde muss verbunden werden, um das Blut zu stillen, dachte er. Und eine Infusion, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen und ihren Blutdruck zu stabilisieren. Sie fällt in einen Schockzustand.
»Leibeigener Ian«, sagte sie.
»Keine Sorge«, erwiderte er. »Ich kümmere mich um Sie.«
Sie packte mit der l ink en Hand seinen Arm. D ann zog sie mit einer Kraft und Geschwindigkeit, die er ihr nicht mehr zugetraut hätte, ein Messer.
Sie zerschnitt die Kordel um sein Handgelenk.
»Willko mm en im Clan, Wolf«, murmelte sie. Dann fiel ihr Kopf nach hinten, und Anastasia Kerensky verlor das Bewusstsein.
April 3134, Frühling
Am späten Abend desselben Tages saßen die Countess of Northwind und Paladin Jonah Levin in dem kleinen Restaurant in der Nähe der Pension Flam-bard, wo Jonah die meisten Mahlzeiten einnahm, und unterhielten sich. Das Essen war ebenso seine Idee gewesen wie der Ort. Tara Campbell war direkt aus dem brutalen Stress einer ganztägigen erbitterten Feldschlacht in die nicht weniger brutale Auseinandersetzung mit den Medien und der öffentlichen Dankbarkeit des Exarchen geraten. Sie hatte vorher kaum noch Zeit gefunden, zu duschen und eine Ausgehuniform überzuziehen. Jonah sah ihr an, wie geschlaucht sie war. Die Genfer Presse hatte keinerlei Respekt vor der Privatsphäre - und das sich überschlagende öffentliche Lob Damien Redburns hatte sichtlich wenig dazu beigetragen, Taras ältere private Verletzung - eine Folge seines Verhaltens - zu lindern.
Jonah hatte zugesehen, wie die Countess of Northwind ihr drittes Interview nacheinander mit unverbrüchlicher Höflichkeit und auch charmant absolvierte, und war zu dem Schluss gekommen, dass sie einen Rettungseinsatz verdiente. Er hatte die Pressekonferenz mit seiner Autorität als Paladin und der Erklärung, die Anwesenheit der Countess sei dringend anderweitig erforderlich, für beendet erklärt und sie mitgenommen, in die Tiefen des Bürohengstpalastes und durch einen unauffälligen Seiteneingang ins Freie. Von dort hatte ein verschlungener Weg sie hierher in dieses Restaurant gebracht. Der Inhaber wusste nicht, noch interessierte es ihn, dass der höfliche Fremdweltler, der regelmäßig bei ihm speiste, ein Paladin der Sphäre war.
Noch bevor sie das Restaurant erreichten, war sich Jonah sicher, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Tara Campbell sagte nicht viel, bis sie an einem Ecktisch Platz genommen hatten, der von der Straße aus nicht zu sehen war. Vielleicht weiß der Inhaber doch, wer seine Gäste sind. Dann war die Anspannung plötzlich von ihr abgefallen wie eine zerschnittene Fessel, und sie wirkte sehr viel müder, sehr
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