Denk doch, was du willst
Augen kann bei unserem Gegenüber schnell Stress aufkommen lassen. Versuchen Sie das mal bei Ihren Kindern. Behaupten Sie: «Ich kann sehen, ob du mir die Wahrheit sagst oder nicht», und schauen Sie Ihrem Kind lange und wortlos in die Augen. Sobald der Blickkontakt abgebrochen wird, reduziert das sofort ein wenig den Stress. Menschen, die dominant erscheinen wollen, halten den Blick sehr viel länger als diejenigen, die sich unterordnen möchten. Achtung: Es kann daher sein, dassIhr Gegenüber den Augenkontakt auch genau aus diesem Grund abbricht. Er will sich nicht über Sie stellen, oder er mag Sie einfach. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was gemeinhin über den langen Blickkontakt gedacht wird!
Ich führe in meinem Abendprogramm einen Lügentest vor. In den meisten Fällen weichen irgendwann genau diejenigen meinem Blick aus, die die Wahrheit sagen. Dieses Spielchen, wer den Blick länger halten kann, ist denen irgendwann zu blöd. Schließlich sagen sie ja die Wahrheit. Die Lügner machen das nicht. Die halten ewig durch. Die denken nämlich: «Wenn ich jetzt wegschaue, ist das ein Zeichen von Schwäche. Ich darf aber keine Schwäche zeigen, sonst sieht man, dass ich lüge.» Genau das Gegenteil ist der Fall.
Mit diesem Wissen habe ich eine Mitwirkende bei einem Dreh für das RT L-Magazin «Extra» überführen können. Als ich sie danach fragte, was ich ihrer Meinung nach im Moment der Lüge beobachtet hätte, meinte sie die Tatsache, dass sie wahrscheinlich den Blickkontakt nicht hätte halten können, als sie log. In Wirklichkeit hatte sie ausschließlich bei der Lüge den Blickkontakt gehalten. Bei allen wahrheitsgemäßen Antworten hatten sich ihre Augen beim Suchen nach der richtigen Antwort immer in verschiedene Richtungen bewegt.
Wo wir schon bei den Augen sind: Viele Journalisten, die mein erstes Buch gelesen hatten, fragten mich später, ob jemand lügen würde, wenn er vor seiner Antwort nach oben links schaue. Denn diese Bewegung ließe nach der NL P-Theorie auf einen konstruierten Gedanken schließen. Das ist natürlich viel zu stark vereinfacht gedacht und führt leicht in die Irre. Darum geht es nicht. Es geht immer darum,ob sich – wie im oben genannten Beispiel – irgendetwas im Vergleich zu anderen Aussagen geändert hat und in welchem Moment dies geschah.
Stellen Sie jemandem eine Frage, und wenn der sich dann bei der Antwort mit der flachen Hand am Hinterkopf berührt, ist das ein klares Indiz für Unsicherheit. Falls seine Antwort zu souverän klingt und er zu sehr betont, was er sagt, kann das verdeutlichen, dass ihn irgendetwas unsicher macht. Nicht vergessen: Genau diese Geste vermag von guten Manipulateuren dazu genutzt werden, eine harte Aussage abzuschwächen.
Statt des Hinterkopfs können auch die Ohren, der seitliche Hals oder die Wangen berührt werden. Bei Frauen wandert die Hand öfter zum Dekolleté, ein Griff hierhin oder zur Kette zeigt genau dasselbe. Der Grad des Schuldgefühls oder des gefühlten Stresses lässt sich an der Stärke ablesen, mit der die Hand hierbei auf die Haut oder den Gegenstand Druck ausübt. Generell berühren wir uns übrigens immer dann besonders oft, wenn wir uns selbst Sicherheit zusprechen wollen. Kratzen, reiben, sich selbst streicheln, die Hände oder Handgelenke kneten zeigen je nach Situation Unsicherheit, Angst, Abneigung oder Abwehr. Wichtig ist, je nach Situation zu entscheiden, denn ein leichtes Reiben der Hände oder auch der Handgelenke kann kombiniert mit einem sehr selbstsicheren Gesichtsausdruck genau das Gegenteil bedeuten – Überheblichkeit oder auch der Wille zur Brutalität können im Spiel sein. Also: Wenn Sie mit jemandem Rapport aufbauen wollen, dann lassen Sie diese Gesten am besten weg.
Das Berühren der Nase ist auch so eine Geste zum Weglassen. Sie ist immer ein Zeichen für Unsicherheit. Bill Clintonhat sich bei den Befragungen zur «Monicagate»-Affäre signifikant oft an der Nase berührt. Unter anderem aus diesem Grund wirkte er so unsicher. Der andere Grund ist, dass er log. Der Griff zur Nase war derart auffällig, dass Bill Clintons Medienberater ihm dringend dazu rieten, damit aufzuhören. In Meinungsumfragen kam nämlich heraus, dass er genau dadurch das Vertrauen seiner Wähler verloren hatte.
Falls jemand etwas lieber nicht sagen möchte, dann presst er womöglich seine Lippen zusammen. Das kann auch nur ganz leicht und kaum erkennbar geschehen. Das Zusammenpressen der Lippen kann vor oder nach der
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