Denk an unsere Liebe
leichtsinnig. Aber sie hatte das Geld. Und zur Zeit waren einige Pianinos in der größten Musikinstrumentenfirma der Stadt ausgestellt.
Wie würde er sich freuen!
Er sollte eine wirklich große Freude haben. Sie brauchten sie beide.
Konnten sie nicht ihre Liebe wiederfinden – bei Musik und Krebsen und Weißwein…?
Toni faßte einen Entschluß. Eine halbe Stunde vor Büroschluß schlich sie sich in die Stadt. Und sie hatte Glück, das Geschäft hatte noch ein einziges, ganz kleines Pianino übrig, ein nettes Ding, in polierter Birke und mit einem schönen, wenn auch etwas schwachen Klang.
Natürlich war es teuer. Aber für die Freuden dieses Lebens mußte man eben etwas bezahlen, philosophierte Toni. Sie verabredete mit dem Geschäftsinhaber, wann es geliefert werden sollte. Und dann wanderte sie weiter, kaufte Weißwein und bestellte fertiggekochte Krebse und beim Konditor eine Torte mit Marzipanüberzug – die hatten sie auch voriges Jahr gegessen.
Eivind erwähnte seinen Geburtstag nicht mit einem Wort. Toni schielte auf ihn, als er am Abend zuvor mit seinem Buch dasaß. Er sah hinein, aber er vergaß, die Seiten zu wenden.
Plötzlich war etwas an ihm, das Toni rührte. Etwas Stilles, Resignierendes, Einsames. Ihr armer Junge! Sie hatte ihn vernachlässigt, ja, sie wußte, daß sie das getan hatte. Lieber, guter, treuer Eivind! Aber morgen würde er froh sein…
Er war es auch. Er errötete vor Freude, als er mit einem munteren: „Ich gratuliere zum heutigen Tag, Liebster“, geweckt wurde.
Und er strahlte, als er zum Frühstückstisch kam und ihn mit Blumen und lustigen kleinen Flaggen geschmückt fand.
„Dein Geschenk bekommst du später“, sagte Toni, „wenn du aus dem Büro kommst.“
„Ich finde, ich habe schon mein Geschenk bekommen“, sagte Eivind.
Er küßte Toni, und seine Stimme war warm und jungenhaft froh – beinahe wie früher.
Als er von der Bank heimkam, hing Toni aus dem Fenster und winkte ihm zu, und er wurde nicht im Vorraum, sondern schon auf der Treppe empfangen.
Und Toni nahm ihn bei der Hand und zog ihn ins Zimmer, eifrig und rotwangig wie ein kleines Mädchen.
„Sieh dich um, Eivind!“
Das Zimmer war nicht groß, man brauchte gewiß nicht zu suchen, um das nette kleine Pianino zu entdecken. Toni hatte es frei aufgestellt, so daß das Tageslicht von links einfiel.
„Toni – Tonilein! Ich glaube, du bist vollkommen verrückt!“
„Freust du dich darüber, Eivind?“
„Und das fragst du? Mädel – mein Mädel…“ Er küßte die lustigen, kecken Löckchen. „Daß du daran gedacht hast, dich erinnert hast, Toni, liebes Kerlchen, du hast dich ruiniert für mich…“
„Unsinn“, lachte Toni. „Ein bißchen Freude mußt du doch auch davon haben, daß deine Frau Geld verdient! Versuche es Eivind, du kannst doch spielen…“
Eivind warf einen raschen Blick auf sie. Und ein böser Gedanke fuhr durch seinen Kopf. Etwas Freude mußte er doch auch davon haben, daß seine Frau Geld verdiente. Ja, wenn man diesen Gedanken weiter verfolgen wollte, so mußte man sagen, daß er gewissermaßen einen Schwarzmarktpreis für dieses Pianino bezahlt hatte und mehr als das…
Aber er schüttelte den Gedanken ab. Er setzte sich an das Pianino und schlug einige Akkorde an. Dann wandte er sich zu Toni.
„Ein wunderbarer Klang, Toni, so weich und schön.“
Er spielte einen kleinen Walzer von Chopin und einen nordischen Tanz von Grieg. Dann kam Berit und bat zu Tisch.
„So, jetzt bin ich richtig geburtstagssatt“, lachte Eivind, nachdem er sich seine beiden Lieblingsgerichte einverleibt hatte, Schneehühner und Ananascreme. „Und nun bin ich absolut gezwungen, einen Mittagsschlaf zu halten.“
„Da halte ich mit“, sagte Toni.
„Der Diwan ist breit genug für zwei, wenn man sich dünn macht“, meinte Eivind.
Sie machten sich dünn.
Es war, als ob sie beide befreit aufatmeten. Sie fanden die gute, alte Vertraulichkeit wieder, sie scherzten miteinander, wechselten kleine, heitere Worte. Es gab keine Aussprache zwischen ihnen, sie glitten einfach in das frühere Glück zurück – wie vor einem Jahr.
Am Abend aßen sie Krebse und tranken Weißwein und nachher einen starken Kaffee, und Eivind bekam die Marzipantorte mit vierunddreißig Kerzen.
„Spiele mir etwas vor“, sagte Toni.
Eivind strich ihr über die Wange, erhob sich und ging zum Pianino. Er spielte ein wenig mit den Tasten, dann schloß er die Augen eine Sekunde lang und begann, Brahms Rhapsodie zu
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